Bericht Tourismus Herbst 2020

Düstere Stimmung in der Tourismusbranche

Die Ergebnisse der Saisonumfrage Tourismus der IHK Schleswig-Holstein machen deutlich, wie sehr Gastgewerbe und Reisewirtschaft bereits vor dem November-Lockdown mit den Folgen der Coronakrise kämpften. So arbeiteten schon zu Herbstbeginn nur 8 Prozent der Beherbergungsbetriebe auf Vorkrisenniveau. 92 Prozent der Unternehmen der Reisewirtschaft gaben an, dass sich die Geschäftslage insgesamt verschlechtert habe. 
Die Stimmung ist düster: Trotz leichter Erholung in den Sommermonaten für das Gastgewerbe sinkt der Konjunkturklimaindex, der die aktuelle Stimmungslage der Branche zwischen 0 und 200 Punkten widerspiegelt, auf seinen historischen Tiefstwert von 62 Punkten. Besonders in den Städten und im Binnenland ist die Stimmung der gastgewerblichen Betriebe stark getrübt und erreicht einen Wert von 33 Punkten. Die nicht absehbaren Entwicklungen der Beschränkungen, die aktuell wirtschaftliche Aktivitäten der Reisewirtschaft nahezu unmöglich machen, spiegelt sich alarmierend in der Stimmung der Reisebüros und -veranstalter mit einem Indexwert von 7,5 Punkten wider. 
50 Prozent und mehr Umsatzrückgang im Jahr 2020 – das erwarten rund 77 Prozent der Unternehmen aus der Reisewirtschaft. Ein Fünftel der Befragten im Gastgewerbe rechnet mit einem Umsatzrückgang um mehr als die Hälfte. Mehr als ein Viertel der Beherbergungsbetriebe und Restaurants veranschlagt seine Einbußen auf 25 bis 50 Prozent. Die aktuelle Finanzlage ist geprägt von Eigenkapitalrückgang und Liquiditätsengpässen. "Die Luft für unsere Betriebe wird immer dünner", weiß Björn Ipsen, Hauptgeschäftsführer der IHK Schleswig-Holstein. In den Lockdown-Branchen und damit auch im Tourismus registriere die IHK ein stark steigendes Anrufaufkommen verbunden mit hohem Informationsbedarf. "Durch die aktuellen Einschränkungen spitzt sich die finanzielle Situation vieler Betriebe weiter zu. Die Informationen, dass ab Ende November Abschlagszahlungen im Rahmen der Novemberhilfe erfolgen, ist zwar erfreulich. Da die Liquiditätsreserven der Unternehmen schon stark beansprucht sind, muss das Antragsverfahren zügig ausgerollt werden, damit die Mittel schnellstmöglich in vollem Umfang fließen können. Auch die angekündigten Hilfen für Branchen, die indirekt von den Maßnahmen getroffen sind, wie die Reisewirtschaft, müssen zügig zur Verfügung gestellt werden. Eine Auszahlung der Hilfen im Januar kommt womöglich zu spät", so Ipsen. 
Angesichts sinkender Beschäftigungsabsichten verliert das jahrelang dominierende Problem des Gastgewerbes, der Fachkräftemangel, aktuell an Bedeutung. Sowohl das Gastwerbe als auch die Reisewirtschaft werten die aktuellen wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen als enormes Geschäftsrisiko. Daneben bereitet vor allem die eingebrochene Inlandsnachfrage der Reisewirtschaft äußerst große Sorgen.   
Mit einer Rückkehr zur normalen Geschäftstätigkeit rechnen mehr als ein Drittel der Betriebe im Gastgewerbe und 45 Prozent der Betriebe der Reisewirtschaft erst für die Zeit nach 2021. "Die Tourismuswirtschaft braucht dringend eine Perspektive, wie der Geschäftsbetrieb auch unter Corona-Bedingungen wieder möglich sein kann," plädiert Ipsen. 
Veröffentlicht am 17. November 2020