Standort

Die Chancen des Meeres

Der Zustand der Weltmeere ist weiterhin besorgniserregend. Doch wie und wo ansetzen, um das Ökosystem der Ozeane zu entlasten? Schließlich ist die Problematik komplex: Neben Plastikmüll sind zum Beispiel auch Munitionsabfälle aus den Weltkriegen, schlecht betriebene Fischzucht und noch vieles mehr bedrohlich für das Leben im und am Wasser.
Antworten auf diese Fragen wollen künftig die Akteure des Ocean Technology Campus (OTC) in Rostock finden. Die im Aufbau befindliche Struktur bringt auf dem Gelände des Rostocker Fracht- und Fischereihafens Forscher und Unternehmer zusammen, damit sie gemeinsam Projekte erarbeiten und umsetzen. Der zentrale Gedanke dabei: mit nachhaltigen Technologien und Verfahren das Potenzial des Meeres nutzen, ohne es zu schädigen. „Insgesamt schauen wir in Deutschland zu wenig auf die Chancen, die das Meer uns bietet“, sagt Uwe Freiherr von Lukas, Professor an der Universität Rostock und zudem Koordinator der Fraunhofer-​Gesellschaft für die Unterwassertechnologien. Diese beiden Forschungsorganisationen sind die wesentlichen Wissenschaftsakteure bei der Umsetzung der Campusidee.
Laut von Lukas stehen die Themen Windenergie und Rohstoffe hierzulande stark im Fokus. Doch auch wenn beides seine Berechtigung hat, gebe es noch viele weitere Themen, die bearbeitet werden müssten. „In Sachen Ernährung haben wir zum Beispiel großen Nachholbedarf“, betont der Wissenschaftsmanager. „Generell ist es wichtig, dass wir den Umweltzustand der Meere, und hier speziell der Ostsee, wieder so herstellen, dass wir gerade als Tourismusland auch in Zukunft gute Bedingungen bieten können.“ Ideen dazu gebe es viele, doch die Umsetzung sei nur mit der richtigen Meerestechnik möglich. Dementsprechend sollen innovative private Unternehmen die Forschung vor Ort ergänzen.
Eine der ersten produzierenden Firmen des Netzwerkes war Kraken Power aus Bentwisch. Das Unternehmen stellt Batterie- und Antriebssysteme für Unterwasserfahrzeuge her. Ebenfalls mit an Bord ist der Baltic Taucherei- und Bergungsbetrieb, der insbesondere über große Expertise bei der Munitionsbergung verfügt. Aktuell läuft die Suche nach weiteren Partnern aus der Wirtschaft. Die Zusammenarbeit mit den maritim ausgerichteten Unternehmen der Region leuchtet schon von Hause aus ein. Doch Uwe von Lukas appelliert auch an Unternehmen, die auf den ersten Blick nichts mit dem Wirtschaftszweig zu tun haben.
„Die Kompetenzen aus anderen Märkten, wie zum Beispiel dem Energiesektor, wären ein großer Gewinn für uns“, sagt von Lukas. „Die Entwicklung neuer Geschäftsfelder ist ein Ziel, das wir uns hier auch gesetzt haben.“ Zudem sei der OTC ein Ort, an dem Startups optimale Entwicklungsmöglichkeiten hätten. Die Zusammenarbeit zwischen neuen und etablierten Unternehmen ist sogar ein essenzieller Teil der Grundidee des OTC. Wirtschaftliche Konkurrenz soll dabei in den Hintergrund treten, damit die verschiedenen Partner ihre jeweiligen Kompetenzen miteinander teilen können.
Eine Ansiedlung am Standort ist laut von Lukas nicht zwingend erforderlich, um Teil des OTC zu sein. Doch letztlich würde das die Umsetzung der Netzwerkidee deutlich erleichtern. „In der Praxis wollen wir, dass sich die Partner gegenseitig mit Technik aushelfen. Wer gerade einen Kran frei hat, kann einem anderen Unternehmen dabei helfen, damit etwas ins Wasser zu lassen. Auch Manpower kann untereinander ausgetauscht werden. Die Bündelung des Fachwissens und des Equipments kann vieles voranbringen“, so der Experte von Fraunhofer. Um den Austausch voranzutreiben, soll es Workshops und Netzwerkveranstaltungen geben. In diese sollen auch alle eingebunden werden, die ein generelles Interesse an der Arbeit des OTC haben.
Ein weiteres Ziel des OTC ist die Förderung des fachlichen Nachwuchses. So sollen Studienmöglichkeiten ausgebaut und Ausbildungsgänge gestärkt werden. So gebe es die Idee, die Ausbildung für Piloten von Unterwasserfahrzeugen am Standort aufzubauen. Bislang würden die hiesigen Unternehmen diesbezüglich gezwungenermaßen ins Ausland orientieren, zum Beispiel nach Schottland.
Einen großen Schub hat der OTC durch den Gewinn des „Clusters4Future“-Wettbewerbs des Bundesministeriums für Bildung und Forschung bekommen. Damit wird die Entwicklung des Campus in den nächsten drei Jahren mit 15 Millionen Euro aus der Zukunftscluster-​Initiative gefördert. Mit dem Geld sollen unter anderem konkrete Projekte der einzelnen Akteure weiterentwickelt sowie übergreifende Prozesse zum Innovationsmanagement oder auch der Nachwuchssicherung etabliert werden.
Christina Milbrandt

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