IHK: Firmen kommen unterschiedlich durch die Krise
Rheinhessische Konjunktur: Vom Lockdown direkt betroffene Branchen in bedrohlicher Lage - Industrie zieht wieder an – Investitionsneigung steigt
Die Covid-19-Pandemie hat Deutschland weiter fest im Griff. Auf die rheinhessischen Unternehmen wirkt sich die Lage höchst unterschiedlich aus. In der Konjunkturumfrage der Industrie- und Handelskammer für Rheinhessen (IHK) zu Jahresbeginn 2021 erreicht der IHK-Konjunkturklimaindex 106 Punkte. Damit erholt er sich zwar vom Tiefpunkt im Frühjahr 2020 mit 82 Punkten. Doch vom Vorkrisenniveau mit 119 Punkten zu Beginn 2020 ist er noch weit entfernt.
Die Umfrageergebnisse kommentiert IHK-Hauptgeschäftsführer Günter Jertz: „Die aktuellen Einschätzungen der rheinhessischen Unternehmen zur wirtschaftlichen Lage variieren sehr stark. Je nach Produkt, Absatz und Lieferantenbeziehungen sind die Unternehmen bisher unterschiedlich durch die Krise gekommen. So zieht die für die Region taktgebende Industrie wieder an. Doch besonders in Branchen, die direkt vom Lockdown betroffen sind, sehen sich viele Unternehmen mit einer existenzbedrohenden Krise konfrontiert. Die kommenden Monate bleiben aufgrund der jetzt noch verschärften Corona-Einschränkungen schwierig. Niemand kann derzeit wirklich abschätzen, wie die Pandemie weiter verläuft und welche Maßnahmen sich daraus ergeben.“
Bewertung der aktuellen Geschäftslage
Nach dem historischen Einbruch infolge der Corona-Krise arbeitet sich ein Teil der rheinhessischen Wirtschaft Schritt für Schritt aus dem Tal heraus. Eine gute Geschäftslage verzeichnen aktuell 35 Prozent (Herbst 2020: 29 Prozent) und 39 Prozent (49 Prozent) eine befriedigende Lage. Für viele Branchen und Unternehmen wird der Weg aber noch lange steinig bleiben: 26 Prozent (22 Prozent) melden eine schlechte Geschäftslage.
Teil der Unternehmen in schwieriger Finanzlage
Die anhaltende Pandemie bringt einen Teil der befragten Unternehmen in eine schwierige Finanzlage: 21 Prozent müssen einen Rückgang des Eigenkapitals verkraften, 15 Prozent verzeichnen Liquiditätsengpässe, 14 Prozent haben zunehmende Forderungsausfälle, 11 Prozent kämpfen mit einer hohen Fremdkapitalbelastung, 6 Prozent mit einem erschwertem Fremdkapitalzugang und 4 Prozent droht nach eigener Einschätzung sogar die Insolvenz.
Geschäftserwartungen nur leicht verbessert
Insgesamt verläuft der wirtschaftliche Aufholprozess langsamer als erhofft. Die Geschäftserwartungen für die kommenden zwölf Monate schätzen 26 Prozent (Herbst 2020: 22 Prozent) der Unternehmen besser ein, 52 Prozent (52 Prozent) rechnen mit gleichbleibenden Geschäften und 22 Prozent (26 Prozent) erwarten eine schlechtere Geschäftslage.
Pandemie bleibt größter Risikofaktor
Die weitere Entwicklung der Pandemie bleibt mit 74 Prozent der Nennungen größter Risikofaktor für die Wirtschaft, gefolgt von Inlandsnachfrage (50 Prozent), Fachkräftemangel (37 Prozent), wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen (36 Prozent), Auslandsnachfrage (19 Prozent), Arbeitskosten (18 Prozent) sowie Energie- und Rohstoffpreisen (17 Prozent).
Investitionsabsichten lassen hoffen
Anlass zur Hoffnung geben die Investitionspläne der Firmen im Inland für die nächsten zwölf Monate: 28 Prozent (Herbst 2020: 19 Prozent) wollen mehr investieren, 49 Prozent (48 Prozent) gehen von gleichem Investitionsniveau aus, 23 Prozent (33 Prozent) werden weniger investieren.
Kaum Auswirkungen auf Beschäftigungspläne
Dank Kurzarbeitergeld sind die Auswirkungen der Pandemie auf die Beschäftigungspläne moderat. 20 Prozent (Herbst 2020: 18 Prozent) der Betriebe planen in den kommenden zwölf Monaten Neueinstellungen, 59 Prozent (63 Prozent) gehen von gleichbleibenden Beschäftigtenzahlen aus und 21 Prozent (19 Prozent) müssen ihre Personalkapazitäten voraussichtlich reduzieren.
Industrie erholt sich
Die Industrie als Zugpferd der rheinhessischen Wirtschaft scheint sich wieder zu erholen. So melden 35 Prozent (Herbst 2020: 28 Prozent) der Industriefirmen eine gute Geschäftslage, 43 Prozent (56 Prozent) eine befriedigende und 22 Prozent (16 Prozent) eine schlechte Lage. Ein Grund dafür sind die Auftragseingänge: Aus dem Inland sind bei 46 Prozent (34 Prozent) die Eingänge gestiegen, 27 Prozent (34 Prozent) berichten von gleich bleibenden und 27 Prozent (32 Prozent) von sinkenden Aufträgen. Aus dem Ausland melden 33 Prozent (19 Prozent) gestiegene Aufträge, 46 Prozent (42 Prozent) gleichbleibende und bei 21 Prozent (39 Prozent) gingen die Auftragseingänge zurück. Die Geschäftserwartungen für die nächsten zwölf Monate schätzen 32 Prozent (26 Prozent) der Industriebetriebe besser ein, 52 Prozent (54 Prozent) rechnen mit gleichbleibender Entwicklung, 16 Prozent (20 Prozent) mit schlechteren Geschäften.
Handel unterschiedlich stark betroffen
Die Einzel- und Großhandelsunternehmen sind von der Pandemie unterschiedlich stark betroffen. Insgesamt melden 32 Prozent (Herbst 2020: 21 Prozent) eine gute Geschäftslage, 48 Prozent (58 Prozent) bewerten die Lage als „befriedigend“ und 20 Prozent (21 Prozent) als schlecht. Die Geschäftserwartungen für die nächsten zwölf Monat schätzen 18 Prozent (21 Prozent) besser ein, 57 Prozent (47 Prozent) gleichbleibend und 25 Prozent (32 Prozent) schlechter.
Dienstleister mit differenziertem Bild
Auch die Unternehmen aus dem Dienstleistungssektor sind zum Teil vom Lockdown direkt betroffen. Das ergibt ein differenziertes Bild beim Blick auf die aktuelle Geschäftslage: 36 Prozent (Herbst 2020: 34 Prozent) verzeichnen gute Geschäfte, 33 Prozent (39 Prozent) befriedigende und 31 Prozent (27 Prozent) schlechte Geschäfte. Die Geschäftserwartungen für die nächsten zwölf Monate schätzen 25 Prozent (20 Prozent) besser ein, 50 Prozent (53 Prozent) erwarten gleich bleibende und 25 Prozent (27 Prozent) schlechtere Geschäfte.