Green Deal

Dekarbonisierung des Verkehrssektors

Der Verkehr in der EU soll umweltverträglicher werden. Am heftigsten diskutiert wurde in diesem Zusammenhang ein Verbot für Verbrennungsmotoren in Pkw und leichten Nutzfahrzeugen ab dem Jahr 2035. Die Maßnahmen der EU-Kommission zielen jedoch nicht nur auf den Straßenverkehr, sondern auch auf den Luft- und Seeverkehr.

Dekarbonisierung des Straßenverkehrs

CO2-Flottengrenzwerte für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge

Mit dem „Fit for 55“-Paket hatte die EU-Kommission vorgeschlagen, dass ab 2035 nur noch komplett emissionsfrei fahrende Pkw und leichte Nutzfahrzeuge hätten zugelassen werden dürfen. Das hätte das Ende von Verbrennungsmotoren in Neufahrzeugen bedeutet. Auf Betreiben Deutschlands wurde diese strikte Regelung bei der finalen Abstimmung im Rat noch leicht geöffnet. Die EU-Kommission wird danach „einen Vorschlag für die Zulassung nach 2035 von Fahrzeugen, die ausschließlich mit CO2-neutralen Kraftstoffen betrieben werden, vorlegen.“

CO2-Standards für Lkw und Busse

Am 14. Februar 2023 hat die Europäische Kommission ihre Vorschläge für neue CO2-Standards für LKWs und Busse veröffentlicht. Danach sollen die Hersteller schwerer Nutzfahrzeuge ihre Flottenemissionen bis 2040 stufenweise um 90 Prozent senken, die Hersteller von Stadtbussen bereits bis 2030 um 100 Prozent. Damit müssten Stadtbusse noch vor Pkw komplett emissionsfrei unterwegs sein. Wie ursprünglich auch für Pkw, sieht der Kommissionsvorschlag keine Ausnahme für mit E-Fuels betriebene Fahrzeuge vor.
Die Vorschläge der Kommission müssen nun von EU-Parlament und -Rat verhandelt und beschlossen werden.

Aufbau einer Infrastruktur von Strom- und Wasserstoffladepunkten

Um den Übergang zu einem emissionsfreien Verkehr zu unterstützen, wurden mir dem „Fit for 55“-Paket auch ambitionierte Ziele zum Aus- und Aufbau der Ladeinfrastruktur vorgeschlagen. Diese werden in der neuen Verordnung über den Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe (AFIR) verbindlich geregelt. Danach müssen die Mitgliedstaaten
  • für jedes zugelassene batteriebetriebene Fahrzeug eine Ladeleistung von 1,3 kW über eine öffentlich zugängliche Ladeinfrastruktur bereitstellen,
  • ab 2025 auf den Strecken des transeuropäischen Verkehrsnetzes (TEN-V) alle 60 km Schnellladesäulen installieren,
  • für schwere Nutzfahrzeuge auf den Strecken des TEN-V-Kernnetzes alle 60 km, im Gesamtnetz alle 100 km Ladestationen mit einer Mindestleistung von 350 kW errichten und
  • ab 2030 eine ausreichende Wasserstoff-Betankungsinfrastruktur aufbauen.

Verlagerung auf die Schiene

Mehr Verkehr, sowohl im Personen- als auch im Güterverkehr, von der Straße auf die Schiene zu verlagern, ist der EU-Kommission ein wichtiges Anliegen. Fördern will sie dies vor allem durch den Ausbau von grenzüberschreitenden Hochgeschwindigkeitsstrecken. Die Mitgliedsstaaten werden außerdem dazu aufgerufen, für mehr Umschlagterminals, höhere Kapazitäten an Güterterminals, kürzere Wartezeiten an Eisenbahngrenzübergängen, längere Züge und die Möglichkeit, Lastwagen im gesamten Verkehrsnetz auf der Schiene zu befördern, zu sorgen. Vorgesehen ist die Schaffung von neun „europäischen Verkehrskorridoren“, die Schiene, Straße und Schifffahrt integrieren und mit entsprechender Infrastruktur ausgestattet sind.
Nachhaltiges Reisen soll durch einheitliche Ticketsysteme erleichtert werden, die den Kauf von grenzüberschreitenden und multimodalen Fahrscheinen vereinfachen.

Dekarbonisierung des Luftverkehrs

Die CO2-Emissionen des Luftverkehrs machen nur etwa 4% der Gesamtemissionen der EU aus, nehmen aber – abgesehen von einem vorübergehenden Rückgang in der Corona-Zeit - stetig zu. Daher hat die EU-Kommission, in dem Bemühen bis 2050 klimaneutral zu werden, auch hier Vorschläge zur Verringerung der Emissionen vorgelegt.
Innereuropäische Flüge (im EWR, in das Vereinigte Königreich und in die Schweiz) unterliegen seit 2010 dem europäischen Emissionshandel (EU-ETS). Bisher werden die benötigten Zertifikate jedoch teilweise noch kostenlos zugeteilt. Diese Zuteilungen sollen auslaufen, so dass die Zertifikate ab 2026 vollständig versteigert werden. Außereuropäische Flüge in bzw. aus Drittländern nehmen zunächst weiterhin an CORSIA, dem Regelwerk der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) zur Kompensation von CO2-Emissionen, teil. Ändern könnte sich dies nach 2025, sollte CORSIA bis dahin seine Ziele verfehlen.
Ab 2025 müssen Treibstoffe für Flugzeuge gemäß neuer Verordnung „ReFuelEU Aviation“ einen Mindestanteil an nachhaltigen Kraftstoffen enthalten. Dabei kann es sich um Biokraftstoffe (mit Ausnahme von aus Nahrungs- oder Futtermittelpflanzen gewonnene Kraftstoffe) oder synthetische Kraftstoffe (E-Fuels) handeln. Die Beimischungsquoten steigen von 2% im Jahr 2025 bis auf 70% im Jahr 2050.
Am Boden müssen Flugzeuge zukünftig über die Flughäfen mit Strom versorgt werden. Die neue Verordnung über den Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe (AFIR) sieht vor, dass dies bis 2025 an allen Gates, spätestens 2030 auch an allen Parkpositionen auf dem Flughafenvorfeld zu gewährleisten ist.

Dekarbonisierung des Seeverkehrs

Auch der Schiffsverkehr macht etwa 4% der Gesamtemissionen der EU aus – ebenfalls mit steigender Tendenz. Deshalb wird der Seeverkehr ab 2024 in den europäischen Emissionshandel einbezogen. Im Gegensatz zum Flugverkehr unterliegen nicht nur Fahrten innerhalb der EU der Abgabepflicht, sondern auch Fahrten in und aus Drittstaaten müssen zur Hälfte kompensiert werden. Betroffen sind vorerst nur Schiffe mit einer Bruttoraumzahl ab 5.000. Die Ausweitung auf kleinere Schiffe soll bis Ende 2026 geprüft werden.
Die neue Verordnung „FuelEU Maritime“ regelt die Senkung der Treibhausgasintensität der im Schiffsverkehr verwendeten Kraftstoffe. Die Ziele beziehen sich explizit nicht nur auf die CO2-Emissionen, sondern auch auf Methan- und N2O-Emissionen während des gesamten Lebenszyklus der Kraftstoffe. Die Verordnung gibt vor, dass die Kraftstoffemissionen schrittweise um 2 % im Jahr 2025 und um bis zu 80 % bis 2050 reduziert werden müssen, etwa durch Nutzung nachhaltiger Kraftstoffe oder innovative Technologien wie bspw. Wasserstoff. Erlaubt wird die Zusammenfassung der Konformitätsbilanzen von zwei oder mehreren Schiffen. Für die Einhaltung der Grenzwerte für die Treibhausgasintensität ist dann der Durchschnitt des gesamten Pools maßgeblich.
Ähnlich dem Flugverkehr, sollen im Hafen liegende Schiffe zukünftig landseitig mit Strom versorgt werden. Gemäß neuer Verordnung über den Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe (AFIR) müssen Seehäfen mit mindestens 50 Hafenaufenthalten von großen Fahrgastschiffen oder 100 Hafenaufenthalten von Containerschiffen bis 2030 entsprechend ausgerüstet sein.