Husum: Gewerbebau Nord

Baustelle 4.0

Ein Smartphone hat ein Bauleiter immer in der Tasche. Wer für die Gewerbebau Nord GmbH im Einsatz ist, holt auf der Baustelle noch viel Spannenderes hervor. Digitalisierung auf dem Bau – ein Musterbeispiel.
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Von links: Uwe Hoffmann, Rudolf Apeldorn und Lukas Schlichte von der Gewerbebau Nord GmbH © Leonie Ratje
Vielerorts wirkte Corona wie ein Digitalisierungskatalysator. Die Gewerbebau Nord mit Sitz in Husum und im niedersächsischen Rotenburg benötigte dafür keine Pandemie. Es genügte die Verärgerung von Rudolf Apeldorn. Weil eine junge Wissenschaftlerin – lange bevor Lockdowns, Social Distancing und Homeoffice-Pflicht die Welt auf den Kopf stellten – behauptet hatte, ältere Manager seien nicht in der Lage, Digitalisierung im Mittelstand umzusetzen. „Und ob ich das kann“, dachte der Industriebauer und legte los. „Digitalisierung ist nichts, was passiert. Wir müssen sie machen.“ Drei Jahre später fliegen Drohnen mit ausgefeilter Messtechnik über die Gewerbebau-Baustellen. Die Monteure tragen Helme, Sicherheitsschuhe und Virtual-Reality-Brillen.
2019 beantragte die Gewerbebau Nord Fördermittel aus einem Digitalbonus-Programm in Niedersachsen. Mit dem Geld kauften Diplom-Ingenieur Rudolf Apeldorn und Betriebswirt Uwe Hoffmann Smartphones, Tablets, Rechner, Monitore und Kommunikationssoftware für die rund 40 Mitarbeiter in Rotenburg und Husum. „Während der Lockdowns blieben wir arbeitsfähig, weil wir die Technik längst beherrschten“, sagt Uwe Hoffmann.
Um die 20 Projekte realisiert das Bauunternehmen pro Jahr im norddeutschen Raum und bietet dabei alle Bau- und Planungsleistungen aus einer Hand. Ob Lager- und Produktionshallen, repräsentative Bürogebäude oder Schulungsräume: Gewerbebau Nord baut moderne Gewerbeimmobilien mit effizienten Energiekonzepten aus industriell vorgefertigten Elementen. Die tragende Stahlkonstruktion fertigt das Tochterunternehmen Stahlbau Nord in Rotenburg. „Viereckige Hallen bauen viele“, sagt Uwe Hoffmann, „bei uns ist richtig, wer das Besondere sucht.“
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Lukas Schlichte von der Gewerbebau Nord GmbH demonstriert die Nutzung einer Wärmebild-Kamera. Mit dieser erkennt der Betrieb thermische Schwachstellen am Bau. © Leonie Ratje
Den Digitalisierungsprozess haben die Chefs mit ihrem Team freilich nicht angestoßen, um zu beweisen, dass sie es können. Sie wollen bestmögliche Arbeitsbedingungen. Dazu gehören möglichst kurze Fahrten für die Baustellenteams, Elektro-Dienstwagen, flexible Arbeitszeitmodelle, helle Büroräume, Smartphones für alle, modernste Konstruktions-Programme oder Homeofficetage. Mit dem Einzug der neuen Kommunikationstechnik kam auch das papierlose Büro. „Win-win: Wir senken Kosten und leisten einen Beitrag zum Umweltschutz“, sagt Rudolf Apeldorn. 80 Prozent weniger Baupläne druckt die Gewerbebau Nord seitdem. Die verbleibenden 20 Prozent gingen an Behörden und Prüfstellen.
Um digitale Technik auch auf die Baustelle zu bringen, beantragte das Bauunternehmen eine weitere Förderung auf Bundesebene. Die langwierige Antragstellung sei eine eigene Geschichte, sagt Rudolf Apeldorn. Die Zusage kam, das Geld erst Jahre später. Der Frust über so manchen Behördenunsinn bleibt.
Digitalisierung erhöht die Effizienz und die Qualität auf dem Bau.

Rudolf Apeldorn, Gewerbebau Nord

Voran geht es dennoch. Digitale Bauwerksdatenmodellierung (englisch: Building Information Modelling, kurz BIM) ist für die Gewerbebau Nord schon längst Alltag. Heute nutzt das Unternehmen die Datenbasis viel breiter. Virtuelle 3D-Modelle erlauben Planern, Statikern, Architekten oder Kunden einen plastischen Eindruck der Objekte, noch ehe sie gebaut sind. Wer die VR-Brille auf die Nase setzt, betritt gleichsam den Bau. Die futuristisch anmutenden Brillen können aber noch viel mehr. Sie bringen die Baustelle in den Besprechungsraum. Eine Person vor Ort setzt die Brille mit Kamera auf; ihre hochauflösenden Aufnahmen werden dann live auf die Bildschirme der Zuschauer übertragen. Baubegehung 4.0. „Wir sind effizienter, weil niemand losfahren muss“, sagt Rudolf Apeldorn. Auf der anderen Seite könne das Baustellenteam dank der Live-Übertragung schnell um Rat fragen und direkt zeigen, wo das Problem ist.
Zur Effizienzsteigerung tragen auch die Drohnen bei, die seit 2022 für die Gewerbebau Nord fliegen. Viele Mitarbeiter haben einen Drohnen-Führerschein gemacht. Die Flieger kommen bei der Einmessung von Grundstücken zum Einsatz oder fliegen baubegleitend über Baustellen, um den Fortgang zu dokumentieren. Jüngst haben Drohnen maßgeblich dazu beigetragen, eine Dachsanierung schnell umzusetzen und Photovoltaik- Anlagen zu kontrollieren. Ausgestattet mit einer Wärmebild-Kamera erkennen sie außerdem thermische Schwachstellen. Auch für prüfende Behörden werden Drohnenbilder immer interessanter. „Digitalisierung erhöht die Effizienz und die Qualität auf dem Bau“, sagt Rudolf Apeldorn. Spaß macht sie außerdem.
Leonie Ratje

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