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Durch die internationale Brille geblickt
Barbara Frett, Gründerin und Geschäftsführerin der Frettwork network GmbH, unterstützt Firmen erfolgreich bei der Stellenbesetzung. Die Ausbildung einer jungen Ukrainerin hat sie selbst in die Hand genommen.
Yelizaveta Yatskova kam 2022 nach Deutschland. Mit im Gepäck der jungen Ukrainerin: ein Hochschulabschluss in Marketing. Das Jura-Studium, das sie parallel dazu absolviert hatte, schloss sie in Aachen erfolgreich mit dem Bachelor ab: “Das war online möglich“, erzählt die heute 24-Jährige. Trotzdem macht sie seit Januar zusätzlich eine Ausbildung zur Kauffrau E-Commerce bei der Frettwork network GmbH, in Kooperation mit Lindt. ”Ich möchte die Chance nutzen, noch besser Deutsch zu lernen und mich in die Arbeitswelt zu integrieren“, erklärt Yatskova. Von Januar bis August 2024 absolvierte sie den B2-Kurs für den Beruf an der Sprachenakademie und – nach der Unterstützung und Vermittlung durch den Ausbildungsträger FAW (Fortbildungsakademie der Wirtschaft) – besucht sie seit September 2024 das Berufskolleg Nord. An drei Tagen pro Woche arbeitet Yatskova nun auch im internationalen Team der Aachener Personalberatung Frettwork an der Henricistraße.

Dass Yatskova auf der Suche nach einer Ausbildungsstelle bei Frettwork landen würde, war keineswegs geplant. Barbara Frett, Gründerin und Geschäftsführerin des Unternehmens, das Firmen beim Rekrutierungsprozess von Fach-, Führungskräften und C-Level-Positionen – insbesondere in den Bereichen Life Sciences, Engineering und Erneuerbare Energien – unterstützt, hatte sich zunächst nach freien Ausbildungsstellen in der Region umgehört. “Allerdings sind Stellen im Bereich E-Commerce in der Aachener Region rar gesät. Die E-Commerce-Kugel dreht sich vielmehr in Berlin“, erzählt Frett, die jahrelang als Personaldirektorin auch für eine Niederlassung ihres Arbeitgebers, einem Würselener Technologieunternehmen in der globalen Reise- und Tourismusbranche, in der Hauptstadt zuständig war. ”Die Liste der Unternehmen aus Aachen, die in Frage kamen, war schnell zu Ende.“ Also nahm die erfahrene Headhunterin die Ausbildung der Ukrainerin selbst in die Hand. „Wir sind ein kleines Team, aber pragmatisch“, sagt sie und fügt hinzu: „Vor allem sind wir bei Frettwork sehr international aufgestellt – wir haben beispielsweise Mitarbeiterinnen mit griechischem oder rumänischem Hintergrund und eine Mitarbeiterin aus Russland.“ Frett selbst lebt in den Niederlanden – dort hat sie 2017 außerdem die Firma Frettwork international B.V. gegründet. "Ich habe eine sehr internationale Familie und immer schon eine internationale Brille auf“, erzählt die Unternehmerin, die sich auch als Mitglied der IHK-Vollversammlung, als ehrenamtliche Prüferin für Personalfachwirte und seit etwa 25 Jahren als ehrenamtliche Richterin am Arbeitsgericht engagiert.
800 besetzte Stellen und rund 200 feste Firmenkunden
Frettwork sei kein klassisches E-Commerce-Unternehmen, räumt Frett ein. Die Ukrainerin habe aber kleine Projekte – zum Beispiel den Umzug einer Webseite inklusive SEO-Optimierung –, die sie zusammen mit dem Marketing-Manager und einer Werksstudentin betreut. Der nächste Schritt sei ein Einblick in die Buchführung und auch die Mitarbeit im Recruiting-Team. “Wir lernen hier Hands-on“, betont Frett. Eine längere Praxiseinheit soll sie zudem durch ein Praktikum bei Lindt erhalten, sodass die Auszubildende nicht nur weitere, klassische E-Commerce-Inhalte erlernt, sondern auch die Luft eines Großunternehmens schnuppern kann. Bei Frettwork mache der Löwenanteil schließlich das Headhunting aus, die ”Talentjagd“, sowie das Recruiting und Outplacement, bei dem Frett Personen, die von Unternehmen freigestellt werden, komplett begleitet, bis sie in einem neuen Job angekommen sind. 800 besetzte Stellen und rund 200 feste Firmenkunden zählen zur Erfolgsbilanz der Geschäftsführerin, die das Unternehmen Ende 2014 im Laurensberger Industriegebiet gründete.
"Oftmals ist das interkulturelle Mindset einfach noch nicht so ausgeprägt, manchmal ist es die Angst, dass die Einarbeitung zu viel Zeit und Geld kostet“, weiß Barbara Frett, Gründerin und Geschäftsführerin der Frettwork network GmbH.
“Wir haben einen großen Kundenstamm und werden immer wieder weiterempfohlen“, berichtet sie und erklärt: ”Wir bringen mehr mit als der übliche Personaldienstleister, das heißt, in unserem Team sind überwiegend Personen, die schon einmal in Unternehmen im Bereich Human Resources gearbeitet oder verantwortungsvolle Positionen bekleidet haben. Dadurch bilden wir eine echte Brücke für unsere Kunden und kommunizieren auf Augenhöhe.“ 70 Prozent der Kunden kämen aus der Region, die für Frett bis nach Köln und Düsseldorf reicht und auch die Benelux-Länder umfasst. “Die Region hört für mich nicht an der Grenze auf. Ich habe Kunden in Belgien, in der Deutschsprachigen Gemeinschaft, in Antwerpen, im Limburger Kreis bis hinter Eindhoven.“ Aber auch bundesweit ist das Unternehmen, das jetzt das zehnjährige Jubiläum feierte, unterwegs, etwa in Berlin und München, und sogar in Österreich, der Schweiz oder in Großbritannien. ”Wir haben auch schon mal für eine US-kanadische Firma den Aufbau am Standort Deutschland begleitet.“ Ein wichtiger Faktor für die internationale Arbeit: "Wir sind hier alle mindestens dreisprachig“, bekräftigt Frett.
Offen sein und Erfolgsgeschichten schreiben
Während die internationale Zusammenarbeit in Konzernen schon gelebt werde, würden sich kleine und mittlere Unternehmen jedoch häufig davor scheuen, Menschen mit Migrationshintergrund einzustellen. “Oftmals ist das interkulturelle Mindset einfach noch nicht so ausgeprägt, manchmal ist es die Angst, dass die Einarbeitung zu viel Zeit und Geld kostet“, weiß Frett. ”Dann ist es meine Aufgabe, sie vom Gegenteil zu überzeugen: dass sie in den meisten Fällen davon profitieren.“ Ihr Appell an andere Unternehmen: “Öffnet euch, das sind gut ausgebildete Menschen!“ Natürlich hat sie auch einige Erfolgsgeschichten auf Lager: Zum Beispiel die von einer jungen Frau aus Chile, die über ihren damaligen Arbeitgeber nach Aachen gekommen war. Als der Konzern Personal abbaute, war die Master-Absolventin – mit einigen Jahren Berufserfahrung – auf der Suche nach einem Job. ”Sie hatte den Ehrgeiz, in ein neues, gutes Arbeitsverhältnis zu starten und Deutsch zu lernen. Ich habe vor kurzem noch mal mit ihr telefoniert: Sie schließt gerade B2 ab, jetzt geht es Richtung C“, berichtet Frett und betont: “Ich weiß, was es heißt, die Ärmel hochzukrempeln. Und diese Menschen sind ganz klar bereit, die Extrameile zu gehen.“ Und mit Yelizaveta Yatskova schreibt sie gerade die nächste Erfolgsgeschichte: ”Dass wir sie mit ins Team aufgenommen haben, ist eine echte Bereicherung für uns alle.“
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Heike Horres