Alternative Schienenantriebe (November 2016)

Der Takt gibt den Ausschlag

Elektrische Antriebe sind eine zukunftsweisende Alternative für den Zugantrieb auch auf Nebenstrecken. Schleswig-Holstein hat dabei einen großen Vorteil: die kostenlose Energiequelle Wind.
Elektrifizierung von Bahnstrecken, egal auf welche Art, sei immer auch ein Infrastrukturthema, sagt Arnd Stephan, Professor für Elektrische Bahnen an der Technischen Universität Dresden. "Der Strom muss produziert, transportiert und womöglich umgewandelt werden." Drei realistische Optionen sieht er aktuell im Konzept der Oberleitung, in Zügen mit Brennstoffzelle und in einem neuentwickelten Diesel-Hybrid-Zug. Hinter dem Namen Eco-Train verbirgt sich - analog zu Autos - ein diesel-elektrischer Hybridantrieb. Ein Generator wandelt die vom Dieselmotor erzeugte oder beim Bremsen vorhandene kinetische in elektrische Energie um. Diese wiederum wird in Akkus zwischengespeichert und treibt den Zug elektrisch an. "In Tunneln und einigen Bahnhöfen ist ein reiner Dieselantrieb bereits verboten. Da ist ein Hybrid eine gute Alternative", erklärt Stephan, der an der Entwicklung des Zugs beteiligt ist. Bereits 2018 sollen 17 Hybridzüge auf Regionalstrecken fahren.
Fortgeschritten ist die Entwicklung auch beim Brennstoffzellenantrieb per Wasserstoff, dem sogenannten Hydrail. Dabei wird mittels eines Elektrolyseurs Strom in Wasserstoff umgewandelt, der wiederum mit einer Brennstoffzelle den Zug elektrisch antreibt. "Hierzu müssen allerdings die Transportwege organisiert werden, da der Wasserstoff nicht an Tankstellen erzeugt wird." Einen wesentlichen Vorteil, der für alle elektrischen Antriebskonzepte gilt, sieht Stephan speziell in Schleswig- Holstein. "Wenn man den Strom aus einer kostenlosen Primärenergiequelle wie Wind gewinnt, sinken die Betriebskosten enorm." Hinzu komme, dass der Wasserstoff für eine wirtschaftliche Nutzung auch in Bussen und Taxis genutzt werden sollte, erklärt Stephan. Hydrail sei insbesondere im Regionalverkehr interessant, da die Fernverkehrsstrecken mit Oberleitung elektrifiziert seien.
Ob Hybridzug oder Hydrail, der aus technischen Gründen auch einen Akku benötigt, ist kostentechnisch nicht entscheidend. "Teuer sind im Wesentlichen die Akkus und die notwendige Ladebeziehungsweise Tankinfrastruktur für Brennstoffzellen. Aber die Akkus werden günstiger und die Leistung steigt", so Stephan. Eine weitere Option sei die Installation von Oberleitungen. Trotz durchschnittlicher Kosten von rund einer Million Euro pro zweigleisigem Bahnkilometer rechne sich diese Möglichkeit. Denn: "Die Wirtschaftlichkeitsrechnungen betrachten oft nur einen Zeitraum von zehn Jahren. Die Oberleitungen haben aber eine Lebensdauer von 70 bis 80 Jahren, ein Akku liegt bei nur acht Jahren." Allerdings sei eine Zugtaktung von 15 bis 20 Minuten notwendig. Gerade dort, wo nur einmal die Stunde ein Zug fahre, lasse sich das Oberleitungskonzept kaum wirtschaftlich betreiben.
Daniel Kappmeyer
Veröffentlicht am 4. November 2016