Azubi-Speed-Dating "Speed-Aix"

Damit es passt: Azubi-Speed-Dating wird zehn Jahre alt

Bewegt sich in guter Tradition: Dieter Henseler (l.), bei der Auto Thüllen Aachen GmbH und Co. KG zuständig für das kaufmännische Personal, ist bei einer neuen Runde von Speed-Aix dabei – so wie in den vergangenen zehn Jahren auch. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass sich so ein neuer Kollege für Azubi Kenneth de Lamboy findet.
© Andreas Herrmann
Speed-Aix, das Speed-Dating-Format der IHK für Azubis und Unternehmer, wird zehn Jahre alt – und geht in eine neue Runde. Unter dem Motto “Unternehmer trifft Azubi“ und dem mittlerweile durchaus zum Markenzeichen gewordenen Namen Speed-Aix veranstaltet die IHK Aachen gemeinsam mit der Bundesagentur für Arbeit Aachen-Düren jährlich Azubi-Speed-Datings in Aachen, Düren und Heinsberg. 2021 feiert dieses Format sein zehnjähriges Jubiläum, die Macher können auf eine Erfolgsgeschichte zurückblicken. Denn das Speed-Dating hat sich als Veranstaltungsformat etabliert, das von vielen Unternehmen bei der Suche nach passenden Auszubildenden genutzt wird.   

Was macht den Erfolg von Speed-Aix aus?

Für Personaler auf jeden Fall: Zeitersparnis, ein erster richtiger Eindruck von potenziellen Bewerbern, Nachhaken im Gespräch. “Da kommen Bewerber, die ich nicht vorrangig einladen würde, hätte ich nur ihre Bewerbungsmappe vor mir“, sagt Dieter Henseler, bei der Auto Thüllen Aachen GmbH und Co. KG zuständig für das kaufmännische Personal. Vor zehn Jahren ist er auf das damals neue Format aufmerksam geworden, “weil die IHK mich persönlich angesprochen hat, weil ich neugierig auf dieses neue Format war und weil abzusehen war, dass Qualität und Quantität der Bewerbungen rückläufig sein werden.“ 

Beim Speed-Dating bewerben sich auch junge Menschen, die in ihrem Leben mal Pause gemacht, den Weg aus den Augen verloren und dann wieder zurückgefunden haben. “Dabei ist es möglich, dass mich gerade solche Bewerber in zehn Minuten überzeugen. Der direkte Eindruck, das Sehen ist dabei sehr hilfreich“, beschreibt der Leiter vom Rechnungswesen des Autohauses seine Erfahrungen, die er seit dem ersten Azubi-Speed-Dating macht. Früher konnte er, der seit 22 Jahren bei Thüllen arbeitet, aus dem Vollen schöpfen: “Jährlich kamen 100 bis 150 Bewerbungen rein. Diese Zeit ist vorbei“, sagt Henseler. Das Autohaus bildet Automobilkaufleute aus. Henseler: “Wenn wir ausbilden, wollen wir die Leute nach drei Jahren Lehre übernehmen.“ Deshalb trifft er eine Vorauswahl anhand der Schulbildung und schaut genau hin bei denen, die das Berufskolleg für Verwaltung und Wirtschaft besuchen oder Gymnasiasten und Studienabbrecher sind.  Bei einem persönlichen Gespräch im Rahmen von Speed-Aix kann er einen anderen ersten Eindruck gewinnt als bei einer Bewerbungsmappe. 
“Das Format hat sich über die Jahre nicht geändert. Es ist einfach gut. Was sich mit den Jahren geändert hat, sind die teilnehmenden Ausbildungsfirmen und die Interessenten, die kommen: Beide sind mehr geworden“, sagt Henseler. Bei jedem Speed-Dating freut er sich über die, die sich vorab gut über den Beruf informiert haben. “Wenn die Bewerber zeigen, dass sie sich mit dem Berufsfeld auseinandergesetzt haben und wissen, warum sie das erlernen wollen und das im Gespräch rüberbringen, haben sie eine gute Chance von mir zu weiteren Gesprächen eingeladen zu werden“, sagt Henseler. 


Ehrliches Interesse und deutlich bessere Ergebnisse

Eine gute Vorbereitung wünscht sich auch Andrea Müller, Ausbilderin der Sparkasse Aachen. “Wenn sich jemand beim Speed-Dating bei der Sparkasse anmeldet, dann hat er sich bereits konkret über unser Unternehmen informiert. Dann hat er mindestens eine Frage im Kopf. Man spürt sofort das ehrliche Interesse“, sagt Müller, die seit dem ersten Speed-Dating 2012 für die Sparkasse beim Format der IHK Aachen passenden Nachwuchs sucht. “Damals kam die IHK auf uns zu und fragte, ob wir Interesse hätten, beim Speed-Dating mitzumachen“, erinnert sich Müller. Sie blickte bereits auf gute Erfahrungen in der Zusammenarbeit von Sparkasse und IHK zurück und suchte den Nachwuchs für die Sparkasse ohnehin in der Region. Also beschloss sie, es zu versuchen. “Heute bin ich davon überzeugt, dass dieses persönliche Kennenlernen zu deutlich besseren Ergebnissen führt, als die Vielzahl digitaler Bewerbungs- und Kontaktformen.“ 50 bis 60 Auszubildende pro Jahr stellt die Sparkasse ein; die Azubis werden von Baesweiler, über Stolberg bis Monschau in 87 Filialen eingesetzt. Auch im Vergleich zu Präsentationen des Berufsbildes Bankkaufmann/-frau bei Messen oder in Schulen sei  das individueller gestaltete Speed-Dating zielführender, meint Müller.  Dabei sei das A und O des Erfolges für einen möglichen Bewerber, “dass er ein ernsthaftes Interesse an einem Job bei uns hat.“ 
Die Voraussetzung, die ein Sparkassen-Azubi mitbringen muss, ist eine gute mittlere Reife. “Wir achten auf eine gute Note in Deutsch und in Mathe“, sagt Müller. “Unser Beruf ist die Beratung. Dazu gehört, dass wir uns gut ausdrücken und einen einwandfreien Schriftverkehr führen können. Aber wir legen auch Wert auf Mathematik, weil wir mit dem Geld unserer Kunden verantwortungsvoll und besonnen umgehen möchten“, erklärt die Ausbilderin. Beim Speed-Dating achtet die Bankkauffrau vor allem darauf, dass der Bewerber Lust hat, mit Kunden zu arbeiten. “Unser Credo ist: Man muss Menschen mögen“, sagt Müller. Warum ist die Sparkasse immer noch verlässlich beim Speed-Dating dabei? “Weil wir unter den zwölf Interessenten immer Auszubildende finden. Das ist eine außergewöhnlich gute Trefferquote.“


Schnelle Gewissheit – auch darüber, dass der Beruf nicht das Richtige wäre

Mehr als zwölf Bewerber wollen in den vorgegebenen drei Stunden des Speed-Datings regelmäßig zu Gesprächen mit Lars Damerius von der Sport Drucks GmbH & Co. KG. Mit einem guten Hauptschulabschluss können sich Interessierte bei dem Sportgeschäft mit Filialen in Aachen, Würselen, Eschweiler, Niederzier, Frechen und Kerpen bewerben. “Gute Umgangsformen fordern wir ebenso wie gutes Deutsch“, sagt Damerius, der als Ausbildungsleiter seine Liebe zum Job weitergeben möchte. “Ich verkaufe Sportbegeisterung“, beschreibt der Leiter der Filiale in Niederzier, der “über drei Jahre der Ausbildung aus einem ungeschliffenen Menschen einen Diamanten schleifen möchte.“ Im Einzelhandel sei jeder Tag anders, denn jeder Kunde habe spezielle Wünsche.  Seine Fragen beim Speed-Dating an den Interessenten sind: Warum haben sie sich den Bereich Einzelhandel ausgesucht? Was reizt sie? Welche persönlichen Stärken bringen sie mit? Im besten Fall entwickelt sich so ein Dialog, an dessen Ende er vom Bewerber überzeugt ist. “Dabei bin ich immer ehrlich“, verrät Damerius. ”Wenn die Qualifikationen von einem Kandidaten, der bei uns arbeiten möchte, nicht stimmen, dann mache ich keine falschen Hoffnungen“, sagt der Ausbildungsleiter: “Unsere Kunden zahlen für eine hochwertige Beratung.“ Auch bei möglichen Fehleinschätzungen helfe das Format des Speed-Datings. “Manchmal wäre der Beruf des Einzelhandelskaufmanns falsch für den Bewerber. Dafür gibt es ein Gespür. Dann ist mein Rat, noch mal hinzugucken und einen anderen Beruf auszuwählen. “ 
Und warum ist Intersport Drucks seit der Geburtsstunde vom Azubis-Speed-Dating dabei?  “Der Kosten-Nutzen dieses Formates für uns ist perfekt“, urteilt Damerius, der jedes Mal ein Drittel von den interessierten Bewerbern zu weiteren Gesprächen nach dem ersten Treffen einlädt. Und – bei dieser Beurteilung sind sich die Vertreter aller drei Ausbildungsbetriebe – einig: Speed-Aix, das stehe für ein gutes Format, eine gute Organisation und eine gute Erfolgsquote.
 

Interview mit Michael Arth: “Speed-Dating geht weiter”

Das Azubi-Speed-Dating verändert sich 2021. Wie sind die Veranstaltungen in Zeiten von Corona?
Michael Arth:
Zurzeit planen wir die Veranstaltungen vor Ort und unter Einhaltung von entsprechenden Abständen und dem Tragen von Mund-Nasen-Bedeckungen zu realisieren. Sollte die Corona-Situation Veranstaltungen vor Ort nicht zulassen, werden wir die teilnehmenden Unternehmen bitten, Vorstellungsgespräche per Telefon oder Videochat anzubieten. Dazu haben wir bereits mit den Unternehmen alle notwendigen Maßnahmen in die Wege geleitet. Es wird also auf jeden Fall in den geplanten Zeiten ein Speed-Dating geben.
Wie hat sich Speed-Aix in den zehn Jahren seines Bestehens entwickelt?
Als wir 2012 mit diesem Format gestartet sind, haben Vertreter von 24 Unternehmen in einem Raum der IHK Aachen auf mögliche Bewerber gewartet. Jetzt gibt es drei Veranstaltungen in Aachen, Heinsberg und Düren, bei denen bis zu 100 Unternehmen Auszubildende suchen. Außerdem haben wir mit der Bundesagentur für Arbeit Aachen-Düren einen starken Partner für diese Veranstaltungsreihe gefunden.
Hat das Format des Speed-Datings auch nach zehn Jahren eine Perspektive?
Auf jeden Fall. Ausbildungsbetriebe werden weiterhin geeignete Auszubildende suchen und junge Menschen werden nach wie vor nach passenden Ausbildungsplätzen suchen. Das für Ausbildungsbetriebe und Bewerber kostenlose Veranstaltungsformat ist auch zukünftig ein ideales Mittel um beide schnell, unaufwendig und unkompliziert zusammenzubringen. Die IHK Aachen und die Bundesagentur für Arbeit Aachen–Düren stehen jedenfalls hinter “Speed-Aix” und werden die Veranstaltung auch in den kommenden Jahren anbieten.
Von Conny Stenzel-Zenner