Retouren als Erfolgsfaktor im Handel
Das Retourenmanagement ist ein zentraler Aspekt im deutschen Handel. Es umfasst alle Prozesse, die mit der Rücksendung von Waren durch Kunden verbunden sind. Ein effektives Retourenmanagement kann zur Kundenbindung beitragen, aber auch erhebliche Kosten verursachen. Im Folgenden finden Sie die rechtlichen Grundlagen und die größten Herausforderungen zum Thema:
Rechtliche Grundlagen
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Widerrufsrecht: Verbraucher, die Waren über einen Onlineshop kaufen oder bei einem Händler per E-Mail oder Telefon bestellen, haben grundsätzlich das Recht, den Kaufvertrag zu widerrufen. Gleiches gilt für die Bestellung einer Dienstleistung. Verbraucher haben in Deutschland das Recht, innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen von einem Online-Kauf zurückzutreten. Das Widerrufsrecht beginnt in der Regel ab dem Tag der Warenlieferung. Im Gegensatz dazu gibt es im stationären Handel kein grundsätzliches Rücktritts- oder Widerrufsrecht.
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Rücksendekosten: Seit Juni 2014 dürfen Händler die Kosten der Rücksendung dem Kunden auferlegen, wenn dies im Vorfeld klar kommuniziert wurde. Viele Händler übernehmen jedoch die Kosten freiwillig, um wettbewerbsfähig zu bleiben und Kunden ein positives Einkaufserlebnis zu bieten.
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Erstattungspflichten: Bei einem Widerruf müssen Händler den Kaufpreis sowie die ursprünglichen Versandkosten erstatten. Die Rückerstattung muss innerhalb von 14 Tagen nach Erhalt der Rücksendung oder des Widerrufs erfolgen.
Logistische Herausforderungen
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Transport und Lagerung: Retouren müssen effizient zurücktransportiert, geprüft und gelagert werden. Dies erfordert eine gut koordinierte Logistik, insbesondere wenn es um schnell verderbliche oder saisonale Waren geht.
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Prüfung der Ware: Nach dem Eingang der Rücksendung muss die Ware auf Mängel oder Gebrauchsspuren geprüft werden. Je nach Zustand der Ware können Produkte entweder wiederverkauft, als B-Ware deklariert oder entsorgt werden.
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Aufbereitung und Weiterverkauf: Viele Unternehmen setzen auf eine Wiederaufbereitung zurückgesandter Waren, um diese wieder in den Verkauf zu bringen. Dies ist vor allem im Textilhandel und bei Elektronik üblich. Dort ist eine Rückführung in den Verkauf unter Umständen kosteneffizienter ist als eine Entsorgung.
Kosteneffizienz
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Vermeidung von Retouren: Um Kosten zu reduzieren, ist die Vermeidung von Retouren ein wichtiger Ansatz. Maßnahmen zur Vermeidung siehe Punkt 3.
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Automatisierung der Prozesse: Moderne Softwarelösungen können den Retourenprozess weitgehend automatisieren und dadurch effizienter gestalten.
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Outsourcing von Retourenlogistik: Viele Unternehmen entscheiden sich, die Rücklogistik an spezialisierte Dienstleister auszulagern, die über die nötige Infrastruktur und Expertise verfügen.
Nachhaltigkeitsaspekte
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Umweltbelastung durch Retouren: Die Rücksendung von Produkten hat Auswirkungen auf die Umwelt, etwa durch zusätzlichen Transport und die Entsorgung von nicht mehr verwendbaren Waren.
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Kreislaufwirtschaft: Die Wiederverwertung von zurückgesandten Waren und deren Wiedereinführung in den Verkaufskreislauf ist ein wichtiger Beitrag zur Kreislaufwirtschaft. Viele Unternehmen bemühen sich, unverkaufte oder leicht beschädigte Waren sinnvoll weiterzuverwenden oder zu recyceln.
Hohe Retourenquote im E-Commerce
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In Deutschland sind Retouren insbesondere im E-Commerce weit verbreitet, besonders stark im Modebereich. Die Retourenquote im Online-Modehandel liegt bei etwa 46 %, in anderen Kategorien wie Elektronik und Möbeln deutlich niedriger.
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Ein Grund für die hohe Retourenquote ist die Gewohnheit der Kunden, mehrere Größen oder Varianten eines Produkts zu bestellen und dann die nicht passenden oder unerwünschten Artikel zurückzusenden.
Kostenfreier Rückversand als Standard
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Viele Onlinehändler bieten den Kunden eine kostenlose Rücksendung an, was eine hohe Kundenfreundlichkeit fördert, aber gleichzeitig hohe Kosten für die Händler mit sich bringt.
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Rund 74% der europäischen Verbraucher bestellen nicht bei einem Online-Shop, wenn sie selbst für die Retoure aufkommen müssen.
Verarbeitung der Retouren
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Retouren durchlaufen in der Regel mehrere Schritte; dies kann sehr zeit- und kostenintensiv sein.
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Ware, die sich nicht zum Wiederverkauf eignet, wird teilweise in Outlet-Stores oder auf speziellen Plattformen für Restposten verkauft. Einige Produkte werden auch recycelt oder – im ungünstigsten Fall – vernichtet. Rund 4% der Waren landen im Müll.
Der aktuelle Umgang mit Retouren im deutschen Handel ist geprägt von hohen Kosten und einer erheblichen Umweltbelastung, besonders im E-Commerce-Bereich. Viele Händler bieten großzügige Rückgaberegelungen, um im Wettbewerb zu bestehen, was jedoch die hohe Retourenquote fördert. Eine nachhaltige Verbesserung erfordert sowohl technische Innovationen als auch eine Anpassung der Kundenpolitik. Langfristig könnten Maßnahmen wie die Verbesserung der Produktinformationen, Gebührenregelungen für Rücksendungen, effizientere Logistikprozesse und die Sensibilisierung der Kunden dazu beitragen, den Retourenprozess umweltfreundlicher und kostengünstiger zu gestalten.
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