Umsatzsteuer im B2B-Bereich

Verpflichtende eRechnung und neues Meldesystem

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) beabsichtigt, ein Meldesystem mit verpflichtenden elektronischen Rechnungen für B2B-Umsätze einzuführen. Ziel ist es, den Umsatzsteuerbetrug in Deutschland weiter einzudämmen.
Neu ist diese Idee nicht, sie ist bereits im Koalitionsvertrag vom Herbst 2021 formuliert. Auf Ebene der EU sind einige Mitgliedsstaaten sogar schon einige Schritte weiter und haben die elektronische Rechnungsstellung (eRechnung / eInvoice) inklusive einem Meldesystem bereits eingeführt oder bauen sie in den nächsten Jahren auf. Unternehmen können seit April 2020 elektronische Rechnungen im Rechnungsformat “XRechnung” an öffentliche Auftraggeber versenden, ab April 2024 werden eRechnungen sogar zur Pflicht.

Alle Unternehmen sind betroffen

Neu ist jedoch, dass alle Unternehmen gemäß den aktuellen Plänen des BMF zukünftig die Rechnungserstellung für inländische B2B-Umsätze auf das strukturierte elektronische Rechnungsformat umstellen müssen. Rechnungen in Papierform oder dem weitverbreiteten PDF-Format gehören dann voraussichtlich der Vergangenheit an.
Auf EU-Ebene diskutiert man seit geraumer Zeit mögliche Maßnahmen, welche die Betrugsanfälligkeit der Umsatzsteuersysteme in den Mitgliedsstaaten bekämpfen. Zuletzt gab es den Vorschlag zur Änderung der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie (MwStSystRL, Richtlinie 2006/112/EG) sowie der damit im Zusammenhang stehenden Durchführungsverordnungen im Rahmen der „VAT in the Digital Age" („ViDA") Initiative, welche die Grundlage für die Überlegungen des BMF bilden.
Auf Basis dieses ViDa-Richtlinienvorschlags sollen schrittweise die Umsatzsteuersysteme der Mitgliedsstaaten modernisiert und widerstandsfähiger gegen Betrug gemacht werden. Das vorgeschlagene Umsetzungspaket beinhaltet drei Säulen:
  • die bereits erwähnte Einführung eines elektronischen Meldesystems für Einzeltransaktionen in Echtzeit auf Basis einer verpflichtenden elektronischen Rechnungsstellung für Unternehmen
  • Änderungen in der mehrwertsteuerlichen Behandlung der Plattformwirtschaft
  • einer einzigen Mehrwertsteuerregistrierung in der EU anstatt der momentanen Mehrfach-Registrierung.

BMF befragt Verbände zur eRechnung

Das BMF hat den Verbänden und der IHK-Organisation einen Diskussionsvorschlag zur Einführung der obligatorischen elektronischen Rechnung für inländische B2B-Umsätze zur Stellungnahme übersandt.
Die zentralen Kernpunkte des vorgelegten Diskussionsentwurfs betreffen momentan das Umsatzsteuergesetz (UStG) und regeln
  • die verpflichtende eRechnung auf inländische B2B-Umsätze,
  • eine neue Definition der eRechnung angelehnt an den ViDA-Rechtsetzungsvorschlag und basierend auf der Norm CEN 16931,
  • die Zusammenfassung von Papierrechnung und elektronischer Rechnung, die nicht die Anforderungen an die neue eRechnung erfüllt, unter dem neuen Begriff „sonstige Rechnung“,
  • die Streichung des Vorrangs der Papierrechnung,
  • die Neustrukturierung der Rechnungsausstellungsverpflichtung, um zukünftig B2B-Rechnungen schreiben zu können, und
  • Aussagen zur Echtheit der Herkunft der Rechnung, der Unversehrtheit des Inhalts und ihrer Lesbarkeit.
Das angedachte Meldesystem ist im vorliegenden Diskussionsentwurf noch nicht enthalten.

Ausblick auf das elektronische Meldesystem

Die aktuellen Überlegungen von Bund und Ländern zum elektronischen Meldesystem stehen in Kontext der weiteren Beratungen auf europäischer Ebene. So sieht man dort die obligatorische eRechnung in unmittelbarem Zusammenhang mit der Einführung eines elektronischen Systems zur transaktionsbezogenen Meldung von B2B-Umsätzen an die Finanzverwaltung.
Der vorliegende ViDA-Vorschlag sieht für innergemeinschaftliche B2B-Umsätze ein verpflichtendes, transaktionsbasiertes Reporting in Echtzeit vor. Gleichzeitig sollen die „Zusammenfassenden Meldungen“ zum 1. Januar 2028 abgeschafft werden.
Das BMF strebt sowohl für die nationalen als auch die grenzüberschreitenden B2B-Umsätze ein einheitliches elektronisches System für die transaktionsbezogene Meldung an, um die Belastungen für die Wirtschaft möglichst gering zu halten. Die derzeitigen Überlegungen dazu beinhalten, dass Steuerpflichtige den Steuerbehörden auf elektronischem Weg lediglich bestimmte Rechnungsdaten (sog. Meldedaten) zu ihren im Inland steuerbaren Umsätzen übermitteln sollen. Somit wäre, im Gegensatz zum strengeren italienischen Modell, eine Übermittlung der vollständigen Rechnung an die Steuerbehörden zur inhaltlichen Überprüfung, noch vor der Weiterleitung an den Rechnungsempfänger, nicht vorgesehen.
Der beschriebene Austausch der Rechnungsdaten (Meldedaten) könnte zukünftig wahlweise über eine staatliche eRechnungs-Plattform oder über private eRechnungs-Plattformen erfolgen, die die Anforderungen der Verwaltung zur sicheren Übermittlung erfüllen. Im nächsten Schritt prüft die eRechnungs-Plattform des Rechnungserstellers dann die Plausibilität, zum Beispiel ob alle Pflichtangaben enthalten sind. Anschließend werden die Meldedaten aus der eRechnung an das staatliche Portal (Annahme-Portal) übermittelt und die eigentliche eRechnung im Auftrag des Rechnungserstellers an die eRechnungs-Plattform des Rechnungsempfängers versandt. Im Moment des Rechnungsaustausches erfolgt zeitgleich die Übermittlung der Meldedaten an die Finanzverwaltung. Der beschriebene Prozess soll möglichst in “Echtzeit” erfolgen, so die aktuellen Planungen. Um dieses Ziel zu erreichen ist eine Meldefrist von maximal zwei Tagen für Eingangs- und Ausgangsrechnungen im Gespräch. Dem Konzept der Echtzeit-Informationen ist ebenfalls geschuldet, dass zukünftig die Möglichkeit entfällt, zusammenfassende Rechnungen (Sammelrechnungen) für einen Kalendermonat auszustellen.
Die IHK-Organisation wird auf Basis der Rückmeldungen der Mitgliedsunternehmen eine Stellungnahme zu den geplanten Änderungen im Mehrwertsteuersystem abgeben und zeitnah über die weitere Entwicklung berichten.