Streitbeilegung

Mediationsordnung der IHK Stade

Präambel

Die Stader Mediationsordnung insbesondere für Wirtschaftskonflikte regelt ein freiwilliges Verfahren zur außergerichtlichen Lösung von Konflikten, in dem die Verfahrensbeteiligten mit Hilfe eines Mediators selbst eine interessengerechte Lösung ihres Konflikts finden. Das Mediationsverfahren ist eine Alternative zu Gerichts-, Schiedsgerichts- oder Schlichtungsverfahren.
Die Stader Mediationsordnung wird inhaltlich betreut und in ihrer Anwendung gefördert
von
  • der Industrie- und Handelskammer Stade,
  • der Rechtsanwaltskammer Celle
  • der Fernuniversität Hagen.
Für Verfahren nach der Stader Mediationsordnung besteht bei der Industrie- und Handelskammer Stade eine Mediationsstelle.

§ 1 Anwendungsbereich

Mindestens eine der Parteien eines Verfahrens nach der Stader Mediationsordnung soll Mitglied einer deutschen Industrie- und Handelskammer oder einer deutschen Handwerkskammer sein. Der Konflikt zwischen den Parteien soll in Zusammenhang mit ihrer geschäftlichen Tätigkeit entstanden sein. Eingeschlossen sind innerbetriebliche Konflikte. Bei gesellschaftsrechtlichen Konflikten genügt es, wenn die Gesellschaft Mitglied einer deutschen Industrie- und Handelskammer oder einer deutschen Handwerkskammer ist.

§ 2 Mediationsstelle

Die Mediationsstelle berät die Parteien in Fragen, die ein Mediationsverfahren betreffen. Auf Wunsch hilft sie den Parteien bei der Auswahl von Mediatoren.

§ 3 Einleitung eines Mediationsverfahrens

(1) Das Verfahren beginnt mit dem Eingang des Antrags auf Durchführung der Mediation.
Der Antrag muss schriftlich gestellt werden. Er kann auch elektronisch gemäß § 126 a des Bürgerlichen Gesetzbuchs gestellt werden. Der Antrag soll Namen und Anschriften der Parteien eine kurze Sachverhaltsdarstellung und Kopien der für den Sachverhalt relevanten Unterlagen enthalten.
(2) Die Mediationsstelle sendet der anderen Partei den Mediationsantrag, die Mediationsordnung und die Honorarordnung zu. Sie fordert die andere Partei auf, gegenüber der Mediationsstelle innerhalb von zwei Wochen nach Zugang des Mediationsantrags schriftlich zu erklären, ob sie einem Mediationsverfahren nach der Stader Mediationsordnung für Wirtschaftskonflikte zustimmt. Stimmt sie zu, dann soll sie zugleich gegenüber der Mediationsstelle den Sachverhalt aus ihrer Sicht kurz schriftlich darstellen. Das Verfahren ist bis zu diesem Zeitpunkt kostenfrei. Die Zustimmung der anderen Partei zum Mediationsverfahren gilt als Aufnahme von Verhandlungen gemäß § 203 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

§ 4 Ernennung des Mediators

(1) Die Mediationsstelle hilft den Parteien bei der Auswahl des Mediators. Die Parteien können einen oder mehrere Mediatoren ernennen. Die Mediationsstelle muss die Ernennung des Mediators bestätigen. Sie bestätigt die Ernennung, wenn der Mediator die Voraussetzungen der Mediatorenordnung erfüllt. Konnten sich die Parteien innerhalb von vier Wochen ab Eingang der Kostenpauschale bei der Mediationsstelle nicht auf einen Mediator einigen, endet das Verfahren. Ein Anspruch auf Rückerstattung der Kostenpauschale besteht nicht.
(2) Die Parteien und der Mediator schließen eine Mediationsvereinbarung. Sie sollen hierzu die von der Mediationsstelle empfohlene Vereinbarung verwenden. Der Mediator schickt ein von allen Parteien unterschriebenes Exemplar an die Mediationsstelle. Er kann dieses von der vorherigen Zahlung eines Vorschusses auf sein Honorar gemäß § 10 Absatz 4 abhängig machen.
(3) Die Parteien können den Mediator jederzeit einvernehmlich entlassen und einen anderen Mediator ernennen. Eine bereits erbrachte Leistung des Mediators ist gemäß § 10 Absatz 3 zu vergüten.

§ 5 Neutralität des Mediators

(1) Mediator kann nur sein, wer keine der Parteien vor Beginn des Verfahrens in Bezug auf den dem Mediationsverfahren zugrunde liegenden Sachverhalt beraten oder vertreten hat. Mediator kann auch nur sein, wer mit den Parteien nicht in geschäftlicher Verbindung steht. Der Mediator muss allparteilich und verschwiegen sein.
(2) Der Mediator darf keine der Parteien während des Verfahrens einseitig beraten oder vertreten.
Nach Beendigung des Verfahrens darf der Mediator keine der Parteien in Bezug auf den dem Mediationsverfahren zugrunde liegenden Sachverhalt beraten oder vertreten.

§ 6 Vertraulichkeit

Soweit nicht ausdrücklich anders vereinbart, haben die Parteien, ihre Vertreter sowie der Mediator gegenüber Dritten alle Angelegenheiten des Mediationsverfahrens, sowohl während als auch nach Beendigung des Verfahrens, vertraulich zu behandeln.
Von dem Vertraulichkeitsgebot sind insbesondere auch erfasst:
  • alle im Mediationsverfahren geäußerten Vorschläge und Ansichten der anderen Partei in Bezug auf eine mögliche Beilegung des Konflikts,
  • alle erfolgten Eingeständnisse der anderen Partei im Laufe des Mediationsverfahrens,
  • die Vorschläge des Mediators
  • die verhandelten Vergleichsangebote.
Diese dem Vertraulichkeitsgebot unterliegenden Umstände dürfen nicht in ein Gerichts- oder Schiedsverfahren eingeführt werden bzw. keine Partei darf sich darauf berufen, gleichgültig, ob sich das Verfahren auf den Gegenstand des Mediationsverfahrens bezieht oder nicht.

§ 7 Mediationsablauf und Aufgabe des Mediators

(1) Der Mediator ist ab seiner Ernennung für den Ablauf der Mediation verantwortlich. Der Mediator sorgt insbesondere für eine zügige Festsetzung von Sitzungsterminen. Die Parteien haben hieran mitzuwirken. In einem ersten Termin sollen insbesondere besprochen werden:
  • Ablauf einer Mediation,
  • Aufgaben von Mediator, Parteien und Rechtsanwälten der Parteien in einer Mediation
  •  Verhaltens- und Verfahrensregeln
  • der streitige Sachverhalt aus der Sicht der Parteien.
  • Der Mediator erstellt in Absprache mit den Parteien einen Zeitplan für die Mediation.
(2) Die Parteien nehmen an den Sitzungen persönlich teil. Juristische Personen werden durch eine natürliche Person vertreten, die mit dem Sachverhalt vertraut und zum Abschluss von verfahrensbeendenden Vereinbarungen berechtigt ist.
(3) Der Mediator leitet die Sitzungen und achtet auf die Einhaltung der Verfahrensregeln. Er achtet insbesondere darauf, dass die Parteien ausreichend Gelegenheit haben den Sachverhalt aus ihrer Sicht darzustellen, ihren Standpunkt und ihre Interessenlage darzulegen und Ideen zur Lösung ihres Konflikts zu entwickeln. Der Mediator sorgt für eine an den Interessen der Parteien ausgerichtete, lösungsorientierte und offene Verhandlungsführung. Er kann anregen, dass weitere Informationen offen gelegt werden. Bei der Suche nach einer Lösung des Konflikts können auch über den eigentlichen Sachverhalt hinausgehende Lösungen in Betracht kommen.
(4) Der Mediator fördert die Aufklärung des Sachverhalts und seine einvernehmliche Lösung in jedem Stadium des Verfahrens. Die Parteien können sich in jedem Stadium des Verfahrens durch Rechtsanwälte beraten lassen. Die Parteien können Rechtsanwälte zu dem Mediationsverfahren hinzuziehen, wenn sie dies rechtzeitig vor der nächsten Sitzung ankündigen, und die andere Partei damit einverstanden ist.
(5) Auf Wunsch der Parteien kann der Mediator einen Gutachter hinzuziehen. Die Kosten hierfür tragen die Parteien zu gleichen Teilen, sofern die Parteien nicht eine hiervon abweichende schriftliche Vereinbarung treffen.

§ 8 Beendigung des Mediationsverfahrens

(1) Das Verfahren endet, wenn
  • die Parteien eine den Konflikt beendende Vereinbarung abgeschlossen haben,
oder
  • die Parteien eine den Konflikt teilweise beendende Vereinbarung abgeschlossen haben und das Verfahren im Hinblick auf den verbleibenden Teil nicht fortsetzen wollen,
oder
  • eine Partei oder der Mediator den anderen Verfahrensbeteiligten schriftlich mitteilt, dass sie/ er das Verfahren für gescheitert hält.
Der Mediator teilt die Beendigung des Mediationsverfahren der Mediationsstelle schriftlich mit.
(2) Die rechtliche Prüfung der Vereinbarung gehört nicht zu den Aufgaben des Mediators. Die Parteien können eine den Konflikt beendende Vereinbarung vor Abschluss rechtlich überprüfen lassen. Der Mediator informiert die Parteien im Bedarfsfall darüber, inwieweit die Vereinbarung für vollstreckbar erklärt werden kann.
(3) Der Mediator erstellt ein Ergebnisprotokoll nach Maßgabe von Absatz 1 Satz 1 über den Ausgang des Verfahrens, welches die Parteien unterzeichnen. Eine darüber hinausgehende Protokollierung erfolgt nur, wenn die Parteien dies mit dem Mediator vereinbart haben. Die Parteien verpflichten sich, das Ergebnisprotokoll nicht an Dritte weiterzugeben oder ihnen zugänglich zu machen. Sie können schriftlich eine hiervon abweichende Vereinbarung treffen.
(4) Die Art der Beendigung des Verfahrens hat keine Auswirkung auf die Ansprüche der Mediationsstelle und des Mediators gemäß § 10.

§ 9 Gerichtsverfahren

Die Parteien sorgen dafür, dass laufende Gerichts- oder Schiedsgerichtsverfahren, denen
derselbe Sachverhalt wie dem Mediationsverfahren zugrunde liegt, für die Dauer des Mediationsverfahrens ruhen. Sie sollen vereinbaren, dass für die Dauer des Mediationsverfahrens keine Klagen bei einem Gericht oder Schiedsgericht erhoben werden, denen derselbe Sachverhalt wie dem Mediationsverfahren zugrunde liegt. Das gilt nicht für Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes. Über geplante oder bereits laufende Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes soll in einer kurzfristig stattfindenden Mediationssitzung beraten werden.

§ 10 Kosten

(1) Die Mediationsstelle kann für die Unterstützung der Parteien im Sinne des § 2 der Stader Mediationsordnung unter Berücksichtigung des für sie zu erwartenden Aufwandes eine Kostenpauschale in Höhe von 100 bis 500 Euro erheben. Darüber hinaus hat sie gegen die Parteien einen Anspruch auf Ersatz von notwendigen Auslagen. Die Parteien zahlen die Kostenpauschale und die notwendigen Auslagen zu gleichen Teilen. Sie können im Innenverhältnis eine davon abweichende Vereinbarung treffen. Sie haften gegenüber der Mediationsstelle als Gesamtschuldner.
(2) Haben die Parteien einem Mediationsverfahren zugestimmt, fordert die Mediationsstelle sie zu gleichen Teilen zur Zahlung der Kostenpauschale nach § 10 Absatz 1 auf. Die Kostenpauschale ist innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Zahlungsaufforderung zu zahlen.
(3) Die Parteien und der Mediator vereinbaren zu Beginn des Mediationsverfahrens ein Honorar, das der gültigen Honorarordnung entspricht. Darüber hinaus hat der Mediator gegen die Parteien einen Anspruch auf Ersatz der notwendigen Auslagen. Zu den notwendigen Auslagen gehören auch die Kosten, die dadurch entstehen, dass eine Partei nicht oder verspätet zu einem Termin erscheint. Die notwendigen Auslagen können pauschalisiert werden. 
Die Parteien zahlen das Honorar und die notwendigen Auslagen zu gleichen Teilen. Die Parteien können im Innenverhältnis eine davon abweichende Vereinbarung treffen. Sie haften gegenüber dem Mediator als Gesamtschuldner.
(4) Der Mediator kann seine Tätigkeit von der Zahlung eines durch beide Parteien zu leistenden angemessenen Vorschusses abhängig machen. Die Zahlungen sind direkt an den Mediator zu leisten.
(5) Die Parteien tragen die ihnen während des Mediationsverfahrens entstehenden Kosten einschließlich der Kosten für eine anwaltliche Vertretung selbst. Ein späterer Kostenausgleich auf Grund gerichtlicher Entscheidung oder vertraglicher Vereinbarung wird dadurch nicht ausgeschlossen.

§ 11 Haftungsbeschränkung

(1) Die Mediationsstelle haftet nicht für das Verhalten des von ihr vermittelten Mediators. Die Haftung der Mediationsstelle, ihrer Organe und Mitarbeiter ist, soweit vertragliche Beziehungen bestehen, auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt.
(2) Die Haftung des Mediators richtet sich nach der mit dem Mediator getroffenen Mediationsvereinbarung in Verbindung mit den zwingenden gesetzlichen Regelungen.