Nachfolge

Unternehmen bewerten

Unternehmenswert ermitteln

Beim Geld hört die Freundschaft auf. Während der Übernehmer darum bemüht ist, einen möglichst geringen Preis zu zahlen, überschätzt der abgebende Unternehmer häufig den Wert seines Betriebes.
Aus vielen Beratungsgesprächen wissen wir, dass bei der Kaufpreisdiskussion hohes Konfliktpotenzial vorhanden ist. Daher sollten sich die Inhaber vor den ersten vertiefenden Gesprächen mit potenziellen Interessenten gründlich über den Wert des Unternehmens informieren. Es zeigt sich immer wieder, dass geeignete Nachfolgeinteressenten die Verhandlungen abbrechen, weil die Kaufpreisvorstellungen der Verkäufer zu hoch angesetzt sind.
Bei einigen Verhandlungen spielt das zukünftig benötigte Geld für die Altersvorsorge oder vorhandene Gesellschafterdarlehen eine wichtige Rolle. Auch wenn gerade der Punkt Altersvorsorge für die abgebende Generation wichtig ist, hat er bei einer neutralen Wertfindung keine Bedeutung.
Den absoluten und objektiven Unternehmenswert gibt es nicht. Vielmehr sind neben den objektiven Kriterien auch die subjektiven Vorstellungen der jeweiligen Parteien von entscheidender Bedeutung. Viele Inhaber legen Wert auf eine eigenständige Fortführung des Unternehmens. Dazu kommt die Verantwortung gegenüber der eigenen Belegschaft. Das eigene Unternehmen soll in gute Hände übergeben werden. Darüber hinaus sind gerade bei der Übergabe an natürliche Personen Branchenkenntnisse, finanzielle Möglichkeiten und das eigene Alter wichtige Entscheidungsfaktoren.

Experten helfen

Experten wie auf das Thema Nachfolge spezialisierte Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, technische Gutachter oder Juristen können bei der Wertermittlung ebenso zurate gezogen werden wie die von der IHK öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für  Unternehmensbewertung. Letztlich entscheidend für die Auswahl des Experten sollten sein spezielles fachliches Know-how und seine langjährige Bewertungserfahrung sein. Da ein solches Gutachten die Grundlage für die späteren Kaufpreisverhandlungen darstellt, das heißt große wirtschaftliche Folgen damit verknüpft sind, ist der zu zahlende Preis in der Regel gut angelegt.

Was soll übertragen werden?

Ganz am Anfang sollten die Übernahmemodalitäten geklärt und die Übergabemasse definiert werden. Wird über den Gesamtbetrieb geredet oder über einen Teilbereich? Sollen eigene Immobilien übertragen werden? Soll im Wege eines Share-Deals die Gesellschaft bestehen bleiben oder sollen einzelne Werte des Unternehmens als Asset-Deal an den Nachfolger übertragen werden? Schon bei dem Punkt, was übertragen werden soll, ist es in der Regel unerlässlich, einen versierten Experten mit ins Boot zu holen. Viele der aufgeführten Überlegungen haben steuerliche Auswirkungen. Im Zweifel ist eine gute Lösung für das Unternehmen einer steuerlich optimierten vorzuziehen.

Bewertungsmethoden

Bewusst verzichten wir an dieser Stelle darauf, die einzelnen Bewertungsverfahren im Detail zu erklären. Welches Verfahren das richtige ist, hängt am Ende vom Bewertungszweck, der Unternehmensgröße und vom vorhandenen Datenmaterial ab. Sinnvoll ist es, mehrere Verfahren zur Absicherung parallel durchrechnen zu lassen.
Die wichtigsten Verfahren sind neben den branchenüblichen Bewertungsmethoden
  • die Substanzwertmethode,
  • die Multiplikatormethoden und
  • die deutlich anspruchsvolleren, überschussorientierten Ertragswert- und DCF-Methoden.
In der Praxis haben sich seit langer Zeit das Ertragswertverfahren und die Discounted-Cash-Flow-Verfahren (DCF-Verfahren) durchgesetzt.  Beide Verfahren basieren auf prognostizierten, zukünftigen Zahlungsüberschüssen und diskontieren diese mit Hilfe von Kapitalkosten auf den Bewertungsstichtag. Bei den Ertragswertverfahren ist allerdings zu beachten, dass das steuerlich pauschalierte sogenannte “Vereinfachte Ertragswertverfahren” aufgrund des aktuellen Zinsniveaus zu überhöhten Werten führt, die in der Praxis nicht bezahlt werden.

Branchenspezifische Multiplikatoren

Ein weiterer Ansatz sind die branchenspezifischen Multiplikatoren. Dabei ist die Kernfrage, wie viel vergleichbare Unternehmen kosten. Beispiele hierfür werden regelmäßig in der Zeitschrift “Finance” veröffentlicht. Hierbei werden die Ertragskraft (EBIT) oder der Umsatz mit einem Faktor multipliziert. Auf Grundlage der veröffentlichten Vergleichswerte wird man recht schnell eine Größenordnung festlegen können, wobei sie in der Regel den komplexen Einzelfall nicht abdecken können.

Substanzwert Verfahren

Eine dritte Möglichkeit – in der Praxis häufig die Preisuntergrenze – stellt der Substanzwert beziehungsweise Liquidationswert dar. Dabei werden alle Maschinen, Warenbestände, Fahrzeuge, Immobilien etc. zum aktuellen Marktwert (Wiederbeschaffungswert) angesetzt. Für Kleinstunternehmen, die nach dem Unternehmerlohn keine nennenswerten Überschüsse erzielen, gibt es neben den Mitbewerbern natürliche Personen, die gegebenenfalls bereit sind, den Substanzwert zu bezahlen, um ein kleines Unternehmen als selbstständige Existenz fortzuführen. Gerade bei kleinen und mittelständischen Unternehmen ist es sinnvoll, eine durchgerechnete Methode durch mindestens eine weitere Berechnung zu plausibilisieren.

Verhandlungen führen

Insbesondere wenn das Unternehmenswertgutachten als Verhandlungsgrundlage dient, ist die Akzeptanz der Methode von entscheidender Bedeutung. Es ist darauf zu achten, dass die Bewertung für Dritte nachvollziehbar ist. Je größer das Unternehmen ist, desto eher wird nur ein überschussorientiertes Bewertungsverfahren akzeptiert.
Wie bei jeder Verhandlung entscheiden Angebot und Nachfrage ebenfalls in der Unternehmensnachfolge über den Preis. Im konkreten Einzelfall kommt es überdies noch auf das Verhandlungsgeschick der Parteien an. Zu beachten ist zudem, dass im Falle einer Finanzierung der Kaufpreis auch von der Bank als realistisch und damit finanzierbar eingeschätzt wird. 

Online-Tools zur Unternehmensbewertung

Mit dem KMUrechner ist ein vom Bund gefördertes und an der Praxis orientiertes wissenschaftliches Tool entwickelt worden. Der Rechner unterstützt Nachfolgende und Abgebende bei der Berechnung eines individuellen Unternehmenswertes. Er ist frei zugänglich und kostenfrei. Alle Eingaben sind anonym. Bitte beachten: Der Rechner gibt nur eine erste grobe Einschätzung. Er ersetzt keine individuelle Unternehmensbewertung von Experten.
KMUVALUE® ist ein benutzerfreundliches Online-Tool zur Unternehmensbewertung entwickelt von Praktikern. Es ermittelt auf Basis eines fundierten Bewertungsverfahrens (modifiziertes Ertragswertverfahren) und mit geringem Zeitaufwand einen objektiven Unternehmenswert. Dieser berücksichtigt die Besonderheiten von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) und bietet eine erste wichtige Grundlage. KMUVALUE® kann kostenlos und anonym genutzt werden. Es liefert eine erste Wertindikation – diese ersetzt keine individuelle Unternehmensbewertung von Gutachtern und Experten.

Stand: Juli 2023