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„Zwischen Kessin und Dummerstorf liegen 5.000 Arbeitsplätze“

Seit 2009 ist Axel Wiechmann Bürgermeister von Dummerstorf. Seitdem hat sich die Gemeinde merklich verändert, gilt auch in IHK-​Kreisen als eine der aktivsten in Sachen Standortentwicklung. Dieser Status kommt nicht zuletzt auch dadurch, dass Dummerstorf durch seine Lage am Autobahnkreuz A20/A19 für große nationale und internationale Konzerne attraktiv ist.
Die meisten Schlagzeilen machte in den vergangenen Monaten wohl das US-​Unternehmen Amazon. Ebenfalls erfolgreich in Dummerstorf angesiedelt ist das Discount-​Einzelhandelsunternehmen Norma. Aber auch andere internationale Unternehmen stehen schon Schlange. „Nehmen wir alles zusammen, dann liegen zwischen den Ortsteilen Kessin und Dummerstorf 5.000 Arbeitsplätze“, sagt Axel Wiechmann. Eine große Zahl, in der sowohl Chancen als auch Herausforderungen liegen.

Schnelle Prozesse

Um dem Interesse an den Flächen und den damit einhergehenden Anforderungen gerecht zu werden, setzt Wiechmann auf schlanke und schnelle Abläufe. So ist die Projektsteuerung nicht komplett im Verwaltungsapparat integriert. „Das sind teilweise Aufgaben, die in der Verwaltung nicht konkret definiert sind, sondern Querschnittsaufgaben“, erklärt der Bürgermeister.
Damit soll gewährleistet werden, dass Interessierte so schnell wie möglich alle relevanten Informationen zum Standort bekommen. „Die Rücklaufzeit beträgt bei uns in der Regel unter einer Woche. Wenn Flächen identifiziert wurden, will ein Unternehmen nicht drei Monate auf eine Antwort warten.“
Wiechmann setzt zudem auf die enge Zusammenarbeit mit regionalen Akteuren wie Rostock Business, verschiedenen Planungsbüros, Invest in MV und der Wirtschaftsförderung des Landkreises.

Jeder Arbeitsplatz ein Gewinn

Eine Frage bekommt Axel Wiechmann, der von Hause aus Landwirt ist, besonders oft zu hören: Was nützt die Ansiedlung großer Konzerne der Gemeinde, wenn sie ihren Hauptsitz sowieso im Ausland haben und dort Gewerbesteuer zahlen? Für ihn ist allerdings klar, dass sich die wirtschaftliche Entwicklung trotzdem für Dummerstorf lohnt. „Wir merken das am Volumen der Einwohnerentwicklung. Auch Anteile der Einkommenssteuer tragen zur Finanzierung einer Kommune bei. Es sind natürlich kleine Schritte, aber sie tragen zum Haushalt bei“, sagt er.
Außerdem könne er sich noch genau an die Zeiten erinnern, als eine Arbeitslosenquote von 20 Prozent normal war. „Das ist noch nicht so lange her, wir haben eine riesige Entwicklung durchgemacht. Und ich bin dankbar für jeden, der Arbeitsplätze schafft.“
Thomas Häntzschel / nordlicht
Die Gewerbegebiete Dummerstorf und Kavelstorf: Die Lage ist für Wirtschaftsunternehmen besonders attraktiv. ©

Wohnraum: Eine anspruchsvolle Aufgabe

Klar ist ihm aber auch, dass die geschaffenen Arbeitsplätze auch nach Lebensraum verlangen. Wenn ein Unternehmen 1000 Arbeitsplätze bringe, dann sei klar, dass schon mal 100 davon aus der näheren Umgebung besetzt würden. Für alle, die sich noch ansiedeln wollen, bedarf es dann attraktiver Angebote, so Wiechmann. „Die Angebote im Bereich Wohnen sind ja wahrscheinlich erst Grundlage für eine mögliche Ansiedlung von Fachkräften. Da müssen wir nicht nur bei Eigenheimen etwas voranbringen, sondern auch beim sozialen Wohnungsbau sowie beim Geschosswohnungsbau.“
Hier sieht der Bürgermeister vor allem die Regionalplanung in der Verantwortung, da die Gemeinde Dummerstorf solche Entwicklungen nicht allein realisieren könne. Und die Anforderungen an Wohnraum steigen, sagt der Bürgermeister: „Mit wachsendem Wohlstand wächst auch der Anspruch an die Wohnungsgröße.“
Im Blick hat Wiechmann bei alldem auch den Nachwuchs. Denn Mitarbeiter von Unternehmen brauchen auch gute Chancen für ihre Kinder. So treibt der Bürgermeister die Entwicklung der Kitas voran und hofft darauf, dass der Kreistag im Dezember im Rahmen der Schulentwicklungsplanung die Ansiedlung einer Gesamtschule beschließt. „Dann können wir hier im Bereich auch Abitur anbieten, was für viele die Motivation, sich hier niederzulassen, sicher noch steigern wird.“

ÖPNV-​Netz für 28 Ortsteile

Als essenziell wird in Dummerstorf zudem das Thema Mobilität behandelt. „Der ÖPNV ist mit der Fortschreibung des Nahverkehrsplans des Landkreises für uns in den Fokus getreten“, so Wiechmann. Das Ziel sei es, einen zusätzlichen S-​Bahn-​Haltepunkt in Kessin zu schaffen. Von dort aus sollen die Ortsteile und die Gewerbegebiete von Kessin bis Kavelstorf über ein ÖPNV-​Netz erschlossen werden. „Wir wollen alle bekannten und nicht so bekannten Programme nutzen, um auch im Bereich Fuß- und Radwege die entsprechende Infrastruktur auszubauen oder zu erneuern“, sagt Wiechmann.
Wenn es um das Thema Park and Ride geht, das für Pendler mit dem Auto eine Rolle spielt, ist Wiechmann besonders bestimmt. Denn dafür müssten erst einmal die nötigen Parkplätze geschaffen und vor allem betrieben werden. „Das kann nicht die Aufgabe der Gemeinden sein, das sage ich ganz klar.“

„Region Rostock hat größtes Potenzial“

Die Entwicklung der Gemeinde Dummerstorf wird mit diesem Planungsreichtum wohl auch in den kommenden Jahren ein Positivbeispiel bleiben. Als einzigen Leuchtturm will der Bürgermeister den Standort aber nicht verstanden wissen. Es gebe sehr viele Gemeinden, die sehr aktiv sind, die das große Potenzial der Region zu nutzen wissen, betont er.
Die Region Rostock ist die einzige in ganz MV, die großes Potenzial hat.

Axel Wiechmann, Bürgermeister der Gemeinde Dummerstorf

Genau dieses Potenzial habe er schon immer gesehen, sagt Axel Wiechmann. „Ich war schon immer ein großer Befürworter der Region gewesen“, sagt er. „Ich würde auch sagen, die Region Rostock ist die einzige in ganz MV, die großes Potenzial hat.“
Initiativen wie die neue Dachmarke Greater Rostock für die Regiopolregion sieht er ambivalent. „Das muss man ehrlich mit Leben füllen. Denn nur ein neuer Name für etwas, das im Grunde das Gleiche ist, das bringt am Ende nichts. Es ist eine Chance, aber für die muss man nun richtig kämpfen.“

Christina Milbrandt