Durchstarter

Traumjob zwischen Tüll und Tischdeko

Die Rostockerin Melanie Schmidt ist gerade mal 20 Jahre alt, als sie den Entschluss fasst, sich selbstständig zu machen. „Etwas Eigenes wollte ich schon immer machen“, erzählt die heute 23-​Jährige.
Den Anstoß, den Traum endlich Wirklichkeit werden zu lassen, gab dann die Hochzeit ihrer Schwester. Denn diese habe mit den Vorbereitungen des großen Tages so viel zu tun gehabt, sei für die Kleidersuche sogar von Hamburg nach Düsseldorf gefahren. Da habe sie zum ersten Mal bewusst mitbekommen, was zukünftige Brautpaare alles auf sich nehmen für die Hochzeitsplanung und welchen Markt es dafür gibt. Ein wichtiger Teil davon seien Bridal Concept Stores, also Brautmodengeschäfte im modernen Stil und mit Event-​Charakter. „Ich dachte mir, so was könnte man doch auch hier machen“, sagt Melanie Schmidt.
Auf die Idee folgte 2018 die Gründung des eigenen Unternehmens. Ein Jahr später eröffnete Melanie Schmidt schließlich ihr Geschäft Bride Stories in der Rostocker Altstadt. Der zeitliche Abstand zwischen diesen beiden Meilensteinen sei eine ganz bewusste Entscheidung gewesen, sagt sie. So war eine der größten Prioritäten zunächst der Abschluss ihres Bachelorstudiums in Wirtschaftswissenschaften. Die Planungsphase war zudem gefüllt mit Bankterminen, dem Schreiben des Businessplans und einigen Beratungsgesprächen, unter anderem auch bei der IHK.
„Dadurch dass ich meinen Schwerpunkt im Studium auf Existenzgründung und Marketing gelegt hatte, hatte ich zum Glück auch schon viel Wissen auf meiner Seite.“

Melanie Schmidt

Wertvolle Informationen habe sie auch durch ihre Kontakte an der Uni bekommen.

Kleiderprobe als Gruppen-​Event

Neben der unternehmerischen Vorbereitung wollte sie aber auch thematisch einen besonders guten Grundstein legen, sagt die Jungunternehmerin. „Ich bin auf sehr vielen Messen gewesen, habe dort nach und nach gelernt, worauf es ankommt“, erzählt sie. Die richtige Ausstattung habe sie letztlich auf einer Messe in London gefunden. „Dort habe ich die ersten Kleider eingekauft.“
Mit der Eröffnung des Concept Stores im Oktober 2019 ging es dann richtig los. Das Prinzip: Über den Onlineshop können zukünftige Bräute einen Termin für eine Anprobe in einer der drei individuell gestalteten Suiten buchen. Auch Gäste dürfen mit dabei sein, sodass die Frauen neben der Beratung von Melanie Schmidt oder einer ihrer drei Mitarbeiterinnen, auch gleich die ersten Reaktionen von Freunden oder der Familie bekommen. Genau das erlebe sie besonders gern mit, sagt Melanie Schmidt. „Manchmal wird es so emotional, dass ich selbst erst einmal rausgehen muss, um mich zu sammeln. Es ist einfach schön, dabei zu sein und andere Menschen so glücklich zu machen.“
Das unbeschwerte Gefühl, dass das Erlebnis bei Bride Stories ausmacht, sei jedoch mit dem Beginn der Corona-​Pandemie allmählich geschwunden. „Niemand wusste mehr, ob die Hochzeit überhaupt noch stattfinden kann. Das hat bei vielen verständlicherweise für viel Stress gesorgt.“ Bei ihr selbst schließlich auch. Denn durch den Lockdown konnte Melanie Schmidt niemanden mehr in ihr Geschäft lassen, womit das gesamte Prinzip ihres Unternehmens auf der Kippe stand.

Mit neuem Konzept durch den Lockdown

Eine Lösung hat sie trotzdem gefunden. Per Videokonferenz bekamen ihre Kundinnen nach wie vor eine detaillierte Beratung. Die dabei getroffene Auswahl an Hochzeitskleidern konnte dann im Laden für die Anprobe zu Hause abgeholt werden. „Dieses Click-​and-​Collect-​System ist eine tolle Sache und klappt auch gut“, sagt Melanie Schmidt. Aber: „Die Termine vor Ort sind natürlich das, was uns hier ausmacht.“ Betroffen seien auch ihre Partner, zu denen Floristen, Fotografen und auch Friseure gehören. Deswegen hoffe sie, dass bald die ersten Lockerungen für ihre Branche kommen. Selbst wenn eine Öffnung nur unter hohen Auflagen möglich sei, auch das könne sie leisten, sagt Melanie Schmidt. „Wir haben hier 280 Quadratmeter zur Verfügung. Falls nur ein Kunde pro 20 Quadratmeter möglich wäre, würden wir das gut regeln können“, betont die Jungunternehmerin.
Schwierig war für sie auch, dass ihr zweites Standbein, der Verleih von Dekorationen, durch die Corona-​Einschränkungen ebenfalls nahezu komplett zum Erliegen kam. „Darauf gekommen bin ich, weil ich schnell gemerkt habe, dass der Verkauf von Brautkleidern auch eine Art Saisongeschäft ist. Die übliche Zeit ist im Herbst und Winter, danach wird es immer weniger. Mit dem Dekoverleih haben wir einen Weg gefunden, das Sommerloch gut zu füllen“, sagt Melanie Schmidt. Dazu gehöre auch, den Brautpaaren vorher zu zeigen, wie ein Tisch aussehen könnte. Wird dieser dann gebucht, wird direkt vor Ort alles angerichtet. „Das ist jetzt natürlich alles nicht möglich.“

Hoffnung liegt auf 2022

Trotz dieser Rückschläge ist Melanie Schmidt durch und durch optimistisch. „Das war ich schon bei der Gründung. Ich habe mir nicht so viele Gedanken gemacht, was alles schiefgehen kann, sondern bin es einfach angegangen. Vielleicht war der Vorteil auch, dass ich direkt vom Studium kam und nichts anderes dafür aufgegeben habe.“ Diese Grundhaltung habe sie von ihrer Mutter, die selbst einmal ein Geschäft in Melanie Schmidts Heimatstadt Ribnitz-​Damgarten hatte. „Von ihr weiß ich, dass die Welt nicht untergeht, sollte es am Ende schiefgehen und dass man Träume wie diese unbedingt verwirklichen sollte. Sie sagte, auch wenn ihr Geschäft am Ende scheiterte, hat es ihr die schönste Zeit ihres Lebens beschert.“
Ganz frei von Kritik an den Regelungen für den stationären Handel ist Melanie Schmidt aber auch trotz ihres ausgeprägten Optimismus nicht. „Im Sommer hieß es noch, dass es weitere Schließungen auf gar keinen Fall geben werde. Mit diesem Versprechen im Hinterkopf habe ich, genau wie viele andere Händler, neue Ware bestellt. Da sehe ich schon ein ganz klares Versagen in der Kommunikation nach außen“, betont sie.
Dennoch freut sich die junge Frau sichtlich auf die Zukunft. Dass auch dieses Jahr mit großen Einschränkungen einhergehen wird, damit hat sie sich abgefunden, sagt sie. „Aber meine große Hoffnung liegt auf 2022.“
Christina Milbrandt