Drei Fragen an ... (Oktober 2014)
... Tiit Laiksoo
Den drei Fragen der Wirtschaft stellt sich Tiit Laiksoo, der Produktmanager der Abteilung Verkehr der estnischen Hauptstadt Tallinn. Er berichtet über die Entwicklung und Finanzierung des kostenlosen öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) in der Hauptstadt.
Wie wird der - für Einwohner - kostenlose ÖPNV in Tallinn finanziert und wie haben sich die ursprünglichen Pläne in der Praxis entwickelt?
Ab der Einführung am 1. Januar 2013 sollte die Zahl der steuerpflichtigen Einwohner Tallinns steigen, was mit einer Zunahme von 16.000 bestätigt wurde. Nach konservativen Schätzungen bringen je 1.000 neue Einwohner der Stadt Einnahmen von einer Million Euro. Der freie ÖPNV kostet die Stadt circa zwölf Millionen Euro pro Jahr. Diese Einnahmen decken also sicher die kalkulierten Kosten. Keines unserer Bedenken bewahrheitete sich, das System funktioniert gut.
Welche Entwicklung nahmen die Fahrgastzahlen und der Verkehr abseits des ÖPNV?
Mit einer Steigerung von 9,6 Prozent traf die Prognose von zehn Prozent annähernd zu. Die Zunahme in den Regionalzügen übertraf sogar die Erwartungen. Innerhalb der Stadtgrenzen vervierfachten sich die Zahlen hier. Unabhängig vom schnellen Anstieg des privaten Autobesitzes (plus ein Drittel in den vergangenen vier Jahren) erhöhte sich der Autoverkehr nicht, je nach Saison ist sogar ein Rückgang zu beobachten.
Gibt es andere Städte, die sich bei Ihnen nach dem Tallinner Modell erkundigen?
Bemerkenswert ist der starke freie ÖPNV zum Beispiel in Polen und Frankreich. Mehrere Städte haben das System bereits eingeführt. Auch Warschau hat einen wesentlichen ersten Schritt gemacht und den Einwohnern große Nachlässe im ÖPNV gewährt. Nicht von ungefähr findet die Konferenz "Free Public Transport" vom 6. bis 8. November in Polen statt. Aber auch in Deutschland sehen wir kontinuierliches Interesse an freiem ÖPNV.
Zu den Positionen und Forderungen der IHK im ÖPNV
Veröffentlicht am 3. Oktober 2014