Zoll- und Außenwirtschaftsrecht

Innergemeinschaftliche Lieferungen und -Erwerbe

Steuerfreie Warenlieferungen zwischen Unternehmen innerhalb der Europäischen Union

Ein deutscher Unternehmer, der Waren von der Bundesrepublik Deutschland an einen Unternehmer in einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union liefert, ist regelmäßig von der Umsatzsteuerpflicht befreit. Im Einzelnen müssen hierzu folgende Voraussetzungen vorliegen:
  • die gelieferte Ware ist in einen anderen EU-Mitgliedstaat gelangt
  • der Abnehmer ist ein Unternehmer der Abnehmer hat den Gegenstand für sein Unternehmen erworben
  • der Erwerb des Gegenstandes der Lieferung unterliegt beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerung, das heißt, der Abnehmer ist verpflichtet, in einem anderen EU-Staat die Erwerbsbesteuerung durchzuführen.
  • Der Abnehmer hat gegenüber dem Unternehmer eine ihm von einem anderen Mitgliedsstaat erteilte gültige Umsatzsteueridentifikationsnummer verwendet und
  • der Unternehmer kommt seiner Pflicht zur Abgabe der Zusammenfassenden Meldung nach.
Bei der steuerfreien, innergemeinschaftlichen Warenlieferungen muss es sich zudem um Unionswaren handeln, das heißt bei Lieferungen über die Binnengrenzen ist daher unter anderem in umsatzsteuerrechtlicher Hinsicht Folgendes zu beachten:

Gemeinschaftswaren sind

  • Waren, die vollständig in der EU gewonnen oder hergestellt worden sind, ohne dass ihnen Waren mit Herkunft aus Drittländern, die nicht zum Zollgebiet der EU gehören, hinzugefügt wurden,
  • Waren, die aus nicht zum Zollgebiet der EU gehörenden Ländern oder Gebieten eingeführt und ordnungsgemäß in der EU verzollt worden sind,
  • Waren, die im Zollgebiet der EU entweder ausschließlich aus den unter 2. genannten Waren oder unter Verwendung aus den unter 1. und 2. bezeichneten Waren gewonnen oder hergestellt worden sind.

Abnehmer sind

  • ein Unternehmer, der den Gegenstand für sein Unternehmen erworben hat
  • eine juristische Person, die nicht Unternehmer ist oder die den Gegenstand der Lieferung nicht für ihr Unternehmen erworben hat
  • bei der Lieferung eines neuen Fahrzeugs auch jeder andere Erwerber
Der Erwerb des Gegenstandes der Lieferung unterliegt beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerung.
Auf der Handelsrechnung muss der Grund der Steuerbefreiung genannt sein (hier: "steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung"). Die innergemeinschaftlichen Lieferungen sind nachweispflichtig. Zudem ist die eigene UST-IdNr. sowie die des Abnehmers anzugeben. Die beiden UST-IdNr. müssen im Regelfall von zwei unterschiedlichen Mitgliedsstaaten erteilt worden sein.

Nachweispflichten

Der Lieferant ist grundsätzlich verpflichtet, durch Belege nachzuweisen, dass die gelieferte Ware tatsächlich in einen anderen EU-Mitgliedsstaat gelangt ist.
Zum 1. Januar 2020 wurde in § 17a UStDV eine (zusätzliche) Vermutungsregelung eingeführt, wonach bei Vorlage bestimmter Belege eine gesetzliche Verpflichtung besteht, dass der Liefergegenstand in einen anderen Mitgliedsstaat transportiert wurde. Die Finanzverwaltung kann die gesetzliche Vermutung widerlegen. Die Vermutungsklausel ist allerdings eine zusätzliche Möglichkeit, die innergemeinschaftliche Lieferung nachzuweisen und tritt neben die in der Praxis bekannten Belegnachweise, die nunmehr in § 17b UStDV als sog. Gelangensnachweis geregelt sind.
In Beförderungsfällen, in denen der Nachweis nicht über die Vermutungsregel erbracht wird, (Beförderung durch Unternehmer oder Abnehmer) kann der Unternehmer den Gelangensnachweis wie folgt führen:
  • Doppel der Rechnung mit der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (Ust.-Ident.-Nr.) des Erwerbers und der eigenen. Die USt.-Ident.-Nr. eines neuen ausländischen Kunden sollte beim Bundeszentralamt für Steuern geprüft und die schriftliche Antwort als Nachweis aufbewahrt werden.
  • durch einen handelsüblichen Beleg, aus dem sich der Bestimmungsort ergibt (zum Beispiel Lieferschein).
  • durch eine Empfangsbestätigung des Abnehmers und in Fällen der Beförderung durch den Abnehmer selbst (Abholung der Ware) durch eine Gelangensbestätigung, den Gegenstand in das übrige Gemeinschaftsgebiet zu befördern.

Nachweis in Versendungsfällen

In Versendungsfällen soll der Nachweis beispielsweise geführt werden durch
  • Doppel der Rechnung
  • Gelangensbestätigung
  • handelsrechtliche Frachtbriefe
  • Spediteursbescheinigung
  • "Tracking and Tracing"-Unterlagen - bei Versand mit Kurierdiensten/Postsendungen

Buchmäßiger Nachweis

Der Lieferer muss weiterhin buchmäßig die Voraussetzungen der Steuerbefreiung einschließlich Ust-IdNr. des Abnehmers nachweisen, vgl. § 17 UStDV. Hierzu hat er Folgendes aufzuzeichnen:
  • Ausländische Ust-IdNr. des Abnehmers
  • Name und Anschrift des Abnehmers
  • Name und Anschrift des Beauftragten des Abnehmers bei einer Lieferung, die im Einzelhandel oder in einer für den Einzelhandel gebräuchlichen Art und Weise erfolgt
  • Gewerbezweig oder Beruf des Abnehmers
  • Handelsübliche Bezeichnung und Menge des Liefergegenstandes inklusive Fahrzeug-Identifikationsnummer bei Fahrzeugen
  • Tag der Lieferung
  • Vereinbartes Entgelt oder bei Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten das vereinnahmte Entgelt und den Tag der Vereinnahmung
  • Art und Umfang einer Bearbeitung oder Verarbeitung vor der Beförderung oder Versendung
  • Beförderung oder Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet
  • Bestimmungsort im übrigen Gemeinschaftsgebiet
Der Lieferant muss die Bemessungsgrundlagen seiner steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung jeweils in der Umsatzsteuervoranmeldung und in der Umsatzsteuererklärung gesondert anführen. Des Weiteren muss er diese – für jeden Kunden separat – nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck in der Zusammenfassenden Meldung beim Bundeszentralamt für Steuern angeben.

Zusammenfassende Meldungen

Seit 1. Januar 2020 ist die Abgabe der Zusammenfassenden Meldung materiell-rechtliche Voraussetzung für die Steuerfreiheit.  Zur Überwachung der ordnungsgemäßen Umsatzbesteuerung des innergemeinschaftlichen Handels haben die Unternehmer vierteljährlich bzw. monatlich "Zusammenfassende Meldungen" mit bestimmten Mindestdaten über die steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferungen und Leistungen abzugeben. Diese sind erforderlich, um auch weiterhin eine ordnungsgemäße Besteuerung sicherzustellen und neben dem Steueraufkommen auch die Wettbewerbsgleichheit für die beteiligten Unternehmen zu sichern.
Nach den Regelungen des Umsatzsteuergesetzes ist der Unternehmer verpflichtet, die Angaben des Abnehmers zu prüfen. Hierzu kann er über das Bundeszentralamt für Steuer eine Prüfung der angegeben UST-IdNr. anfragen. Dieses bestätigt auf Anfrage die Gültigkeit.

Intrahandelsstatistik

Zweck der Intrahandelstatistik bei Lieferungen/Versendungen bzw. beim Erwerben ist die Erhebung von Daten über den gegenseitigen tatsächlichen Warenverkehr zwischen Deutschland und den anderen EU-Mitgliedstaaten über unverzichtbare aktuelle Daten des innergemeinschaftlichen Handels. Die Intrahandelsstatistik verpflichtet grundsätzlich alle Lieferer und Erwerber (Marktteilnehmer), monatlich eine gesonderte Intrahandelsstatistik-Meldung abzugeben. Der Berichtszeitraum ist grundsätzlich der Kalendermonat, in dem der innergemeinschaftliche Warenverkehr stattgefunden hat. Intrastat-Meldungen sind für Versendungen und Erwerbe getrennt vorzunehmen. Diese Meldungen können nur elektronisch abgegeben werden. Von der Meldepflicht sind in Deutschland Privatpersonen sowie umsatzsteuerpflichtige Unternehmen befreit, deren Versendungen in andere EU-Mitgliedsstaaten den Wert von jeweils 500.000 Euro im Vorjahr nicht überschritten haben. Bei Erwerben liegt die Meldeschwelle bei 800.000 Euro.

Umsatzsteuer-Identifikationsnummer

 Mit dem Wegfall der Binnengrenzen der EG zum 1. Januar 1993 entfielen auch die Grenzkontrollen und damit die Erhebung der Einfuhrumsatzsteuer. Zur Sicherung des Steueraufkommens wurde das sogenannte Umsatzsteuer-Kontrollverfahren entwickelt. Es beruht auf einem IT-gestützten Informationsaustausch bestimmter Daten zwischen den Mitgliedstaaten. In diesem Informationsaustauschverfahren kommt der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.) eine Schlüsselfunktion zu. Sie dient der korrekten Anwendung von umsatzsteuerlichen Regelungen im europäischen Binnenmarkt. 
Unternehmen die Lieferungen und Leistungen innerhalb des Europäischen Binnenmarktes erbringen oder erhalten, benötigen für die Abwicklung eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (UST-IdNr.). Eine gültige UST-IdNr. ist eine der Voraussetzungen dafür, dass diese Lieferungen und Leistungen umsatzsteuerfrei erbracht und erhalten werden können, wenn auch das in dem anderen EU-Mitgliedsstaat ansässige Unternehmen eine gültige USt-IdNr. besitzt.

Antrag und Vergabe nur beim Bundeszentralamt für Steuern (ZSt)!

Das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) vergibt die USt-IdNr. auf Antrag (§ 27a UStG). Die Erteilung ist kostenfrei! 
Die USt-IdNr. ist eine eigenständige Nummer, die Unternehmerinnen und Unternehmern zusätzlich zur Steuernummer erteilt wird.
Wie sie eine USt-IdNr. beantragen können, welche Vorschriften es gibt sowie Antworten auf viele weitere Fragen zum Thema USt-IdNr. finden sie auf der Internetseite des Bundeszentralamtes für Steuern:

Weitere Informationen

Unter folgenden Links finden Sie weitere Informationen:
Hinweis:
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Stand: Juli 2023