Positionspapier

Position der IHK Aachen zu möglichen kommunalen Verpackungssteuern

JA zur Abfallvermeidung
NEIN zu weiteren Wettbewerbsnachteilen und Bürokratiekosten durch eine kommunale Verpackungssteuer

Position der IHK Aachen zu möglichen kommunalen Verpackungssteuern

In einigen der 46 Kommunen des IHK-Bezirks wird wiederkehrend das Thema kommunale Verpackungssteuer diskutiert. Durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts im Januar 2025 zur seit 2022 existierenden Verpackungssteuer in Tübingen ist das Thema vielerorts wieder auf die Tagesordnung gerückt. Zuletzt gab es einen Antrag auf Prüfung einer kommunalen Verpackungssteuer in der Stadt Aachen, der durch die Fraktion “DIE Zukunft” eingebracht wurde. In diesem Kontext äußerte die Stadtverwaltung Aachen deutliche Skepsis am Nutzen einer Verpackungssteuer und befürchtet stattdessen hohe Personal- und Verwaltungskosten sowie Dokumentationsaufwand.
Die Vollversammlung der IHK Aachen hat Diskussionen und Anträge in verschiedenen Kommunen zum Anlass genommen, sich intensiv mit dem Thema zu beschäftigen. Sie lehnt die Einführung einer Verpackungssteuer im Ergebnis klar ab. Statt einer Verpackungssteuer fordert sie praxisorientierte Lösungen, die Unternehmen nicht unverhältnismäßig belasten und gleichzeitig wirksam zur Abfallvermeidung beitragen.
Die Kreislaufwirtschaft sollte ausgebaut und Umweltziele durch effektive Anreizsysteme erreicht werden. Die geplante Steuer birgt zahlreiche Risiken. Mit Sicherheit bringt sie, allen guten Vorsätzen zum Trotz, absehbar neue bürokratische Lasten für Unternehmen und Verwaltung. Der erhoffte Nutzen – die Verpackungsmengen in den Kommunen zu reduzieren – ist dagegen eher ungewiss:

1. Keine Doppelbelastungen der Betriebe

Bereits heute leisten Unternehmen im Rahmen geltender Verpackungsgesetze und kreislaufwirt-schaftsbezogenen Verordnungen maßgebliche Beiträge zur Entsorgung und Verwertung von Verpackungen. Hinzu kommen Zahlungen der Hersteller in den Einwegkunststofffonds. Eine zusätzliche Verpackungssteuer belastet die Betriebe daher unverhältnismäßig. Es bedarf einer konsistenten Regelung, die Doppelbelastungen vermeidet.

2. Verzicht auf unverhältnismäßigen Bürokratieaufwand

Die Umsetzung einer Verpackungssteuer ist sowohl für die betroffenen Unternehmen als auch für die Kommunen mit einem signifikanten Verwaltungs- und Vollzugsaufwand verbunden. Sie schafft erhebliche neue Bürokratie, während unser Standort stattdessen dringend auf einen deutlichen Bürokratieabbau angewiesen ist. Sämtliche steuerpflichtige Unternehmen müssen erfasst, ihre übermittelten Angaben zur Berechnung der Steuerbescheide überprüft und regelmäßige Kontrollen zur korrekten Umsetzung der Steuer durchgeführt werden. Unterschiedliche lokale Regelungen erfordern zudem komplexe Buchungs- und Kontrollsysteme. Es droht ein Flickenteppich aus unterschiedlichen kommunalen Steuerregelungen. Daher muss auf kommunale Insellösungen örtlicher Verbrauchssteuern verzichtet werden.

3. Wettbewerbsverzerrungen vermeiden

Die Einführung kommunaler Verpackungssteuern führt zu Wettbewerbsnachteilen für die betroffenen lokalen Betriebe. Aufgrund der zusätzlichen Preiswirkung könnten Kunden auf Kommunen ohne Steuer ausweichen, was den Unternehmen in betroffenen Regionen Umsätze entzieht und zugleich auch die Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer in der betroffenen Kommune mindert. Da jeder Euro auch nur einmal ausgegeben werden kann, entzieht eine Verpackungssteuer der Region folglich auch Kaufkraft. Dies bedeutet nicht nur einen Nachteil für Betriebe, sondern auch für die Kunden. Die zusätzliche Belastung insbesondere für einkommensschwache Haushalte könnte zu Lasten der gesellschaftlichen Teilhabe gehen. Im deutschlandweiten Vergleich leiden Unternehmen in NRW bereits heute unter erheblichen Wettbewerbsnachteilen: Viele kommunale Gebühren in NRW liegen bereits heute an der Spitze der Bundesländer. Die Hebesätze für die Gewerbesteuer liegen in NRW im Durchschnitt bei 470 Punkten und damit rund 70 Prozentpunkte über dem Bundesdurchschnitt. Hier bei uns im Dreiländereck werden die Wettbewerbsnachteile umso spürbarer, als dass Deutschland im internationalen Vergleich Höchststeuerland ist und die Wirtschaftsregion Aachen im Dreiländereck (B/NL/D) im Umkreis weniger Kilometer als Verlierer dasteht.

4. Ökologische Zielerfüllung von Verpackungssteuern und Mehrwegverpackungen fraglich

Das Ziel, Abfall im öffentlichen Raum zu vermeiden, wird sich aus Sicht der IHK Aachen durch die zusätzliche Steuer kaum lösen lassen. Wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass die Einführung einer Verpackungssteuer nicht automatisch eine signifikante Verringerung des Abfallaufkommens nach sich zieht. Zudem belegen Studien, dass Mehrwegsysteme oft mit höheren Ressourcen- und Energieverbräuchen verbunden sind und nicht pauschal eine bessere ökologische Wirkung entfalten, insbesondere bei geringen Umlaufzahlen. Auch Herausforderungen mit Hygiene bei Mehrwegartikeln (zum Beispiel Verkeimungsgefahr, Lagerung, Spülsysteme, Gesundheitsschutz) sind zu berücksichtigen. Daher sollten Anreize für Innovationen und nachhaltige Verbesserungen in beiden Bereichen gesetzt werden. Umweltziele sollten durch effektive Anreizsysteme und den Ausbau der Kreislaufwirtschaft statt durch pauschale Steuern erreicht werden.

5. Branchenbelastungen nicht unterschätzen

Die Einführung einer Verpackungssteuer würde für eine Vielzahl von Unternehmen und Branchen, wie beispielsweise die Gastronomie, den Einzelhandel, Lieferdienste sowie die Event- und Freizeitbranche et cetera stark belasten. Unter anderem für die Gastronomie, die bereits die Mehrwertsteuererhöhung von sieben auf 19 Prozent verkraften musste, wäre eine weitere Abgabe kaum tragbar. Darüber hinaus wären auch Hersteller und Zulieferer von Verpackungen erheblich betroffen, da die sinkende Nachfrage nach Einwegverpackungen Investitionen hemmt und Arbeitsplätze gefährdet.

Fazit

Die IHK Aachen appelliert an die Kommunen, auf die Einführung weiterer örtlicher Verbrauchssteuern, wie der Verpackungssteuer, zu verzichten. Das bestehende Abgabensystem ist hinreichend geeignet, um in Kombination mit einem weiteren Ausbau der Kreislaufwirtschaft und der Förderung umweltfreundlicher Technologien ökologische und ökonomische Ziele im Sinne der Nachhaltigkeit effektiv zu vereinen.