IHK-Analyse
Fachkräftereport 2019
© Daniel Berkmann – stock.adobe.com
1964 sind in Nordrhein-Westfalen 300.405 Menschen zur Welt gekommen. Das Jahr ist damit das geburtenstärkste in der Geschichte des Bundeslandes. Wer 1964 geboren wurde, erreicht im Jahr 2031 sein gesetzliches Renteneintrittsalter.
Auf der anderen Seite ist 23 ein typisches Alter für den Eintritt in den Arbeitsmarkt nach Ausbildung oder Studium. Wer im Jahr 2031 dieses Alter erreicht, wurde im Jahr 2008 geboren. Das trifft in NRW auf genau 150.007 Personen zu.
Wenn allein aufgrund der natürlichen Bevölkerungsentwicklung dem Arbeitsmarkt Fachkräfte annähernd im Verhältnis von zwei zu eins verloren gehen, lässt das erahnen, wie groß der Druck auf die Unternehmen werden kann. Nicht zu Unrecht bewerten deshalb die meisten Unternehmen in NRW und bundesweit seit einiger Zeit den Fachkräftemangel als ihr größtes Geschäftsrisiko.
Fachkräfte-Situation auf einen Blick
- 2019 stehen der NRW-Wirtschaft rund sechs Millionen Fachkräfte zur Verfügung. 2030 werden es nur noch 4,8 Millionen sein.
- Der Fachkräfte-Bedarf der Unternehmen und öffentlichen Verwaltung in NRW geht zwischen 2019 und 2030 von aktuell 6,5 Millionen auf etwa 5,5 Millionen Fachkräfte zurück.
- Der Fachkräfte-Engpass steigt somit zwischen 2019 und 2030 von 447.000 auf 735.000.
- Das entspricht einem relativen Engpass von 6,9 (für 2019) beziehungsweise 13,4 Prozent (für 2030).
- Der Frauenanteil am Fachkräfte-Angebot steigt leicht von 46,7 auf 47,2 Prozent.
- Das Durchschnittsalter der NRW-Fachkräfte erhöht sich von 44,9 auf 47,6 Jahre
Fachkräfte-Potenziale erschließen
Zuwanderung aus dem Ausland
Kanada gilt vielen als Vorbild für die Anwerbung und Integration von ausländischen Fachkräften. Im Jahr 2016 gehörten 70.000 Einwanderer in Kanada der sogenannten “Economic class” an, deren Einwanderung ausschließlich wirtschaftlich begründet war – bei insgesamt 18 Millionen Erwerbstätigen im Land. Wenn Nordrhein-Westfalen dieselbe Quote in der Fachkräfte-Einwanderung erreichen kann, entspricht das einer Zuwanderung von 23.300 Fachkräften pro Jahr. Tatsächlich sind in 2016 etwa 7.400 Personen zum Zwecke einer qualifizierten Beschäftigung zugewandert. Eine Erhöhung der Fachkräfte-Zuwanderung auf das Niveau Kanadas entspräche also einem Plus 15.900 Beschäftigten pro Jahr beziehungsweise 174.900 Fachkräften bis 2030.
Erwerbsbeteiligung von älteren Fachkräften
69,3 Prozent der 55- bis-65-Jährigen in NRW sind erwerbstätig. Spitzenreiter unter den OECD-Staaten in dieser Hinsicht ist Island mit einer Erwerbsquote von 80,7 Prozent. Etwa 2,6 Millionen Menschen in NRW gehören in 2018 der Altersgruppe an. Erreicht NRW dieselbe Erwerbsbeteiligung bei älteren Fachkräften wie Island, entspräche das einem Plus von 296.400 Beschäftigten gegenüber heute.
Nachqualifizierung von Geringqualifizierten
Der NRW-Fachkräftemonitor ermittelt für das Jahr 2019 1.494.000 Erwerbspersonen in Helfertätigkeiten ohne einen vollwertigen Berufsabschluss. Die Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt liegt in diesem Bereich bei lediglich 1.417.000 Personen. Qualifiziert man die überschüssigen Hilfskräfte mit Hilfe von Umschulungen oder Teilqualifizierungen vollständig nach, entspräche das einem Plus von 77.000 weiteren Fachkräften.
Erhöhung der Wochenarbeitszeit von Frauen in Teilzeit
Gegenwärtig arbeiten 53 Prozent der in NRW sozialversicherungspflichtig beschäftigten Frauen in Vollzeit. Bei Männern beträgt der Anteil 89 Prozent. Gelingt es, dieses Gendergap zu schließen, würden 1,1 Millionen Frauen von Teilzeit in Vollzeit wechseln. Allein wenn die Wochenarbeitszeit der Frauen in Teilzeit um durchschnittlich zehn Stunden erhöht würde, entspräche das einem Plus von 278.900 Vollzeit-Beschäftigten.
Herausforderung Fachkräfte-Mangel
Die Erfolge anderer OcED-Länder wie Island oder Kanada zeigen: Es ist möglich, die gezielte Fachkräfte-Zuwanderung attraktiv zu gestalten und die Erwerbsbeteiligung im Alter zu erhöhen. Hierzulande können wir zudem weitere Potenziale wecken, in dem wir Hilfskräfte mit Passungsproblemen nachqualifizieren und Geschlechterunterschiede in der Erwerbsbeteiligung abbauen.
Entscheidend wird sein, alle Handlungsfelder zu einem Maßnahmenpaket zu integrieren. Nur im Zusammenspiel aller Potenziale haben wir bis 2030 in NRW genügend qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, um Wertschöpfungsverluste durch Fachkräfte-Engpässe zu vermeiden.
Entscheidend wird sein, alle Handlungsfelder zu einem Maßnahmenpaket zu integrieren. Nur im Zusammenspiel aller Potenziale haben wir bis 2030 in NRW genügend qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, um Wertschöpfungsverluste durch Fachkräfte-Engpässe zu vermeiden.
IHK Aachen hält spezielle Angebote bereit
Vor diesem Hintergrund hält die IHK Aachen für die Betriebe ihrer Region zahlreiche Angebote und Initiativen zur Fachkräftesicherung bereit. Dazu zählten Ausbildungsberatung, die Vermittlung von Studienaussteigern als Auszubildende, Projekte zur Kooperation von Schule und Wirtschaft sowie die Weiterbildung von Fachkräften.
Der "Fachkräftemonitor NRW" und der gesamte IHK-Report
Sämtliche Daten entstammen dem "Fachkräftemonitor NRW", der unter "Weitere Informationen" zu finden ist. Dort steht auch der gesamte "Fachkräftereport 2019" zum Download bereit.