18.03.22

Russland: Investitionsschutzabkommen gegen Enteignung nutzbar

Die geplanten russischen Maßnahmen zu Zwangsverwaltung und anschließender Zwangsverwertung der Assets ausländischer Unternehmen aus „feindlichen Staaten“, die ihre Geschäftstätigkeit einstellen, und die bereits eingeführten Devisentransferbeschränkungen verstoßen in ihrer gegenwärtig bekannten Ausgestaltung mit hoher Wahrscheinlichkeit gegen die völkerrechtlichen russischen Verpflichtungen aus dem deutsch-russischen Investitionsförderungs- und Schutzvertrag (IFV), nämlich Art. 4 (Zwangsverwaltung mit anschließender Zwangsversteigerung als indirekte Enteignung) und Art. 5 (Devisentransferbeschränkungen).
Nach dem IFV haben deutsche Unternehmen grundsätzlich die Möglichkeit gegen eine Verletzung dieser Schutzstandards (nicht aber gegen die anderen in dem IFV genannten Schutzstandards wie billige und gerechte Behandlung, Meistbegünstigung (MFN) oder Inländerbehandlung) vor einem internationalen Schiedsgericht zu klagen (Art. 10 IFV). Im Einzelnen besteht:
  • eingeschränkte Klagemöglichkeit für deutsche Investoren bei Enteignungen (nach Art. 4): Sie können ein Schiedsverfahren nur über „Umfang und Verfahren der Entschädigung“ gegen Russland einleiten, d.h. nicht gegen eine Enteignung als solche
  • umfassende Klagemöglichkeit deutscher Investoren bei Kapitaltransferbeschränkungen (nach Art. 5).
Wird ein deutsches Unternehmen unter Verletzung des IFV geschädigt, besteht neben der Möglichkeit diplomatischen Schutzes durch die Bundesrepublik grundsätzlich die Möglichkeit zur Einleitung eines Schiedsverfahrens gegen den betroffenen Staat durch das Unternehmen. Im Falle des Obsiegens des Investors kann der Schiedsspruch auch außerhalb Russlands gegen russisches Vermögen, das nicht-hoheitlichen Zwecken gewidmet ist, vollstreckt werden.
Dieselben Punkte sind auch übertragbar auf den IFV mit Belarus (mit dem Unterschied, dass bei diesem IFV die Klagemöglichkeiten nicht eingeschränkt sind).