Grüne Logistik (Juli 2013)

Effizienz statt Emissionen

Sie gilt als eines der Topthemen der Logistikbranche und rückt besonders durch die Diskussion um den Klimawandel stärker in den Fokus: grüne Logistik. Ziel ist es, ökonomisch und ökologisch effizient zu agieren, um einen nachhaltigen Unternehmenswert zu schaffen.
Für Logistikunternehmen ist es inzwischen auch eine strategische Entscheidung, sich dem Thema zu widmen. Nicht zuletzt weil sich grüne Logistik zunehmend zu einer Frage der künftigen Wettbewerbsfähigkeit entwickelt. Im Hinblick auf die Klimaziele der Bundesregierung steht die Logistikbranche unter Druck, die Treibhausgasemissionen deutlich zu senken. Auch aus wirtschaftlicher Sicht ist es sinnvoll, beispielsweise die Energieeffizienz zu verbessern, zumal vor allem die Dieselkraftstoffpreise stetig steigen.
"Wir handeln umweltgerecht aus Überzeugung, aber auch weil unsere Kunden vermehrt nach grüner Logistik fragen", sagt Frank Schnabel, Geschäftsführer von Brunsbüttel Ports. Der Hafen arbeitet zurzeit im Rahmen des Umweltmanagementsystems Ecoports an der Umweltzertifizierung Port Environmental Review System (PERS). Dabei werden Messgrößen, die klar ermittelbar sind, definiert, die sich auf alle Emissionsfragen wie Lärm, Luft oder Schiffsabgase beziehen. Zudem hat Brunsbüttel Ports vor über einem Jahr den Environmental Ship Index (ESI) für den Elbehafen und die am Nord-Ostsee-Kanal gelegenen Häfen Ostermoor und Ölhafen eingeführt. ESI bildet einen internationalen Standard, der Schiffsemissionen vergleichbar macht. Danach können sich Schiffseigner und Reeder auf freiwilliger Basis ihre Schiffe einstufen lassen. Je höher der ESI-Wert, desto umweltfreundlicher ist das Seeschiff. "Wir lassen uns das Zertifikat zeigen und gewähren einen Rabatt auf die Hafengebühren", erläutert Schnabel.
Ab 1. Januar 2015 sind neue Schwefelgrenzwerte für die Schifffahrt in der Nord- und Ostsee vorgesehen. Dann darf der Schwefelanteil in Schiffsabgasen nur noch maximal 0,1 Prozent statt bisher ein Prozent betragen. Um die Grenzen einzuhalten, müssen entweder Abgasreinigungsanlagen, sogenannte Scrubber, auf den Schiffen installiert oder alternative Schiffstreibstoffe wie das Flüssigerdgas LNG verwendet werden. "Unserer Ansicht nach wird sich LNG als Schiffstreibstoff der Zukunft etablieren", sagt der Hafenchef. Deshalb plant Brunsbüttel Ports zurzeit mit einem norwegischen Partner die Errichtung einer LNG-Bunkerstation im Elbehafen, mit dem Ziel - je nach Bedarf -, ab 2015 LNG anbieten zu können.
Öko-Landstrom
Die Reederei Color Line beschäftigt sich längst intensiv mit dem Thema Schadstoffausstoß. "Wir werden unsere Schiffe 2014 mit der Scrubber-Technologie ausstatten", sagt Color-Line-Geschäftsführer Dr. Jörg Rudolph. Zwar werden die Schiffe auf hoher See dann nach wie vor mit Schweröl fahren, mit dem Scrubber - einer Art Katalysator - lässt sich der Schadstoffausstoß aber entsprechend reduzieren.
Mit seinen beiden Kreuzfahrtschiffen "Color Fantasy" und "Color Magic" bezieht der Anbieter von Mini-Kreuzfahrten in Oslo bereits seit einem Jahr Landstrom. Die Schiffe sind bereits umgerüstet. "Damit haben wir am Liegeplatz, wo wir Strom für Licht, Heizung und technische Anlagen benötigen, keinen Schadstoffausstoß mehr", betont Rudolph. Durch die Landstromversorgung reduziert das Unternehmen den jährlichen CO2-Ausstoß um 3.000 Tonnen. Die Emissionen von Stickoxiden werden um 50 und die von Schwefeldioxid um 2,5 Tonnen gesenkt. Der Strom ist zudem grün, denn er wird aus Wasserkraft gewonnen. Bis Ende 2013 soll es auch in Kiel Landstrom geben.
"Außerdem versuchen wir, allen Kunden die Anreise mit der Bahn schmackhaft zu machen", sagt der Color-Line-Chef. Sei es, dass Passagiere ein kombiniertes Ticket nutzen oder Güter über die Schiene im Hafen ankommen. Color Line transportiert etwa für Ford jährlich rund 20.000 Neuwagen nach Norwegen und Schweden. Rund drei Viertel der Fahrzeuge reisen mit dem Zug an.
Schiene stärken
Dass die Bahn im Landverkehr das ökologischere Transportmittel ist, bestätigt Jörg Ullrich, Geschäftsführer der ECL European Cargo Logistics aus Lübeck. "Immer mehr Kunden fragen nach dem ökologischen Fußabdruck ihrer Transporte", sagt er. Deshalb hat die Speditionsfirma im Rahmen einer Diplomarbeit ein Tool entwickelt, mit dem für jeden Transport auf den Verkehrsträgern Straße, Schiene und See ausgerechnet werden kann, welchen "Carbon Footprint" er hinterlässt. "Die reine Messung hilft natürlich nicht, den CO2-Ausstoß zu verringern", sagt Ullrich. Es sei aber deutlich erkennbar, welches Verkehrsmittel am wenigsten Schadstoffe verursache. Damit könne er beim Kunden argumentieren. Das Ziel: Transporte von der Straße auf die Schiene zu verlagern.
Bei der ECL, die die Gleisanlagen des Hafens nutzt, liegt der Bahnanteil heute bei rund 25 Prozent. "Wir gehen davon aus, dass wir den Anteil durch neue Produkte auf deutlich über 30 Prozent steigern können", sagt Ullrich. Und die Kunden machen mit, sofern der Bahntransport genauso teuer ist wie die herkömmliche Beförderung auf der Straße. "Den Nachteil, dass die Bahn nicht so flexibel ist, nehmen wir in Kauf, nutzen aber den Vorteil, dass man höhere Gewichte laden kann", erläutert der Spediteur. Die Vermeidung von Emissionen sei der erste Schritt für ökologischere Transporte.
Nicole de Jong
Veröffentlicht am 2. Juli 2013