Durchstarter

Wenn die Cola durch das Schilf fließt

Etwas Sinnvolles tun, das etwas bei den Menschen verändert und auch Spaß bringt – mit dieser Grundhaltung gingen Hannes Subklew und Philipp Stein ihre ersten Schritte Richtung Selbstständigkeit.
„Wir wussten, dass wir zusammen etwas machen wollen, etwas Eigenes und haben mindestens ein halbes Jahr Ideen gewälzt“, erzählt Hannes Subklew. Ein Urlaub in Polen zündete Ende 2019 schließlich den entscheidenden Funken. „Wir tranken Gin Tonic aus Metall-​Strohhalmen und haben festgestellt, dass das überhaupt nicht schmeckt. Dann kam die Frage auf, ob es nicht noch andere Alternativen zum Plastikhalm gibt.“
DSC_3560
Nach einigen Recherchen stießen die beiden Rostocker auf eine Dokumentation über ein Unternehmen in Skandinavien, das Strohhalme aus Schilf herstellt – und waren gleich Feuer und Flamme. „Das gab es bei uns bis dahin noch nicht. Außerdem wussten wir, dass wir mit der Gastronomie und Hotellerie eine spannende Zielgruppe bedienen könnten“, sagt Hannes Subklew, der vorher im Vertrieb sowie als Bereichsleiter eines Möbelhauses arbeitete.
Produktion mit Zugeständnissen
Und so ließen die beiden ihr Vorhaben konkret werden, tüftelten vier Monate lang an den Details. Ein Thema, das sie während dieser Zeit sehr beschäftigte war die Frage nach der Herkunft des Schilfs, das sie für die Produktion verwenden wollten. Es sei ihre Traumvorstellung gewesen, die hiesigen Boddenlandschaften abzuernten, um ein vollkommen regionales Produkt zu haben, sagt Hannes Subklew. Das Problem: Die Qualität war einfach nicht gut genug.
Deswegen mussten sich die Jungunternehmer schließlich doch ins Ausland orientieren. Über Kontakte stießen sie auf einen Schilfbauern aus der Türkei, von dem sie nun jährlich zwei Container Schilf – das besonders groß und stabil ist – importieren. „Dieses Zugeständnis mussten wir machen“, sagt Hannes Subklew. „Aber wir achten sehr darauf, dass die Arbeitsbedingungen auch in Ordnung sind. Ich bin damals direkt dorthin geflogen und habe mir ein Bild von allem gemacht.“
Die eigentliche Herstellung der nachhaltigen Halme ist aber wieder eine regionale Angelegenheit. Dafür kooperieren die Gründer mit mehreren Behindertenwerkstätten. Diese liefern die fertigen Halme dann zum Unternehmenssitz nach Roggentin, wo sie verpackt und verschickt werden. Der Strom an fertiger Ware ist mittlerweile stetig, damit die Nachfrage so schnell wie möglich bedient werden kann. Und diese ist, nachdem die offizielle Gründung mitten im zweiten Lockdown 2020 stattfand, aktuell ziemlich gut.
Ende des Lockdowns bringt Erfolg
„Als wir im August 2020 endlich mit Unternehmen aus Gastronomie und Hotellerie sprechen konnten, war das natürlich ein denkbar ungünstiger Zeitpunkt. Unsere GmbH gibt es seit Oktober 2020 und im Dezember haben wir dann unseren Onlineshop scharf geschaltet“, berichtet Hannes Subklew. Interesse habe es schon von Anfang an gegeben, durch die Stilllegung eines wesentlichen Teils der Zielgruppe war der Handlungsspielraum allerdings erst einmal stark eingeschränkt. Dennoch konnte Rohalm auch schon in der Anfangsphase erste Kooperationen abschließen, vor allem mit inhabergeführten Geschäften in Rostock und Umgebung.
Erst im Mai dieses Jahres konnte die Akquise im Bereich Hotellerie und Gastronomie richtig losgehen, sagt Hannes Subklew. Von da an seien die Geschäfte mehrere Monate lang richtig gut gelaufen, Restaurants und Hotels in ganz Mecklenburg-​Vorpommern beziehen die Halme. Im Onlineshop beginnt laut Hannes Subklew aktuell schon so langsam das Weihnachtsgeschäft. „Wir bedrucken die Halme auch individuell, das wird sehr stark nachgefragt. Vor allem von Privatpersonen, die schon auf der Suche nach Geschenken sind.“
Der Traum von der eigenen Schilf-​Ernte
Nachdem die ersten Hürden geschafft sind, soll sich Rohalm in Zukunft noch weiterentwickeln. Geplant ist unter anderem die Erweiterung des Sortiments, das sich noch auf die Schilfhalme sowie zwei weitere Halmvarianten – aus Maisstärke und Wildgras – beschränkt. „Wir denken da an Teller, Eislöffel und vieles mehr, was den ökologischen Fußabdruck im Einweg-​Bereich so klein wie möglich hält“, verrät Hannes Subklew. Aber auch Mehrwegprodukte sollen bald verstärkt eine Rolle spielen. Diese können sich ab 2023 als großer Erfolgsfaktor für das Unternehmen erweisen. Denn dann greift für Gastronomiebetriebe die Mehrwegpflicht. Allen Kunden muss demnach zusätzlich zur Einwegverpackung auch eine Mehrwegvariante angeboten werden.
Wir wollen uns bewusst weiterentwickeln, aber auch langsam, damit wir uns nicht übernehmen. In jedem Fall hören wir nicht auf, an uns zu arbeiten.

Hannes Subklew, Mitgründer von Rohalm

In die Zukunftspläne hinein spielt auch weiterhin die Frage nach dem richtigen Schilf. Noch haben die Gründer den Traum vom regionalen Ursprung nicht aufgegeben. „Es ist tatsächlich möglich, dass so großes und dickes Schilf, wie wir es brauchen, auch hier in Deutschland wächst. Die klimatischen Bedingungen sind gut“, sagt Hannes Subklew. Um das für sich zu nutzen, wollen die Unternehmer regionale Moorflächen bepflanzen. „Diese können für unsere Bauern bislang keine Produkte hervorbringen, die sich wirtschaftlich lohnen. Wir hoffen, dass wir bis spätestens 2023 ein erstes Anbaufeld haben.“
Bis dahin arbeitet Rohalm daran, in Mecklenburg-​Vorpommern zu einem etablierten Namen zu werden. Dass Netzwerkarbeit dafür essenziell ist, hat Hannes Subklew längst erkannt. Die Rostocker Wirtschaftsjunioren und die IHK-​Ausschüsse hat der junge Geschäftsführer schon als geeignete Plattformen für sich entdeckt.
Um auch digital auf sich aufmerksam zu machen, gibt es seit kurzem einen komplett neuen Internetauftritt, finanziert durch das Förderprogramm DigiTrans. „Wir wollen uns bewusst weiterentwickeln, aber auch langsam, damit wir uns nicht übernehmen. In jedem Fall hören wir nicht auf, an uns zu arbeiten.“
Christina Milbrandt
IHK zu Rostock
Ernst-Barlach-Str. 1-3
18055 Rostock
Tel.: 0381 338-0
Fax: 0381 338-617
info@rostock.ihk.de

Geschäftsstelle Stralsund
Heilgeiststr. 34
18439 Stralsund
Tel.: 0381 338-0
Fax: 0381 338-809
info@rostock.ihk.de