Unternehmensförderung

„Jeder hat seinen eigenen Stil“

26 Jahre lang haben Gudrun Horn-​Samodelkin und Barbara Meyer Seite an Seite ihr Unternehmen IGMHS ML – Ingenieurgemeinschaft Meyer & Horn-​Samodelkin Mikroskopielabor geleitet. Gemeinsam sind sie durch Höhen und Tiefen gegangen und haben Entscheidungen getroffen, die das Unternehmen immer breiter aufstellte und erfolgreich machte. Am 1. Februar haben die beiden promovierten Ingenieurinnen die Firma übergeben. Als Inhaber und Geschäftsführer steht nun der 34-​jährige Stefan Dannenberg an der Spitze.

Der Übergabe ging ein langjähriger Prozess voraus. „Wir haben schon vor etwa zehn Jahren angefangen, uns darüber Gedanken zu machen, dass wir irgendwann loslassen müssen“, erzählt Barbara Meyer. Ziel sei es immer gewesen, das Unternehmen als Einheit weitergeben zu können. Zu den ersten Schritten gehörten Gespräche mit den Kindern und Mitarbeitern, ob einer oder eine von ihnen das Unternehmen weiterführen möchte. Das war nicht der Fall, was für die beiden Frauen aber nicht weiter schlimm war. Es sei ihnen nur wichtig gewesen, in dem Prozess niemanden außen vor zu lassen.
„Wir hatten einen Berater an unserer Seite, mit dem wir verschiedene Varianten zur Gestaltung der Nachfolge diskutiert haben“, berichtet Gudrun Horn-​Samodelkin. „Uns ist dabei schnell klar geworden, dass wir die Firma nicht über eine Börse an den Mann oder die Frau bringen, sondern eher durch Mundpropaganda und persönliche Kontakte. Wir haben das Thema also überall eingestreut, wo es ging.“
Am Ende hätten sich zwei interessierte Parteien herauskristallisiert. Eine davon stand im Zusammenhang mit dem Verkauf der IGMHS GmbH an ein mittelständisches Unternehmen. Ein Schritt, den die beiden für sich ausschlossen. Und so entschieden sie sich für Stefan Dannenberg, mit dem sie schon mehrere Jahre lang geschäftlich zu tun hatten und der die Firma als eigenständige Einheit weiterführen wollte.

Enges Vertrauensverhältnis
Kennengelernt hat Dannenberg die beiden, weil er als Kunde die Messgeräte des Unternehmens nutzen wollte. So entstand eine enge Zusammenarbeit, die den studierten Werkstofftechniker immer wieder in die Räumlichkeiten am Fischereihafen in Rostock führten.
Auch mit ihm besprachen die Frauen das Thema Unternehmensnachfolge. Vor etwa drei Jahren habe er selbst dann angefangen, konkreter darüber nachzudenken, ob die Übernahme des Ingenieurbüros für ihn in Frage kommt. Bei der Entscheidungsfindung ging auch er sehr planvoll vor, konsultierte eine externe Beraterin und besprach alle wichtigen Punkte auch mit Barbara Meyer und Gudrun Horn-​Samodelkin.
Überhaupt gingen die drei von da an jeden Schritt gemeinsam, besprachen jedes Detail und setzten sich dann mit ihrem gemeinsamen Unternehmensberater zusammen. „Das war für mich sehr wichtig, um alle Fragen gleich zu klären. Ich habe sogar meinen Businessplan erstmal den beiden vorgelegt, bevor ich ihn der Bank gegeben habe“, erzählt Stefan Dannenberg. Dieses persönliche Vertrauensverhältnis sei für ihn die entscheidende Grundlage gewesen, ohne die er das alles nicht hätte machen können. „Neben dem unternehmerischen Aspekt ist so etwas vor allem auch Gefühlssache“, betont Dannenberg.
Für die Übergeberinnen war eines der wichtigsten Kriterien der faire Umgang mit ihren Mitarbeitern. Von Anfang an haben sie diese über die wichtigsten Schritte im Übergabeprozess informiert und waren darum bemüht, ihnen Ängste zu nehmen. „So ein Schritt ruft natürlich bei den Mitarbeitern Fragen auf, aber diesen sind wir sehr früh und direkt begegnet“, sagt Barbara Meyer. Für Stefan Dannenberg war zudem von Anfang an klar, dass er alle Mitarbeiter halten möchte, mitsamt Stellenprofil und Arbeitsumfang. „Die Mitarbeiter sind das Wichtigste. Nur mit ihnen kann ich erfolgreich sein“, betont der neue Geschäftsführer.

„Ein sehr emotionales Ereignis“
Insgesamt zwei Jahre bereiteten die drei die Übergabe vor, seit dem 1. Februar ist diese nun offiziell. Barbara Meyer und Gudrun Horn-​Samodelkin haben nun zwar nicht mehr das Zepter in der Hand, arbeiten werden sie aber künftig immer noch. Beide stehen dem Unternehmen in den nächsten drei Jahren noch mehrere Tage in der Woche zur Verfügung. Darüber ist Stefan Dannenberg besonders froh. „Auch wenn das Offizielle geregelt ist, kommt jetzt ja das Entscheidende: Der Know-​how-​Transfer. Das geht nicht innerhalb von vier Wochen über die Bühne“, betont er. In der gemeinsamen Arbeit ließe sich das angesammelte Wissen einfacher als auf dem Papier übermitteln, stimmt ihm Barbara Meyer zu.
Ganz spurlos ging die Übergabe ihres Unternehmens an den beiden ehemaligen Geschäftsführerinnen nicht vorbei. „Wir sind sehr stolz darauf, was wir aufgebaut haben. Der finale Notartermin war für uns daher ein sehr emotionales Ereignis“, erzählt Barbara Meyer. Dennoch sei ihnen nach wie vor klar, dass es wichtig ist, loszulassen. Dass den beiden das durch ihr gutes Verhältnis zum neuen Chef gut gelingt, ist ihnen auch im Gespräch deutlich anzumerken. Der neuen Generation Spielraum zu geben, ist ihnen wichtig, was sie auch stetig betonen. Barbara Meyer: „Jeder bringt seinen eigenen Stil mit und soll auch die Chance haben, diesen zu entfalten.“

Christina Milbrandt