IHK-Konjunkturbericht - 3. Quartal 2020

Erholung nach dem Corona-Totalabsturz setzt sich fort

Die Stimmung der Unternehmen in Schleswig-Holstein hat sich erneut verbessert: Im dritten Quartal stieg der Konjunkturklimaindex der IHK Schleswig-Holstein von 84,4 auf 98,2 Punkte. Damit liegt er zwar noch immer unter dem langjährigen Durchschnitt von 110,8 Zählern. Allerdings konnte sich die Wirtschaft in Schleswig-Holstein seit dem krisenbedingten Einbruch im ersten Quartal zügig wieder stabilisieren. 
Ein Drittel der Unternehmen schätzt die aktuelle Geschäftslage als gut ein. Nur noch jedes fünfte bewertet sie als schlecht – im Vorquartal traf dies noch auf jeden dritten Betrieb zu. Robust zeigt sich auch die Finanzlage, denn 71 Prozent spüren keine Beeinträchtigung ihrer Liquidität. Von 38 auf 31 Prozent sank der Anteil der Unternehmen, die damit rechnen, dass sich ihre Geschäfte verschlechtern. Desgleichen legten auch die Exporterwartungen zu; knapp 18 Prozent rechnen mit steigenden Ausfuhren (Juni: 14 Prozent). "Betriebe vieler Branchen sind von geschäftlicher Normalität noch weit entfernt – und steigende Infektionszahlen bereiten besonders stark betroffenen Branchen wie dem Reise- und Veranstaltungsgewerbe große Sorgen. Insgesamt setzt sich die erfreuliche Erholung nach dem Corona-Totalabsturz im Frühjahr aber fort", sagt Friederike C. Kühn, Präsidentin der IHK Schleswig-Holstein. 
Die Branchenergebnisse spiegeln den positiven Trend wider: So schätzt rund ein Drittel der Industrieunternehmen seine aktuelle Situation als gut ein (Juni: 18 Prozent). Dies ist vor allem auf gestiegene Auftragseingänge zurückzuführen. Im dritten Quartal verzeichneten 32 Prozent ein höheres Auftragsaufkommen, im zweiten Quartal galt dies nur für jedes zehnte Unternehmen (11 Prozent). Im Einzelhandel hat sich die Stimmung ebenfalls aufgehellt. Hier berichtet rund ein Drittel über gut laufende Geschäfte (Vorquartal: 19 Prozent). In der Dienstleistungsbranche hat sich die Momentaufnahme verbessert: Vier von fünf Befragten berichten von einer guten oder befriedigenden Geschäftslage (Vorquartal: 70 Prozent). Dagegen zeigt sich die Bewertung im Großhandel durchwachsen: 37 Prozent beurteilen ihre Ertragssituation als schlecht, vier von zehn Unternehmen beklagen Umsatzrückgänge. Eine Verbesserung der Geschäftssituation erwartet jeder zehnte Befragte. Weiterhin unter der Krise leidet die Transport- und Logistikbranche, die Zukunftsaussichten sind getrübt.
Gegenüber dem Vorquartal verbesserten sich auch die Beschäftigungsabsichten. 12 Prozent der Unternehmen stellen sogar steigende Beschäftigungszahlen in Aussicht. "Was die Investitionspläne angeht, zeigen sich die Unternehmerinnen und Unternehmer nach einer längeren Phase des Zögerns erfreulicherweise wieder optimistischer", stellt Kühn fest. Während im Frühjahr die Mehrheit noch einen Rückgang voraussagte, rechnen nun gut 70 Prozent damit, ihr Investitionsniveau mindestens konstant zu halten. Jeder fünfte Betrieb plant, im kommenden Geschäftsjahr sogar mehr zu investieren. Das Hauptmotiv ist dabei in allen Branchen der Ersatzbedarf; knapp 35 Prozent gaben an, in Produktinnovationen investieren zu wollen. In den Umweltschutz will vor allem das Verkehrsgewerbe investieren. Jedes dritte Unternehmen in dieser Branche plant entsprechende Ausgaben. 
Nach wie vor beeinflusst die Coronakrise die Risikoeinschätzung. Dabei bildet die Inlandsnachfrage (57 Prozent) weiterhin das größte Geschäftsrisiko, gefolgt von wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen (52 Prozent). Die Unsicherheit des Fachkräftemangels wird zwar weiterhin niedriger eingeschätzt als vor der Krise, jedoch rückt der Faktor wieder stärker ins Bewusstsein – fast die Hälfte schätzt ihn als Risiko ein (Vorquartal: 40 Prozent). Im produzierenden Gewerbe zeigt sich zudem die Abhängigkeit von internationalen Märkten; die Auslandsnachfrage bewerten 38 Prozent als Risiko. 
Für die meisten Unternehmen sind die Auswirkungen der Coronakrise inzwischen besser einschätzbar; nur neun Prozent stimmen dem nicht zu. Drastische Umsatzausfälle von mehr als 50 Prozent hält im Gegensatz zum ersten Halbjahr kaum noch ein Unternehmen für wahrscheinlich; jedes fünfte rechnet mit einem Umsatzeinbruch von 10 bis 25 Prozent, Umsatzrückgänge um maximal ein Zehntel erwarten 17 Prozent der Befragten. Fast jedes vierte Unternehmen rechnet mit Umsatzsteigerungen. Die große Mehrheit arbeitet zurzeit wieder auf oder sogar über dem Vorkrisenniveau. Bei den übrigen Unternehmen, die das Vorkrisenniveau noch nicht erreicht haben, gehen die Einschätzungen auseinander. Die meisten rechnen nicht vor dem zweiten Quartal 2021 damit, zur Normalität zurückzukehren. 
"Zwar zeigt die schleswig-holsteinische Wirtschaft im dritten Quartal einen deutlichen Trend zur Erholung. Allerdings sehen wir an den jüngsten Entwicklungen in der Corona-Pandemie auch, dass diese Erholung noch sehr fragil ist", sagt Kühn. Große Risiken bestünden weiterhin – zum Beispiel eine mögliche Welle von Unternehmensinsolvenzen oder Auswirkungen weiterer pandemiebedingter Einschränkungen. "Unternehmerinnen und Unternehmer in Schleswig-Holstein haben in den vergangenen Monaten kluge Ideen und teilweise ganz neue Geschäftsfelder entwickelt. Sie haben sich mit Flexibilität und Kraft gegen diese Krise gestemmt. Dennoch bleibt abzuwarten, ob der positive Trend im nächsten Quartal und über den Jahreswechsel hinaus anhält", so das Fazit der IHK-Präsidentin. 
Veröffentlicht am 21. Oktober 2020