Pflichten in der Finanzanlagenvermittlung

Für Finanzanlagenvermittler und Honorar-Finanzanlagenberater gilt es seit 10. März 2021 zahlreiche Informations-, Beratungs- und Dokumentationspflichten zu erfüllen. In diesem Artikel erfahren Sie mehr über diese Pflichten und die Änderungen.

EU-Transparenzverordnung (TVO)

Die neue EU-Transparenzverordnung (TVO) gilt seit dem 10. März 2021 für Finanzberater unmittelbar. In der Praxis ist die Beratung ein erforderliches Kriterium für die Anwendbarkeit der TVO; die bloße Vermittlung reicht nicht aus. Ob die TVO neben Versicherungsvermittlern und Versicherungsberatern nach § 34d GewO auch für Finanzanlagenvermittler nach § 34f GewO und Honorar-Finanzanlagenberater nach § 34h GewO Anwendung findet, ist keineswegs eindeutig. Hier werden derzeit unterschiedliche Auffassungen vertreten.
Wir empfehlen den Erlaubnisinhabern sich aus haftungsrechtlicher/zivilrechtlicher Sicht mit dem Thema “Nachhaltigkeit” und “Nachhaltigkeitsrisiken” seit dem 10. März 2021 zu beschäftigen und ggf. ihren Beratungsprozess/die Geeignetheitsprüfung zu optimieren und ihre Kunden entsprechend zu informieren. Denn künftig werden die Emittenten Nachhaltigkeitsinformationen zum Produkt abgeben, d. h. der Finanzanlagenvermittler wird sich faktisch dazu verhalten müssen, wenn er anleger- und objektgerecht beraten will. Dies sollte gegenüber dem Kunden im Beratungsprozess/in der Geeignetheitsprüfung entsprechend dokumentiert werden, um Haftungsrisiken hieraus zu vermeiden.
Erfahren Sie mehr in den Hinweisen und Formulierungsvorschläge zur Erfüllung der gesetzlichen Pflichten von den Verbände AfW und VOTUM.

Finanzanlagenvermittlungsverordnung – FinVermV

Durch die Finanzanlagenvermittlungsverordnung haben Finanzanlagenvermittler seit dem 1. Januar 2013 und Honorar-Finanzanlagenberater seit dem 1. August 2014 zahlreiche Informations-, Beratungs- und Dokumentationspflichten zu beachten. Allgemein gilt, dass der Finanzanlagenvermittler und der Honorar-Finanzanlagenberater ihre jeweiligen Tätigkeit mit der erforderlichen Sachkenntnis, Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit im Interesse des Anlegers auszuüben hat.
Die jüngsten Änderungen durch die Zweite Verordnung zur Änderung der FinVermV sind am 1. August 2020 in Kraft getreten.
Wir beschränken unsere Hinweise auf folgende wesentlichen Neuerungen:
  • Vermeidung, Regelung und Offenlegung von Interessenkonflikten, § 11a FinVermV
  • Information des Anlegers über Risiken, Kosten und Nebenkosten, § 13 FinVermV
  • Berücksichtigung des Zielmarktes, § 16 FinVermV
  • Anfertigung einer Geeignetheitserklärung, § 18 FinVermV
  • Aufzeichnung telefonischer Vermittlungs- und Beratungsgespräche und sonstiger Kommunikation, § 18a FinVermV
  • Aufbewahrungspflichten, § 23 FinVermV

Interessekonflikte, Vergütung (neu: § 11a FinVermV)

Mit dem neu eingeführten § 11a FinVermV werden die freien Vermittler und Berater zukünftig verpflichtet, angemessene Maßnahmen zur Vermeidung von Interessenkonflikten zu treffen und diese den Anlegern vor Abschluss des Geschäftes offen zu legen.
Es reicht also künftig nicht mehr, den Anleger rechtzeitig vor Abschluss eines Geschäfts auf Interessenkonflikte hinzuweisen (so bisher: § 13 Abs. 5 FinVermV). Sofern ein Interessenkonflikt nicht vermieden werden kann, hat der/die Gewerbetreibende  diesen durch angemessene Maßnahmen so zu regeln, dass Nachteile für den/die Anleger/-in ausgeschlossen werden.
Reichen die getroffenen Maßnahmen nicht aus und das Risiko für den/die Anleger/-in bleibt bestehen, muss der/die Gewerbetreibende den/die Anleger/-in rechtzeitig vor Vertragsabschluss über die Art und die Quelle des Interessenkonflikts informieren. Die Offenlegung des Interessenkonflikts muss ausführlich mittels eines dauerhaften Datenträgers erfolgen.
Zudem dürfen Beschäftigte nicht in einer Weise vergütet und bewertet werden, die ihrer Pflicht zum Handeln im bestmöglichen Kundeninteresse zuwiderläuft. Dies bedeutet, der/die Gewerbetreibende darf keine Anreize durch Vergütung, die Vorgabe von Verkaufszielen oder in anderer Weise schaffen, die die Beschäftigten dazu verleitet, eine bestimmte Finanzanlage zu empfehlen, obwohl andere Finanzanlagen den Bedürfnissen des/der Anlegers/-in besser entsprechen.

Informationen über Risiken, Kosten und Nebenkosten (§ 13 FinVermV)

Mit Wirkung vom 1. August 2020 sind die Pflichten des/der Gewerbetreibenden, den Anleger vor Abschluss eines Geschäfts umfassend und in verständlicher Form über Risiken, Kosten und Nebenkosten zu informieren, an die Vorgaben der MiFID II (Richtlinie 2004/39/EG über Märkte für Finanzinstrumente, kurz Finanzmarktrichtlinie, ist eine Richtlinie der Europäischen Union zur Harmonisierung der Finanzmärkte im europäischen Binnenmarkt) angepasst worden. Dies führt zu einer Erweiterung der Pflichten für Finanzanlagenvermittler/-innen, die in § 13 FinVermV ausführlich geregelt sind. Neu ist auch die Pflicht, dem Anleger Informationen über Kosten und Nebenkosten mindestens einmal jährlich zur Verfügung zu stellen.

Berücksichtigung des Zielmarktes (§ 16 FinVermV)

Mit Wirkung vom 1. August 2020 sind in § 16 FinVermV die Vorgaben für die durchzuführende Geeignetheitsprüfung angepasst worden. Zudem müssen Finanzanlagenvermittler zukünftig den nach § 80 Absatz 9 Wertpapierhandelsgesetz bestimmten Zielmarkt berücksichtigen und mit den Anlegerbedürfnissen abgleichen. Sie müssen alle zumutbaren Schritte unternehmen, um sich Informationen einschließlich der Bestimmung des Zielmarktes von dem Wertpapierhandelsunternehmen oder dem Emittenten zu beschaffen und die Merkmale nebst Zielmarkt zu verstehen. Dabei müssen sie sicherstellen, dass sie Finanzanlagen unter Berücksichtigung des Zielmarktes nur empfehlen, wenn diese im Interesse des/der Anlegers/-in sind.

Geeignetheitserklärung (§ 18 FinVermV)

Ab dem 1. August 2020 muss der Gewerbetreibende statt des bisherigen Beratungsprotokolls bei einer Anlageberatung dem/der Privatkunden/-in vor Vertragsabschluss auf einem dauerhaften Datenträger eine sog. Geeignetheitserklärung zur Verfügung stellen, in der die erbrachte Anlageberatung und die Abstimmung auf die Präferenzen, Anlageziele und sonstigen Merkmale des/der Kunden/-in erläutert werden.
Wird für die Anlageberatung ein Fernkommunikationsmittel gewählt, darf der/die Gewerbetreibende die Geeignetheitserklärung ausnahmsweise unverzüglich nach dem Vertragsschluss zur Verfügung stellen. Dies gilt allerdings nur dann, wenn der/die Anleger/in diesem Vorgehen zugestimmt hat und der/die Gewerbetreibende dem/der Anleger/in angeboten hat, die Weiterleitung des Auftrages zu verschieben, bis dieser/diese die Möglichkeit hatte, die Geeignetheitserklärung zu überprüfen.
Bietet der/die Gewerbetreibende dem/der Anleger/in an, die Geeignetheit der empfohlenen Finanzanlage regelmäßig zu beurteilen, ist er/sie verpflichtet regelmäßige Berichte über die Geeignetheit der Anlage zur Verfügung zu stellen.

Aufzeichnung telefonischer Vermittlungs- und Beratungsgespräche und sonstiger Kommunikation,  § 18a FinVermV – „Taping“

Mit Wirkung vom 1. August 2020 ist in  § 18a FinVermV die Pflicht zur Aufzeichnung der Inhalte von Telefongesprächen und elektronischer Kommunikation mit den Kunden geregelt.
§ 18a FinVermV sieht diesbezüglich vor, dass zum Zwecke der Beweissicherung die Inhalte von Telefongesprächen und sonstiger elektronischer Kommunikation von dem/der Gewerbetreibenden aufzuzeichnen sind, sobald sie sich auf die Vermittlung oder die Beratung zu Finanzanlagen beziehen (sog. Taping). Hierüber müssen Anleger von der Aufzeichnung informiert werden und ihr Einverständnis ist einzuholen. Insoweit genügt jedoch eine einmalige Information vor der erstmaligen Durchführung von Telefongesprächen oder sonstiger elektronischer Kommunikation. Sofern Anleger der Aufzeichnung widersprechen, darf eine Beratung oder Vermittlung auf diesem Wege nicht stattfinden.
Die Aufzeichnungen sind so zu sichern, dass keine nachträgliche Verfälschung oder unbefugte Verwendung möglich ist. Die Aufzeichnungen sind nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist nach § 23 FinVermV (10 Jahre nach dem Ende des Kalenderjahres, in welchem der letzte aufzeichnungspflichtige Vorgang des Auftrages erfolgte) zu vernichten oder zu löschen.

Aufbewahrungspflicht (§ 23 FinVermV)

Die Aufzeichnungen nach § 18 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 4 sowie die in § 22 FinVermV genannten Unterlagen sind zehn Jahre auf einem dauerhaften Datenträger (z.B. in Papierform oder auf einer CD-ROM) vorzuhalten und in den Geschäftsräumen aufzubewahren. Die Frist beginnt mit dem Schluss des Kalenderjahres, in dem der letzte aufzeichnungspflichtige Vorgang für den jeweiligen Auftrag angefallen ist. Vorschriften, die eine längere Frist bestimmen, bleiben unberührt.
Hinweis:
Für die Richtigkeit der Angaben können wir trotz sorgfältiger Prüfung keine Gewähr übernehmen.