IHK-Konjunkturbericht - 3. Quartal 2022

Schleswig-Holsteins Wirtschaft unter Druck

Die Situation der Unternehmen in Schleswig-Holstein hat sich im dritten Quartal 2022 nochmals deutlich verschlechtert. Der Konjunkturklimaindex fällt von 84,7 auf 67,1 Punkte; nur zur Hochzeit der Coronakrise im Jahr 2020 war die Stimmung noch schlechter.
Der negative Indexwert ist vor allem auf pessimistische und unsicherer Zukunftsaussichten zurückzuführen. Die Auswertung der Umfrage zum dritten Quartal (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 330 KB) zeigt auch eine deutlich kritischere Einschätzung der aktuellen Lage als noch im Vorquartal. Der langjährige Durchschnittswert des Konjunkturklima-Index in Schleswig-Holstein liegt bei 109,7 Punkten.
„Der anhaltende Kostendruck lastet schwer auf den Betrieben. Von der angespannten wirtschaftlichen Lage sind alle Branchen betroffen. Hier schlagen sich das schlechte Konsumklima und die anhaltend hohe Inflation deutlich in der Lagebewertung und den Zukunftsaussichten nieder“, fasst Knud Hansen, Vizepräsident der IHK Schleswig-Holstein, die Ergebnisse der repräsentativen Umfrage zusammen.
Größter Risikofaktor für die Unternehmen bleiben die Energie- und Rohstoffpreise. Als riskant werden zudem die sinkende In- und Auslandsnachfrage bewertet. Die kritische Lage macht sich auch bereits leicht bei den Beschäftigungs- und etwas stärker bei den Investitionsabsichten bemerkbar. Die Unternehmen passen ihre Planungen entsprechend an. Dabei setzt sich der Abwärtstrend aus dem Vorquartal fort: Knapp 37 Prozent der Unternehmen wollen ihre Investitionen zurückfahren; im letzten Quartal lag dieser Anteil noch bei 24 Prozent.
Nach wie vor ist eine der größten Herausforderungen das knappe Arbeitskräfteangebot. 68 Prozent der befragten Betriebe gaben an, offene Stellen nicht besetzen zu können. Nur 28,4 Prozent der Unternehmen suchen nach geringqualifizierten Angestellten. Gefragt sind vor allem Mitarbeitende aller Qualifikationsstufen: (Fach-)Hochschulabsolventen (42,8 Prozent), Fachwirte (42,5 Prozent), Absolventen einer dualen Berufsausbildung (43,2 Prozent), aber auch Schulabgänger, die eine Ausbildung beginnen (43,3 %). Von der Politik wünschen sich die Unternehmen bessere Rahmenbedingungen, um die Fachkräftesituation in ihren Betrieben zu verbessern. Am häufigsten genannt wird dabei der Bürokratieabbau, damit Beschäftigte mehr Zeit für ihre eigentliche Tätigkeit haben (49,5 Prozent). Die Unternehmen sprechen sich aber auch die Stärkung der beruflichen Bildung durch eine praxisorientierte Berufsorientierung und die Aufwertung der Berufsschulen aus (48,4 Prozent), ebenso für Erleichterungen bei der Einstellung ausländischer Fach- und Arbeitskräfte (36,6 Prozent).
„Die Lage für die Unternehmen in Schleswig-Holstein ist kritisch. 80 Prozent der Betriebe sehen in den explodierenden Strom- und Energiepreisen ein massives Risiko. Sie benötigen für ihre Planung jetzt verbindliche politische Aussagen zu Entlastungen und Härtefallregelungen. Nur so können wir Unsicherheiten beseitigen und den Unternehmen schnell wieder eine Perspektive geben“, so Knud Hansen. Zudem sei es dringend an der Zeit, die Kosten für den Um- und Ausbau der Energienetze bundesweit gerecht zu verteilen: „Länder wie Schleswig-Holstein, die einen wesentlichen Beitrag zum Erreichen der bundesweiten Klima- und Ausbauziele für Erneuerbare Energien leisten, werden besonders benachteiligt. Eigentlich müsste das System umgekehrt sein.“
Veröffentlicht am 3. November 2022