Fachkräfte

Fachkräfteeinwanderungsgesetz: Chancen gezielt nutzen

Rund 60 Gäste folgten der Einladung der Fachkräfte Initiative Wirtschaftsraum Augsburg in Kooperation mit dem MigraNet — IQ Netzwerk Bayern zur IHK Schwaben vor Ort in Augsburg und informierten sich über die Chancen und Herausforderungen des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes. Neben Informationen der Ausländerbehörden gewährten verschiedene Praxis-Beispiele einen Einblick, wie die Thematik im jeweiligen Unternehmen umgesetzt wird.
IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Marc Lucassen, dem die Rolle des Gastgebers zukam, wies auf die konjunkturellen Risiken des Fachkräftemangels für die bayerisch-schwäbische Wirtschaft hin. „Jedes zweite Unternehmen aus Produktion, Handel und Dienstleistungen sieht laut der IHK-Konjunkturumfrage im Fachkräftemangel ein großes Risiko für die eigene wirtschaftliche Entwicklung", so Lucassen. Für das Jahr 2030 prognostiziert der IHK-Fachkräftemonitor Bayern, dass in BayerischSchwaben 71.000 Beschäftigte fehlen werden. Lucassen: „Diese Lücke, die sich von den Chefetagen bis hin zu den Ausbildungswerkstätten zieht, lässt sich nur durch gezielte Zuwanderung von qualifizierten Fachkräften und motivierten Leistungsträgern in den regionalen Arbeits- und Ausbildungsmarkt schließen. Daher ist es gut, dass das Fachkräfteeinwanderungsgesetz die Möglichkeit der schnellen Zuwanderung eröffnet. Das Gesetz ist ein großer Fortschritt und wir werben massiv dafür, dass die mit ihm verbundenen Chancen von der regionalen Wirtschaft ergriffen werden", so Lucassen in der Diskussion.
Roland Fürst, Geschäftsführer Operativ der Agentur für Arbeit Augsburg, weist in seinem Statement darauf hin, „dass wir auch in diesen Zeiten ein funktionierendes Fachkräfteeinwanderungsgesetz benötigen. Auch in der derzeitigen Krise haben wir Engpässe, etwa auf dem Bau, in der Softwareentwicklung, der IT-Koordination- und Anwendungsberatung, der Altenpflege und nicht zuletzt im medizinischen Sektor, insbesondere im Krankenhausbereich. Das schrumpfende Fachkräftepotenzial ist die größte Wachstumsbremse - vor Corona und auch danach." Daher seien Partnerschaftsabkommen mit verschiedenen Ländern angedacht. Zuletzt hat die Bundesagentur für Arbeit mit der Republik Indonesien die erste Vermittlungsabsprache nach dem neuen Fachkräfteeinwanderungsgesetz unterzeichnet. Dies schafft die Grundlage für die Rekrutierung und Vermittlung von indonesischen Pflegekräften für Krankenhäuser, Kliniken und Pflegeeinrichtungen in Deutschland durch die Bundesagentur für Arbeit.
Im Handwerk spüren wir den Fachkräftemangel, wie in den anderen Wirtschaftsbereichen auch, dies dokumentieren die stark zugenommenen Anfragen unserer Betriebe bezüglich des neuen Fachkräfteeinwanderungsgesetzes und der Anfragen zum Anerkennungsverfahren im Handwerk", stellte Volker Zimmermann, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer für Schwaben, fest. Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz ist daher eine wichtige Möglichkeit, um an Fachkräfte zu gelangen, sei es an bereits ausgebildete Fachkräfte oder an Azubis aus dem Ausland.
Unterstützung vor Ort
„Gerade auch kleinen und mittleren Unternehmen fällt es zunehmend schwer ihren Fachkräftebedarf auf dem heimischen Arbeitsmarkt zu decken. Damit auch sie von den neuen Möglichkeiten der Fachkräfteeinwanderung profitieren können, benötigen sie professionelle Beratung und Unterstützung. Am besten vor Ort in der Region. Diese bieten wir im MigraNet – Fachinformationszentrum Einwanderung in Augsburg (FizE). Als neutrale, staatlich finanzierte Stelle beraten wir Arbeitgeber aus ganz Schwaben einzelfallbezogen zu allen Fragen der Fachkräfteeinwanderung und navigieren sie bedarfsgerecht durch den Umsetzungsprozess. Aufgabe des FizE ist es ferner, die vernetzte Zusammenarbeit aller am Prozess beteiligter Akteure zu fördern. Mit dem Ziel Unternehmen eine maximale Prozessqualität bieten zu können", erläutert Martin Walter, Projektleiter MigraNet— Fachinformationszentrum Einwanderung Augsburg, Tür an Tür - Integrationsprojekte gGmbH.
„Gemeinsam mit den Partnern der Fachkräfte Initiative erreichen wir mehr, als wenn jeder nur seine eigenen Ziele und Projekte verfolgt. Denn letztlich ist es ein Ziel aller, dass die Unternehmen im Wirtschaftsraum Augsburg ausreichend Fachkräfte für ihren betrieblichen Erfolg finden, unter anderem auch über den Weg des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes. Diese Aufgabe, auch verbunden mit Fragen der Migration, liegt als ein Schwerpunkt bei den Partnern der Agentur für Arbeit, IHK und HWK. Nichtsdestotrotz tragen wir als Regio Augsburg Wirtschaft GmbH die Themen über unsere zahlreichen Kommunikationskanäle, Veranstaltungen und Publikationen kontinuierlich an die Unternehmen im Wirtschaftsraum Augsburg heran, um so die gesuchten Fachkräfte in speziellen Qualifikationen zu binden oder gar von außerhalb der Region anzuziehen", so Stefanie Pöschel, Geschäftsfeldleiterin Fachkräftesicherung und -marketing bei der Regio Augsburg Wirtschaft GmbH.
Eckpunkte des Fachkräfteeinwanderungsgesetz
In seinem Input lieferte Martin Walter vom MigraNet-Fachinformationszentrum Einwanderung in Augsburg einen systematischen Überblick über das im März 2020 in Kraft getretene Fachkräfteeinwanderungsgesetz (FEG). „Im Kern regelt es die Einwanderung von Personen aus Drittstaaten mit formalen Berufsqualifikationen, die in Deutschland im Bereich Ihrer Qualifikation als Fachkraft arbeiten möchten" erklärte Martin Walter. „Aber auch weitere Einreisezwecke wie die Einwanderung zur Ausbildung sind Bestandteil des FEG." Das Gesetz soll die Basis dafür schaffen, eine gezielte Einwanderung nach den Erfordernissen der deutschen Wirtschaft zu fördern und die Fachkräfteeinwanderung langfristig als eine strategische Säule der Fachkräftesicherung zu etablieren. „Dazu wurden die Regelungen und Abläufe einheitlicher, übersichtlicher und effizienter gestaltet", so Walter. „Der Arbeitsmarkteinstieg in Deutschland wird insgesamt leichter: Die ausländische Fachkraft benötigt ein konkretes Arbeitsplatzangebot und muss eine in Deutschland anerkannte Qualifikation vorweisen. Die Einschränkung auf bestimmte Mangelberufe fällt ebenso weg wie die Vorrangprüfung. Mit dem beschleunigten Fachkräfteverfahren wurde für Arbeitgeber eine Art „Überholspur" mit einem verbindlichen Zeitrahmen geschaffen. Das macht den Prozess für sie planbarer."
Beschleunigtes Fachkräfteverfahren
Wie das Fachkräfteeinwanderungsgesetz in der Praxis umgesetzt werden kann, verdeutlichte Stephan Mies von der Ausländerbehörde der Stadt Augsburg. In seiner Präsentation stellte er das „Beschleunigte Fachkräfteverfahren" und dessen Umsetzung in der Stadt Augsburg vor. „Das Beschleunigte Fachkräfteverfahren bietet für die Arbeitgeber Chancen und Risiken, daher sei eine ausführliche Beratung bei den zuständigen Ausländerbehörden unabdingbar", erklärte Herr Mies. „Im Rahmen einer gemeinsamen Vereinbarung sei es möglich, Verwaltungsabläufe zu verkürzen und ggf. zu einer Vorabzustimmung der Ausländerbehörde zu kommen. Auch der Familiennachzug des Arbeitnehmers ist im Rahmen dieses Verfahrens grundsätzlich möglich", so Mies. „Wenn es um die Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse geht, ist es im Regelfall auf Grund der Komplexität dieses Anerkennungsverfahrens sinnvoll, dieses Verfahren schon im Vorfeld durchführen zu lassen."
Rekrutierung ausländischer Fachkräfte und Fördermöglichkeiten
Kathi Ulrich referierte für die Agentur für Arbeit Augsburg zum Thema „Rekrutierung ausländischer Fachkräfte und Fördermöglichkeiten". In ihrem Vortrag ging sie auf die Aufgaben des Internationalen Personalservice der Zentralen Auslands- und Fachvermittlung der Bundesagentur für Arbeit ein und erläuterte unterschiedliche Rekrutierungsprogramme der Agentur für Arbeit. „Zahlreiche Beratungsleistungen rund um die Einreise, die VISA-Beantragung, den Spracherwerb, die interkulturelle Vorbereitung, Anpassungsqualifizierung und Anerkennung ausländischer Abschlüsse machen die Programme gegenüber einer Rekrutierung über privatwirtschaftlichen Auslandsvermittlungen attraktiv", erklärte sie. „Außerdem können Arbeitgeber Kosten bei der Rekrutierung sparen durch attraktive Förderungen nach dem Qualifizierungschancengesetz. Gefördert werden können neben einem Zuschuss zum Arbeitsentgelt z.B. auch Grund- und Anpassungsqualifizierungen."