IHK-Talk mit Straubhaar & Probst

Mit den Surf-Zwillingen als "Glücksbotschafter" auf dem Weg zum Sportland

"Sportland Schleswig-Holstein" - allein der Titel sei Marketing und Image-Gewinn für den Norden. "Mit einer landesweiten Strategie können wir dieses von der Landesregierung im Koalitionsvertrag festgehaltene Ziel erreichen. Der Vertrag enthält vier Seiten zum Sport. Daher habe ich die Hoffnung, dass es nach Jahrzehnten aufwärts geht mit dem Sport." Das sagte Hans-Jakob Tiessen, Präsident des Landessportverbands Schleswig-Holstein, in der Veranstaltung "FOKUS Wirtschaft - Straubhaar & Probst mit Gästen". 
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Bereits zum vierten Mal moderierte das Team Professor Dr. Thomas Straubhaar, ehemaliger Leiter des Hamburgischen WeltWirtschaftsInstituts (HWWI), und Dr. Arno Probst, Vicepräses der IHK zu Lübeck, die wirtschaftspolitische Talkveranstaltung der IHK. In der Trinkkurhalle in Timmendorfer Strand stand das Thema "Wirtschaft und Sport - Die integrative Kraft des Sports in der Gesellschaft" auf dem Programm.
Tiessen betonte, dass der Sport für Integration in jeder Hinsicht stehe. In Schleswig-Holstein gebe es rund 2.600 Vereine mit insgesamt einer Million Mitglieder. Bei diesem umfangreichen Angebot sei für jeden etwas dabei. Es gebe sogar einen Skiverband mit 2.000 Mitgliedern. Insgesamt engagieren sich rund 168.000 Menschen ehrenamtlich für den Sport, als Trainer, Helfer oder Vereinsvorstände. "Der Wert ihrer Leistung liegt bei 180 Millionen Euro pro Jahr. Wo stünde unser Land ohne dieses Engagement?", fragte Tiessen. Es sei an der Zeit, die Leistungen stärker als bisher zu würdigen. Das vor allem vor dem Hintergrund eines Engagements für Jugendliche, die dank der Einbindung in feste Strukturen auch Teamplayer in Ausbildung und Beruf werden. Mit einem Gesamtvolumen in Höhe von mehr als fünf Milliarden Euro und steigender Tendenz sei der Sport ein "starker Faktor" für Wirtschaft und Gesellschaft, betonte der Präsident.
Zwei, die eine Sportart geprägt und damit Wertschöpfung in Schleswig-Holstein geschaffen haben, sind Manfred und Jürgen Charchulla, die sogenannten Surf-Zwillinge von Fehmarn. Ende der 1960-er Jahre reisten sie um die Welt und nahmen an Windsurfing-Events teil. "Als wir uns 1973 zum ersten Mal mit 150 Surfern aus aller Welt auf Sylt trafen, war das etwas Großes", erinnerte sich Manfred Charchulla an die Anfänge. In der Zwischenzeit ist Windsurfing ein Spitzensport geworden. Die Brüder haben für ihre Leidenschaft ihre Laufbahnen als Schiffsoffiziere aufgegeben. Sie sind Unternehmer geworden und betreiben eine Surfschule auf Fehmarn.
Schleswig-Holstein sei ideal für Windsurfer, betonte auch Jürgen Charchulla. "Solche Küsten hat kaum ein anderes Land." Bei seiner Sportart komme es vor allem auf Wind an, den es so nicht an allen Küsten gebe. "Unser Sport entwickelt sich permanent weiter. Die Sportler werden verspielter. Früher haben sie drei Salti gemacht, heute sind es sechs", sagte er. Die Einzigartigkeit der Brüder hat die Talkrunde bereichert und das Publikum begeistert. Dr. Bettina Bunge, Geschäftsführerin der Tourismus-Agentur Schleswig-Holstein GmbH (TASH), sagte, das Land benötige für sein Marketing Originale wie die Charchullas, die authentisch seien und im Sinne des TASH-Konzeptes als "Glücksbotschafter" für das nördlichste Bundesland stünden.
Bunge empfahl, das Zusammenspiel von Sport und Tourismus weiter auszubauen. "Wir haben unterschiedliche Zielgruppen und daher kaum Überschneidungen", sagte sie. Zudem gelte es, eine Balance zwischen den Interessen der Schleswig-Holsteinern und ihren Gästen herzustellen. Urlauber sollen sich willkommen fühlen, aber es gelte, die Bewohner nicht abzuhängen und in ihrer Freizeitgestaltung einzuschränken. Das betreffe zum Beispiel Sportevents in Urlaubsgebieten, in denen die Gäste ihre Ruhe haben wollten. "Wichtig sei es, miteinander zu reden", so Bunge. Der Sport selbst sei in Schleswig-Holstein von herausragender Bedeutung, weil das Land allein mit seinen Küsten umfangreiche Möglichkeiten auch für Touristen biete, die es in anderen Bundesländern ohne Küsten nicht gebe.
Vor dem Talk hatte sich die Tourismuschefin in der Sitzung der IHK-Vollversammlung vorgestellt und ihr Konzept für den Tourismus präsentiert. Die Ausgangslage sei gut, Schleswig-Holstein verzeichne hohe Zuwachsraten im Tourismus. Im Ranking der Bundesländer stehe das Bundesland auf Platz 6. Unangefochten vorn liegt Bayern mit mehr als 94 Millionen Übernachtungen, gefolgt von Baden-Württemberg mit knapp 53 Millionen Übernachtungen. "Wir haben unser in der Tourismus-Strategie für 2025 gestecktes Ziel von 30 Millionen Übernachtungen im vergangenen Jahr fast erreicht", so Bunge. Der Tourismus mit 168.000 Beschäftigten erwirtschafte pro Jahr 9,5 Milliarden Umsatz in Schleswig-Holstein. 
Jetzt müsse das Land daran arbeiten, seinen Marktanteil von rund 6.5 Prozent zu erhöhen, betonte Bunge. Wichtig sei es, Auslandsmärkte zu erschließen. Besonders in Skandinavien sowie in der Schweiz und auch in Österreich erfreue sich das Land zwischen den Meeren großer Beliebtheit. "Wir haben noch großes Potenzial. Bisher haben wir viel Betrieb zwischen Mai und September. Daher müssen wir und als Ganzjahres-Destination präsentieren und Gäste für das Jahresende und den Jahresanfang gewinnen." Auch als Kongress- und Tagungsstandort sei Schleswig-Holstein attraktiv. Landesweit gebe es rund 350 Locations für Veranstaltungen jeder Größe. Sie warb bei den in der Vollversammlung vertretenen Unternehmern dafür, die Beratungsleistungen der TASH für Kongresse und Tagungen zu nutzen.
IHK-Präses Friederike C. Kühn betonte ebenfalls, dass Sport und Tourismus ihre Gemeinsamkeiten zur besseren Vermarktung des Standorts nutzen sollten. "Der Tourismus ist eine Schlüsselbranche für unser Land. Auch die Zahlen im Bereich Sport belegen die hohe Wirtschaftskraft, die eine Millionen Mitglieder in den Vereinen aufbringen. Der Sport in Schleswig-Holstein ist aber weit mehr als nur ein Freizeitvergnügen. Neben seiner hohen gesellschaftlichen Gestaltungsfunktion repräsentiert er auch einen bedeutenden und dynamisch wachsenden Wirtschaftszweig in unserem Land."
Veröffentlicht am 20. Juni 2018