Erste Positionen zur ökologischen Transformation

Im Zuge der ökologischen Transformation werden auf EU-, Bundes-, Landes- und auch lokaler Ebene Klimaschutzpläne und -gesetze eingeführt. Um die Interessen ihrer Mitgliedsunternehmen zum Thema “Green Deal” in diesen Diskussionen zu vertreten, positioniert sich die IHK Rhein-Neckar mit den Ersten Positionen zum Thema “Green Deal”. Dabei können konkrete Aussagen auch aus beschlossenen Grundsätzen abgeleitet werden.

Die Wirtschaft teilt Sorge vor dem Klimawandel

Durch den Klimawandel verursachte Schäden werden voraussichtlich große Teile von Gesellschaft und Wirtschaft treffen. Gesamtgesellschaftlich und volkswirtschaftlich ist es sinnvoller, in die Vermeidung des Klimawandels zu investieren als den Schadenseintritt abzuwarten und dann die Schäden zu beseitigen.

Der Staat setzt den Ordnungsrahmen – die Wirtschaft orientiert sich an den von der Politik gesetzten Klimaschutz-Vorgaben

Durch das Pariser Klimaschutzabkommen im Jahr 2016 sind weltweit Vereinbarungen zur Begrenzung der Erderwärmung in Kraft getreten, deren Umsetzung von der Politik durch politische Entscheidungen angestrebt werden. Für die Unternehmen wird dadurch ein Rahmen für ihr Handeln gesetzt. Die Regeln und die Instrumente, nach bzw. mit denen das Ziel des Klimaschutzes verfolgt wird, gehören zum Ordnungsrahmen und müssen vom Staat vorgegeben werden. So kann ein fairer Wettbewerb sichergestellt werden. Diskretionäre Ad-hoc-Eingriffe, müssen soweit wie möglich auch in der Klimaschutzpolitik vermieden werden.

Klimaschutz bietet Chancen und Risiken

Klimaschutzmaßnahmen führen zur Neuentwicklung von Märkten und zur Neuverteilung bestehender Märkte. Das birgt Chancen und Risiken zugleich. Für Deutschland als technologieorientiertes und zugleich exportorientiertes Land bietet sich die Chance eines “first-mover-advantage”. Zugleich besteht das Risiko, dass Kostenbelastungen infolge von Klimaschutzmaßnahmen zu erheblichen Einschränkungen der (internationalen) Wettbewerbsfähigkeit hiesiger Produktionsstandorte führen.

Klimaschutz im gesellschaftlichen Zielsystem

Der Klimaschutz ist nicht das alleinige Ziel, sondern ein politisches Ziel unter vielen, wenngleich mit aktuell hoher Bedeutung. Klimaschutzmaßnahmen müssen immer mit anderen gesamtgesellschaftlichen Zielen wie z. B. Wohlstand, Erhalt von Arbeitsplätzen, wirtschaftlicher Zukunftsfähigkeit und sozialem Ausgleich abgewogen werden. Insofern muss über Klimaschutzmaßnahmen im Lichte ihrer Auswirkungen auf andere Zielgrößen entschieden werden. Hierfür trägt die Politik die Verantwortung.

Ökologische Transformation muss ein ökonomischer Erfolg werden

Deutschland hat einen Anteil von zwei Prozent an den globalen CO2-Emissionen, kann also nicht im Allein-gang für die weltweite Erfüllung der Klimaschutzziele sorgen. Ein nationales Vorangehen ergibt nur Sinn, wenn gleichzeitig sichergestellt wird, dass andere Länder folgen. Deutschland hat bzw. will sich in diesem Sinne besonders ambitionierte klima- und umweltpolitische Ziele setzen, in der Hoffnung, Nachahmer für diese Strategie zu finden. Es wird Nachahmer aber nur dann geben, wenn die ökologische Transformation wie Deutschland sie verfolgt, auch in wirtschaftlicher Hinsicht ein Erfolg wird. Andernfalls werden andere Länder darauf verweisen, dass dieser Weg nur für die wohlhabendsten Volkswirtschaften gangbar ist.

Fokussierung auf volkswirtschaftlich sinnvolle Maßnahmen

Aktuell ist die umweltpolitische Diskussion in Teilen stark von technologischen Machbarkeiten getrieben. Aber nicht jede technische Lösung, die “im Prinzip” (d. h. im Labor) funktioniert, lässt sich auch in die großtechnische Anwendung skalieren. Eine Skalierung, die technisch möglich ist, muss auch wirtschaftlich sinnvoll sein – andernfalls treten erhebliche Kosten auf.

Internationale Wettbewerbsfähigkeit beachten

Die Exportquote der deutschen Volkswirtschaft beträgt 43,8 Prozent, d. h. ein wesentlicher Teil der deutschen Wertschöpfung wird auf internationalen Märkten erzielt. Im Bezirk der IHK Rhein-Neckar liegt die Exportquote mit rund 61 Prozent noch einmal deutlich höher. Damit steht die deutsche Volkswirtschaft in einem intensiven internationalen Wettbewerb. Dieser Tatsache muss auch die Umweltpolitik Rechnung tragen. Es nützt dem Klimawandel nichts, wenn Unternehmen dem Standort Deutschland und im Besonderen dem Standort Rhein-Neckar aufgrund überzogener Anforderungen den Rücken kehren und ihre Produktion an andere Standorte mit deutlich schlechteren Umweltstandards verlegen. Das mag der Klimabilanz Deutschlands auf den ersten Blick nutzen. Dem Klima indes schadet es doppelt: Durch höheren Logistikaufwand und geringere Energieeffizienz.
Das Instrument der Grenzausgleichsabgabe kann in einigen Fällen einen Beitrag für einen fairen internationalen Wettbewerb zwischen Ländern mit unterschiedlichen Umweltstandards leisten, birgt gleichzeitig aber die Gefahr, als Akt des Protektionismus missverstanden zu werden und als Argument für Retorsionszölle verwendet zu werden.
Dementsprechend ist das Instrument für die stark exportorientierte Wirtschaft höchst problematisch. Die auch ökonomisch sinnvolle Alternative ist die Annäherung der Umweltstandards unter den wichtigsten Handelspartnern. Das setzt nationalen Alleingängen enge Grenzen.  

Markt und Wettbewerb für Klimaschutz nutzen

Märkte und Wettbewerb haben sich bei der Lösung von Ressourcenkonflikten als leistungsfähige Instrumente erwiesen. Das gilt auch für den Klimaschutz, beispielsweise beim Europäischen Emissionshandelssystem. Dem CO2-Preismechanismus kommt eine zentrale Rolle zu, er muss die Einsparerfordernisse bzw. externen Effekte realistisch abbilden und zugleich den Unternehmen die Chance geben, im wettbewerblichen Entdeckungsverfahren die ökonomisch sinnvollste Lösung zu finden.

Planungssicherheit gewährleisten

Die Unternehmen treffen täglich Investitionsentscheidungen von erheblicher Tragweite und Bindungsdauer, die oftmals mit erheblichen Risiken einhergehen. Gerade für mittelständische Unternehmen ist Planungssicherheit und Verlässlichkeit deshalb von existenzieller Bedeutung. Vor diesem Hintergrund wäre ein aktionistisches politisches Handeln, das den Unternehmen keine Planungssicherheit gibt, Gift für die Wirtschaft.

Föderale Abstimmung auf allen politischen Ebenen sicherstellen

Die ökologische Transformation ist eine globale Herausforderung, für deren Bewältigung alle Akteure ihre Maßnahmen aufeinander abstimmen müssen. Alleingänge und Querschüsse führen zu einer Fragmentierung von Märkten, wirken durch Verlagerungstendenzen wirtschaftlicher Aktivitäten letztlich bremsend und schaden dem Klima zusätzlich.
Mit Sorge ist zu beobachten, dass die unterschiedlichen föderalen Ebenen losgelöst voneinander eigene umweltpolitische Aktivitäten entwickeln, die nicht aufeinander abgestimmt sind. Die Belastungen und Unsicherheiten, die daraus für die Wirtschaft entstehen, mögen bei isolierter Betrachtung der Ebenen jeweils gering erscheinen. Letztlich treffen diese Belastungen aber alle die Wirtschaft. Hierdurch kumulieren sich die Anforderungen und Risiken für die Unternehmen.

Strategische Priorisierung nach Impact und Erreichbarkeit vornehmen
Gleichzeitig Realisierung von Quick Wins

Im Klimaschutz kommt es maßgeblich auf Geschwindigkeit an. Frühe Einsparungen sind besser als späte. Und auch im Umwelt- und Klimaschutz gilt das Gesetz vom abnehmenden Grenznutzen, d.h. dass zusätzliche CO2-Einsparungen nur mit immer mehr Investitionen bzw. Aufwand erzielt werden können. Dementsprechend bringen Investitionen in Klimaschutz in den rückständigen Märkten bzw. Ländern den größten Effekt, sodass Klimapolitik nur in einem internationalen Maßstab effizient betrieben werden kann.
Dieser Aspekt hat in der aktuellen Diskussion eine doppelte Relevanz:
  • Bei der Festlegung von Sektorenzielen ergibt es keinen Sinn, die nicht erreichten Ziele eines Sektors durch Aufstockung der Zielwerte für andere Sektoren zu kompensieren.
  • Bei der Vereinbarung ambitionierter Klimaziele in der EU kommt es nicht zu einer Gleichverteilung, sondern zu einer Lastenteilung in der Form, dass die wohlhabenderen Länder höhere Einsparungsziele aufgebürdet bekommen, obwohl diese nur mit deutlich höherem Aufwand zu erreichen sind. Hierdurch wird ein “Besitzstand an Klimaschädlichkeit” geschaffen, der den Aufholprozess der ärmeren Länder verlangsamt. Sinnvoller wäre es, die Anpassung der ärmeren Länder gegebenenfalls durch den Einsatz gemeinschaftlicher Ressourcen zu beschleunigen.

CO2-Einsparungen und CO2-Senken gleichberechtigt verfolgen

Für die Klimaerwärmung kommt es auf den Anteil des CO2 in der Atmosphäre an. Der CO2-Anteil kann durch Einsparung von CO2-Emissionen und durch CO2-Senken gleichermaßen reduziert werden. Dementsprechend müssen beide Wege gleichberechtigt verfolgt werden. Aktuell hat sich die politische Diskussion einseitig auf CO2-Einsparungen verengt.