Standort

„Qualität vor Quantität“

Wie steht es aktuell um die Campingwirtschaft in MV? Christin Lemcke vom Bundesverband der Campingwirtschaft in Deutschland / Landesverband Mecklenburg-​Vorpommern (BVCD/MV) gibt Einblicke in einen der stärksten Tourismuszweige des Landes.
Frau Lemcke, wie stark ist der Anteil der Campingwirtschaft am Tourismus in Mecklenburg-Vorpommern seit 2020 gestiegen?
Im ersten Corona-Jahr 2020 konnte die Campingwirtschaft auf eine sehr erfolgreiche Saison zurückblicken und erzielte nach dem Rekordjahr 2019 mit 5.069.639 Übernachtungen einen Anstieg von 9,9 Prozent in den Übernachtungszahlen. Insgesamt wurden 5.570.239 Übernachtungen auf den Camping- und Wohnmobilstellplätzen gezählt. Aufgrund der Corona-Pandemie und des damit einhergehenden Verzichts von Auslandsreisen war 2020 der Binnenmarkt besonders stark: Rund 98 Prozent der Übernachtungen wurden durch deutsche Camper getätigt.
Auch 2021 gehörten die Campingplätze zu den meist gefragten Unterkunftsarten in Mecklenburg-Vorpommern.

Christin Lemcke, BVCD/MV

Die Campingwirtschaft machte einen Marktanteil von 20,1 Prozent an den gesamten touristischen Übernachtungen in MV aus. Neben den Hotels sowie den Ferienhäusern gehörten Campingplätze 2020 zu den meist genutzten Unterkunftsarten im Land. 2019 hatte die Campingwirtschaft in MV vergleichsweise einen Marktanteil von etwa 15 Prozent.
2021 verzeichnete die Campingwirtschaft dagegen einen Rückgang in den Übernachtungszahlen, was vor allem am Verbot touristischer Übernachtungen sowie am späten Start für die Tourismusbranche in MV lag. Es wurden insgesamt 4.825.200 Übernachtungen auf den Campingplätzen getätigt – ein Minus von 13,4 Prozent. Die Campingwirtschaft hatte einen Marktanteil von 18,2 Prozent an den gesamten touristischen Übernachtungen. Auch 2021 gehörten die Campingplätze zu den meist gefragten Unterkunftsarten in Mecklenburg-Vorpommern.
Rechnen Sie mit einem Fortlaufen dieser Entwicklung?
Für 2022 rechnet der BVCD/MV wieder mit einer hohen Nachfrage an Campinggästen, die vergleichbar mit der Vor-Corona-Zeit ist, sofern keine coronabedingten Einschränkungen oder Übernachtungsverbote während der Saison erfolgen. Eine Wiederholung des Rekordjahrs 2020 wird die Campingbranche auch dieses Jahr nicht durchsetzen können, da viele Campinggäste wieder traditionell ins europäische Ausland reisen werden.
Der Campingtrend bleibt weiterhin bestehen, das wird nicht nur durch die Verkaufszahlen der Wohnmobile und Wohnwagen deutlich. Camping hat sich als nachhaltige, familienfreundliche Urlaubsart mitten in der Natur etabliert, aber auch stadtnahes Camping ist möglich. Generell geht der Trend über in den Individualtourismus, wovon auch die Campingbranche stark profitiert.

Wie arbeitet der Verband daran, die Infrastruktur dementsprechend anzupassen?
Da nicht alle Campingplätze, vor allem in B-​Lagen oder im Binnenland, in der Hauptsaison komplett ausgelastet sind, sollten Erweiterungen mit Bedacht umgesetzt werden. Wichtig ist eine sorgfältige Standortanalyse, um die lokalen Rahmenbedingungen zu definieren. Außerdem stehen vor allem die Auslastung der Plätze in der Nebensaison sowie die qualitative Entwicklung der Plätze im Vordergrund – Qualität vor Quantität.
Die Novellierung der aktuell gültigen Verordnung über Camping- und Wochenendplätze ist notwendig, damit unsere regionalen Campingplätze im deutschlandweiten Vergleich wettbewerbsfähig bleiben können.
Nach gegenwärtiger Rechtslage stehen die Campingplatzbetreiber immer wieder vor großen Herausforderungen, wenn sie qualitative Investitionen umsetzen möchten. Die Novellierung der aktuell gültigen Verordnung über Camping- und Wochenendplätze ist notwendig, damit unsere regionalen Campingplätze im deutschlandweiten Vergleich wettbewerbsfähig bleiben können. Besonders wichtig ist beispielsweise das erleichterte baugenehmigungsfreie Aufstellen von Mobilheimen und anderen Mietunterkünften, wie zum Beispiel Campingfässer und Pods, auf Campingplätzen. Die Nachfrage der Gäste nach diesen Unterkünften ist stetig steigend und kann nicht hinreichend bedient werden. Ein weiteres wichtiges Anliegen ist uns die Etablierung von Mindeststandards auf den Wohnmobilstellplätzen, damit unter anderem die Ver- und Entsorgung der Fahrzeuge nicht in der Wildnis vorgenommen wird und die Vorgaben des Brandschutzes eingehalten werden. Es ist erforderlich, dass die unterschiedlichen Akteure der Campingbranche die gleichen rechtlichen Vorgaben einhalten und nach diesen handeln.