Rede von Manfred Schnabel beim IHK-Jahresschlussempfang 2024
Begrüßung
Sehr geehrte Damen und Herren,
2024 war ein in vielerlei Hinsicht ereignisreiches Jahr und aber leider nicht immer ein erfreuliches.
Der ganzjährige Rosenkrieg der Ampel-„Partner“ mit finaler Scheidung, international viele Konflikte und Kriege sowie wichtige Wahlen. Ganz aktuell kommt noch der Sturz des syrischen Assad-Regimes hinzu. Mit Folgen für den Nahen Osten und darüber hinaus, die noch gar nicht absehbar sind. Viele aktuelle und beunruhigende Ereignisse sind geopolitischer Natur und von uns nur kaum zu beeinflussen.
Andere Probleme sind hausgemacht und ich warne seit vielen Jahren, genau genommen seit 2017 von dieser Stelle aus, dass wir in Deutschland und Europa endlich unsere Hausaufgaben machen müssen. Offensichtlich vergeblich! Prof. Lars Feld formulierte in der vergangenen Woche: Die Lage ist sogar noch schlechter als die Stimmung!
Ihre Erwartungshaltung an meine Rede, so habe ich erfahren, ist hoch: Apokalypse NOW?
Weit gefehlt: Im Jahr 2023 hatte ich beim DIHK eine Begegnung mit unserem Kanzler. Bei der Gelegenheit hat er uns noch erklärt, dass die Klage das Lied des Kaufmanns sei. Der Wirtschafsminister träumte noch vom grünen Wirtschaftswunder.
Im vergangenen Jahr konnte ich in Brüssel noch keinerlei Selbstzweifel erkennen. Doch in der vergangenen Woche hatte ich beim Wirtschaftsgipfel an gleicher Stelle das Gefühl: Wir haben verstanden!
Gestern standen wir also am Abgrund und heute sind wir einen Schritt weiter? Nein!
Kurt Schumacher hat formuliert, dass Politik mit dem Betrachten der Wirklichkeit beginnt, und so bin ich unendlich froh, dass ich kein einsamer Rufer und alleiniger Überbringer schlechter Nachrichten mehr bin, sondern dass breite Teile von Wirtschaft, Politik und Gesellschaft verstanden haben, dass wir dringenden Handlungsbedarf und vor allem viel mehr Pragmatismus brauchen.
Und so habe ich heute Abend mit Ihnen folgendes vor:
Beginnen wir mit der Analyse:
1. Wo stehen wir also?
Wo steht die deutsche und die europäische Wirtschaft am Ende des Jahres 2024?
Bei der Beantwortung möchte ich mich auf drei sehr aktuelle und gewichtige Quellen stützen:
- Das Jahresgutachten 2024/2025 des Sachverständigenrats
- Das World Competiveness Ranking des IMD-Instituts aus Lausanne
- Der Draghi-Bericht zur Wettbewerbsfähigkeit der EU
“Under Performer Deutschland” – so lässt sich der Jahresbericht des Sachverständigenrats zusammenfassen: Während andere Länder, vor allem auch andere europäische Länder, wachsen, tritt Deutschland auf der Stelle oder schrumpft. Jahrelang waren wir die Konjunktur-Lokomotive des Kontinents. Nun sind wir der Bremsklotz!
Der Sachverständigenrat betont zudem die große Unsicherheit. Ludwig Ehrhard hat formuliert: “Wirtschaft ist zu 50 Prozent Psychologie.”
Dass der Wirtschaftswunder-Minister recht hatte, mussten wir in den vergangenen Monaten erleben: Die Zerstrittenheit der Ampel-Regierung hat bei Unternehmen und bei privaten Haushalten zu einer erheblichen Verunsicherung geführt.
Unternehmen stellen ihre Investitionen zurück, Haushalte reduzieren ihren Konsum und steigern ihre Sparquote, weil sie nicht wissen, was auf sie zukommt.
Die Folge ist eine Nachfrageschwäche, sowohl bei den Investitionen als auch beim Konsum. Beides beschleunigt den Abschwung.
Der Sachverständigenrat hat herausgearbeitet, dass wir in der Vergangenheit vom Wachstum unserer Handelspartner immer überproportional profitieren konnten, weil wir technisch anspruchsvolle Produkte zu wettbewerbsfähigen Preisen liefern konnten.
Das hat sich nun geändert, denn in den Exportmärkten hat sich ein Wandel vollzogen: Zahlreiche Länder, allen voran China, haben ihre technologischen Fähigkeiten systematisch ausgebaut, oft mit unserer tatkräftigen Unterstützung. Dadurch können sie immer mehr Produkte selbst herstellen. Und das zu deutlich geringeren Kosten.
Die Kosten in Deutschland sind im Vergleich zu diesen neuen Wettbewerbsländern viel zu hoch. Das setzt uns, in Kombination mit einer überbordenden Regulatorik, enorm unter Druck.
Sichtbarstes Zeichen dieser Entwicklung: Die Kapazitäten in unseren Unternehmen sind immer weniger ausgelastet; die Anpassungen nach unten sind äußerst schmerzhaft. Wie schmerzhaft, zeigen die Reaktionen auf den angekündigten Personalabbau in vielen Großunternehmen, teilweise sogar in Form von Standortschließungen.
Bei geringer Auslastung helfen auch keine Investitionsanreize, denn bei Überkapazität investiert einfach niemand in Erweiterungen!
Die Ursachen für die beschriebene mangelnde Wettbewerbsfähigkeit liegen aber nur im Ausnahmefall in der mangelnden Leistungsfähigkeit unserer Unternehmen, sondern vielmehr an den schlechten Rahmenbedingungen des Standorts Deutschland. Wie sonst wäre es zu erklären, dass die Unternehmen ihre Betriebe in Deutschland abbauen und an anderer Stelle wettbewerbsfähig und erfolgreich sind?
VW ist hier kein gutes Beispiel. An VW ist nur verwunderlich, dass das Unternehmen trotz massiver politischer Einflussnahme lange Jahre so erfolgreich war.
Und diese schlechten Rahmenbedingungen zeigt das IMD Institut-Lausanne beeindruckend auf. Das IMD untersucht seit Jahren die Wettbewerbsfähigkeit von 67 wichtigen Ländern anhand von über 300 Indikatoren.
Als Deutschland vor der Jahrtausendwende vom Economist als der kranke Mann Europas bezeichnet wurde, lagen wir auf Platz 13. Und sind dann weiter auf Platz 25 abgerutscht. Dank der mutigen Agenda 2010-Reformen unter Kanzler Schröder haben wir uns dann auf Platz 6 hochgearbeitet und haben davon lange profitiert.
Seit 2014 indes rutschen wir jedes Jahr wieder ein Stück ab. Unter anderem auch deshalb, weil wir die Reformen Stück für Stück zurückgedreht haben. Vor Beginn der Ampel lagen wir auf Platz 15 und sind nun auf den 24. Platz abgerutscht. Also viel tiefer als zum Zeitpunkt, also wir als der “kranke Mann Europas” bezeichnet wurden.
- Vielleicht ein paar Schlaglichter des IMD-Rankings:
- Government Efficiency: Platz 32
- Labor Market: Platz 36
- Attitudes & Values (Reformfähigkeit): Platz 60
- Tax Policay: Platz 62
Das spricht Bände! Wir brauchen ganz dringend eine Agenda 2030!
Kommen wir zu meiner dritten Quelle: Der sogenannte “Draghi-Report zur Zukunft der Wettbewerbsfähigkeit der EU” kommt zu dem Ergebnis, dass die Wettbewerbsfähigkeit der EU gegenüber anderen Wirtschaftsregionen dramatisch abgenommen hat. Das gilt insbesondere gegenüber Asien. Die schwindende Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands hat hieran maßgeblichen Anteil.
Draghis Diagnose über die mangelnde Wettbewerbsfähigkeit der EU ist in Fachkreisen weitgehend unbestritten. Eine Therapieempfehlung, “weiterhin Geld zu drucken”, dagegen stößt insbesondere in Deutschland auf heftigen Widerstand, aber dazu später mehr.
2. Was ist also zu tun?
Diese Frage möchte ich im Folgenden beantworten und dabei drei Ebenen unterscheiden: die EU, Deutschland und die Region.
Fangen wir bei der EU an und bleiben dazu bei Mario Draghi. Er hat für seinen Report die zentralen Handlungsfelder herausgearbeitet – auf Basis einer sehr fundierten und ausführlichen Analyse. Als eine der drängendsten Probleme identifiziert Draghi die überbordende Regulatorik EU. Das sagen wir schon lange, aber jetzt ist es quasi „amtlich“.
Hier war die EU-Kommission in den vergangenen Jahren besonders emsig. Während die USA in der Präsidentschaft von Joe Biden „lediglich“ 5.500 Rechtsakte erlassen hat, waren es in der vergangenen Wahlperiode des EU-Parlaments mehr als doppelt so viel, nämlich 13.000. Wer soll da noch den Überblick behalten?
Die EU hat dieses Problem mittlerweile erkannt und erste Gegenmaßnahmen eingeleitet. Im Mittelpunkt stehen dabei sogenannte Omnibusgesetze. Die Idee: Der Omnibus nimmt alle Regulierungen, Richtlinien oder Verordnungen zu einem Thema mit. Das ist grundsätzlich positiv, weil dadurch Widersprüche zwischen unterschiedlichen Rechtsnormen vermieden werden. Das ist aber zu wenig. Wir brauchen auch insgesamt deutlicher weniger Regulatorik.
Weniger Regulierung führt dann auch – ganz automatisch – zu weniger von ihr verursachten Bürokratie. Weniger Bürokratie wiederum reduziert den Personalbedarf im öffentlichen Sektor, was sich positiv auf die gesamtwirtschaftliche Produktivität auswirkt.
Drei Beispiele für überflüssige Regulatorik und damit zusammenhängend auch überflüssige Bürokratie:
- Die ESG-Berichterstattung, also die Dokumentation zu den Aspekten Umwelt, Soziales und Unternehmensführung. Sie sollte komplett abgeschafft werden.
- Die Taxonomie-Verordnung sollte auf ihren ursprünglichen Zweck – die Schaffung von Transparenz für Anleger am Kapitalmarkt – zurückgeführt werden. Die Banken-Regulatorik sollte sich ausschließlich an finanzwirtschaftlicher Nachhaltigkeit orientieren.
- Und auch das Lieferkettengesetz sollte auf ein notwendiges Mindestmaß zusammengestutzt werden. Denn so sehr wir die gute Absicht teilen, so sehr sind wir auch davon überzeugt, dass die jetzige Ausgestaltung kontraproduktiv wirkt und häufig auch nicht im Interesse von Menschen anderen Staaten wirkt, die eigentlich beschützt werden sollen. Die unkalkulierbare Androhung von Schadenersatzforderungen für Sachverhalte, die man nicht oder nur zum Teil beeinflussen kann, wirkt insbesondere auf mittelständische Unternehmen abschreckend. Im Zweifelsfall behindert sie sogar eine erfolgreiche Unternehmensnachfolge.
Inzwischen hat die EU erkannt, dass sie sich in der vergangenen Wahlperiode mit der Konzentration auf den “Green Deal” vergaloppiert hat.
Kommissionspräsidentin von der Leyen hat deshalb in ihrer Rede zur Wiederwahl im Juli dieses Jahres angekündigt, die Wettbewerbsfähigkeit der EU durch einen “Clean Industrial Deal” stärken zu wollen. Während der Green Deal eine umfassende grüne Transformation der Wirtschaft beschreibt, soll der Fokus beim Clean Industrial Deal lediglich auf einer emmissionsarmen, aber auch wettbewerbsfähigen Industrie liegen. Falls dieser Move zu mehr Realismus und Pragmatismus führen sollte, begrüßen wir das sehr.
Es gilt aber die Warnung vor Subventionen für einzelne Unternehmen oder Industriesektoren. Sie kennen meine Begründung für diese Warnung: Alle Teile der Wirtschaft bedingen sich gegenseitig, wie die einzelnen Teile eines Ökosystems. Einzelförderungen, Subventionen oder Ähnliches führen zu Fehlallokationen, die sich meistens als Fehlentscheidung herausstellen. Die Beispiele Northvolt oder Intel haben uns dies gerade wieder gelehrt.
Es ist ein Drama der EU, dass es ihr in der vergangenen Legislatur nicht gelungen ist, relevante Handelsabkommen abzuschließen. Im Ergebnis bedeutet dies, dass wir mit der überwiegenden Wirtschaftskraft der Welt keine Abkommen haben:
- Freihandel: Deutschland + diverse Staaten: 36 Prozent
- Befreundete Staaten ohne Abkommen: 43 Prozent
- Derisking: 21 Prozent
Den Abschluss der Mercosur-Verhandlungen für ein Freihandelsabkommen zwischen der EU auf der einen und Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay auf der anderen Seite begrüßen wir sehr! Dass in diesem Bereich erheblicher Verbesserungsbedarf besteht, zeigt allein die Zeitdauer der Verhandlungen: 25 Jahre! Um es klar zu sagen: Deutschland hat als exportstärkstes Land der EU das allergrößte Interesse daran, dass die EU mit möglichst vielen Ländern Freihandelsabkommen schließt.
Klar ist auch, dass sowohl China als auch die USA die EU spalten wollen. Ihr Kalkül: Wenn sie mit den einzelnen Ländern separat verhandeln, können sie ihre Größe ausspielen und zu aus ihrer Sicht günstigeren Bedingungen kommen. Europa kann dabei nur verlieren. Deshalb müssen wir zuerst Einheit nach innen herstellen und anschließend geschlossen nach außen auftreten. Ohne diese Geschlossenheit sind wir de facto nicht verhandlungsfähig.
Ein Grund für die lange Zeitdauer von Mercosur und für gescheiterte Abkommen: Wir, die EU-Länder, stehen uns allzu oft selbst im Weg. Auch weil Handelsabkommen für ganz andere Politikfelder instrumentalisiert wurden. Es ist Mode geworden, Handelsabkommen mit sachfremden Themen zu überfrachten und damit letztlich zu blockieren oder sogar ganz zu verhindern. Daran hat sich auch Deutschland intensiv beteiligt. In keinem anderen Land der EU wurde das Freihandelsabkommen mit den USA, TTIP, so verbissen und ideologisch bekämpft wie in Deutschland. Das “Chlorhühnchen” lässt grüßen.
Was wir stattdessen brauchen: ein klares Bekenntnis Deutschlands zum Freihandel. Und die Einsicht, dass Handelsabkommen nun mal Handelsabkommen sind. Nicht mehr und nicht weniger.
Was sie nicht sind: Vehikel, um unsere gesellschaftlichen Werte und Vorstellungen in andere Länder zu exportieren. Oder um Versäumnisse an anderer Stelle zu kaschieren bzw. zu kompensieren, wie beispielsweise eine unzureichende Strukturpolitik Frankreichs für seine ländlichen Regionen.
Diese europäische Einigkeit und Geschlossenheit brauchen wir auch bei einer anderen Herausforderung: der neuen US-Regierung. Der Umgang mit Trump wird ohne Zweifel “rough”. Aber wir dürfen jetzt nicht wie das Kaninchen auf die Schlange starren. Wenn Trump einen Deal mit der EU haben will, soll er ihn bekommen. Und wenn wir uns einig sind, dann wird das nicht zu unserem Schaden sein.
Ein weiteres drängendes Handlungsfeld auf europäischer Ebene ist die irreguläre Migration. Die bestehenden Regeln funktionieren nicht. Der Verdruss hierüber ist einer der maßgeblichen Gründe für das Erstarken der politischen Ränder.
Wir brauchen dringend eine funktionierende und gesteuerte Migrationspolitik, wenn wir unser demokratisches System und unsere wirtschaftliche Handlungsfähigkeit nicht gefährden wollen. Diese Steuerung betrifft die Zahl der Einwanderer, ihre Qualifikation und vor allem ihre Integrationsbereitschaft.
Die EU muss sich wieder sehr viel strenger als bislang am Subsidiaritätsprinzip orientieren. Es muss wieder sichergestellt werden, dass politische Entscheidungen so nahe wie möglich an den Bürgern getroffen werden, also auf der untersten politischen Ebene. Die EU soll nur regeln, was auch einen Mehrwert bringt, um so der Entfremdung zwischen Europa und Bürger entgegenzuwirken.
Draghi kommt in seinem Bericht zu vielen richtigen Schlussfolgerungen, um die Wettbewerbsfähigkeit Europas zu verbessern. Eine seiner Schlussfolgerungen teile ich allerdings ausdrücklich nicht: seine Empfehlung, Schulden auf der europäischen Ebene zuzulassen bzw. auszuweiten.
Deutschland reagiert aufgrund seiner historischen Erfahrungen auf Inflation sehr viel sensibler als die meisten anderen europäischen Länder. Meine Vorfahren haben zwei sogenannte Währungsreformen erlebt und ihr gesamtes Gelvermögen verloren. Das ist tief im kollektiven Gedächtnis Deutschlands verankert. Deshalb hat Deutschland die D-Mark nur unter der Bedingung aufgegeben, dass der Euro nicht zu einer Inflationsgemeinschaft und die EU nicht zu einer Schuldengemeinschaft wird.
Wie sich eine zu hohe Staatsverschuldung auswirkt, müssen gerade unsere französischen Nachbarn schmerzhaft erleben. Letztlich waren es die überhöhten Staatsschulden, die zu der aktuellen Staatskrise geführt haben. Das sollte der EU, aber auch uns, eine Mahnung sein. Für mich ist es deshalb unabdingbar, dass die Maastricht-Kriterien, die die Grundlage für Deutschlands Beitritt zur Währungsunion waren, dauerhaft Bestand behalten.
Kommen wir nun zu Deutschland, liebe Gäste! Auf nationaler Ebene haben wir zwei Arten von Problemen:
Zum einen die von der EU kommenden Herausforderungen und zum anderen die originär nationalen Themen.
Auch wenn wir das größte Land in der EU sind, machen wir doch nur knapp ein Drittel der Exporte, weniger als ein Viertel des europäischen BIPs und weniger als ein Fünftel der EU-Bevölkerung aus. Es wäre also vermessen zu glauben, Deutschland könnte allein europäische oder gar globale Probleme lösen.
Beispiel Klimaschutz: Die EU-Klimaschutz-Ziele sind richtig und wichtig. Die Mitgliedsstaaten haben sich gemeinsam darauf verständigt. Doch Deutschland legte in einer Mischung aus Selbstüberschätzung und Sendungsbewusstsein nach dem Motto „Am deutschen Wesen soll die Welt genesen“ in den vergangenen Jahren immer wieder einen besonderen Ehrgeiz an den Tag.
Dabei haben wir die europäischen Partner aus dem Blick verloren, ganz im Stile eines egoistischen und selbstverliebten Gipfelstürmers, der seine vermeintlich zu langsame Seilschaft verlässt, um selbst als erster auf dem Gipfel zu stehen. Das schadet uns und der EU als Ganzes.
Im Fall des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes oder der Besteuerung von CO2-Emissionen im Verkehrs- und Gebäudesektor (BEHG) war es ein “vorauseilender Ehrgeiz”, in dem Deutschland mit nationalen Regelungen vorgeprescht ist, um sie hinterher den europäischen Partnern aufzubürden. Hierdurch entsteht der Eindruck, als wüsste Deutschland alles besser. Andere EU-Länder können dies als Dominanz-Strategie wahrnehmen.
Neben diesem vorauseilenden Ehrgeiz gibt es noch den nachlaufenden Ehrgeiz: den Fall des sogenannten Gold-Plating. Weil man die gemeinsam vereinbarte Regulatorik für zu lasch hält, geht man bei der Umsetzung in nationales Recht noch über die gemeinschaftliche Regulierung hinaus.
Für Sonderwege – ob vorauseilend oder nachlaufend – ist in einem Binnenmarkt aber naturgemäß kein Platz. Denn durch die Sonderwege wird der gesamte europäische Markt wieder fragmentiert, also genau das Gegenteil von dem bewirkt, was mit dem Binnenmarkt erreicht werden soll.
“Single-Market” heißt: gleiche Regeln für alle, überall und zur gleichen Zeit.
In der Migrationspolitik ist das Muster ähnlich: Unsere besonders hohen Standards, beispielsweise im sozialen Sicherungsniveau, machen uns für Flüchtende besonders attraktiv. Die Wahrnehmung einiger ost- und südeuropäischer Partner ist dabei: “Diese Pull-Faktoren führen zu mehr Einwanderungsdruck bei uns.” Und das ist Wasser auf die Mühlen bestimmter politischer Kräfte. Sie wissen, wen ich im Blick habe.
Liebe Gäste, kommen wir nun zu den Themen, die wir primär in unserem eigenen Land lösen müssen.
Das nach meiner Einschätzung mit weitem Abstand größte Problem Deutschlands ist die demographische Entwicklung.
Eine Frau bringt in ihrem Leben in Deutschland durchschnittlich 1,35 Kinder zur Welt – nötig wären 2,1 Kinder pro Frau, um die Bevölkerungszahl stabil zu halten. Das ist dramatisch und nur in sehr langen Zeiträumen zu ändern.
Können Sie mir erklären, warum wir das weder ausreichend diskutieren und keinerlei Willen erkennbar ist, diese Herausforderung anzunehmen?
Diese Überalterung hat weitreichende gesellschaftliche Folgen, belastet unser Sozial- und Rentensystem und schmälert unser wirtschaftliches Wachstumspotenzial, unsere Innovationsfähigkeit und unsere Produktivität. Können Sie mir erklären, warum wir der Lösung dieses wichtigen Problems nicht alles unterordnen? Müssten wir nicht alles dafür tun, eine kompromisslos kinderfreundliche Gesellschaft aufzubauen?
Dies erfordert viele Schritte, die meine Redezeit hier überfordern würden. Aber ein wichtiger erster Schritt wäre ein quantitativ ausreichendes und qualitativ funktionierendes und gutes Angebot im Kita- und Kindergartenbereich. Das setzt sich fort in Betreuungs-Angeboten in der Grundschule oder mit Ferienangeboten für das Jugendalter.
Die Alternative darf doch nicht lauten: Kind oder Karriere. Die neue gesellschaftliche Norm müsste sein: Kind und Karriere!
Aber wir sind nicht einmal bereit, uns mit den Folgen dieser katastrophalen demographischen Entwicklung sachgerecht auseinanderzusetzen. Wir haben durch politische Fehlentscheidungen, wie beispielsweise die sogenannte Rente mit 63, einen geradezu dysfunktionalen Arbeitsmarkt und beschleunigen den Niedergang der Sozialversicherungssysteme geradezu mutwillig!
Die Rente ist nicht sicher, falls Sie zu den jüngeren unter uns zählen, und wir fahren sie mutwillig an die Wand. Kommentatoren bezeichneten das vom Arbeitsminister geplante “Rentenpaket 2” als “das teuerste Sozialprojekt des Jahrhunderts”.
Man kann vom Scheitern der Ampel halten, was man will, aber das Scheitern des Rentenpaktes 2 ist jedenfalls ein Gewinn für die jüngere Generation, die dafür hätte zahlen müssen.
Wo wir beim Thema Kinder und Zukunft sind: Kaum ein Thema wird dieser Tage so intensiv diskutiert wie die Schuldenbremse, die kommende Generationen vor der Übergriffigkeit der politischen Vertreter der jetzigen Generation schützen soll.
Um es klarzustellen: Dieses Ziel bleibt richtig und wichtig, aber ich erteile jedem eine klare Absage, der meint, alle Probleme mit einer Lockerung der Schuldenbremse lösen zu können. Getreu dem Motto: “Ein Problem, dass Du nicht mit Geld lösen kannst, musst Du halt mit viel Geld lösen.”
Richtig ist aber auch, dass wir mehr in Bildung und Infrastruktur investieren müssen; zu Lasten des Konsums. Aber wie organisiert man das politisch am besten? Was ist zu tun, bevor man leichtfertig die Axt an die verfassungsrechtlich verankerte Schuldenbremse legt?
Hierzu möchte ich Ihnen meine Gedanken vortragen und meine Bedingungen nennen, bevor man an eine Aufweichung der Schuldenbremse überhaupt nur denken kann:
- Zunächst braucht es die Einsicht, dass der Staat kein Einnahme-, sondern ein Ausgabeproblem hat. Die gesamtstaatlichen Steuereinnahmen überschreiten bald erstmals die Schwelle von einer Billion Euro. Sie haben sich damit innerhalb von knapp 20 Jahren verdoppelt! Das viele Geld wird “nur” falsch ausgegeben, zu wenig Investitionen, zu viel Konsum, zu viel Verschwendung!
- Danach braucht es die Erkenntnis, dass Schulden teuer sind. Bereits jetzt zahlen wir im Bund 37,6 Milliarden Euro pro Jahr für Zinsen, das entspricht acht Prozent des Bundeshaushalts. Dieses Geld fehlt schon jetzt für Bildung und Infrastruktur. Manche behaupten, dass Deutschland im Vergleich zu den anderen EU-Staaten doch so gut dastehe, dass eine niedrige Verschuldung geradezu unverantwortlich wäre. Das Gegenteil ist der Fall. Machen wir dazu ein kurzes Gedankenexperiment: Frankreich hat einen höheren Verschuldungsgrad und muss daher einen um circa 0,85 Prozentpunkte höheren Zins zahlen. Wäre Deutschland vergleichbar verschuldet, würden die jährlichen Zinszahlungen 80 Milliarden Euro betragen, was 17 Prozent des Haushalts entspräche. Wollen wir das wirklich?
- Strenge Einhaltung der Maastricht-Kriterien, weil dies, wie geschildert, die Voraussetzung für die Aufgabe der D-Mark und die Einführung des Euros in Deutschland war.
- Die Aufgabenverteilung zwischen Staat, Wirtschaft und Bürgern muss neu justiert werden. Also: was sind die Kernaufgaben des Staates, was muss der Markt mit seinen Unternehmen regeln und was sollte in der Selbstverantwortung der Bürger liegen?
Klar ist: Der Staat muss seine originären Aufgaben effektiv und effizient erfüllen. Welche sind das? Ich plädiere im Kern für den Erhalt und die Modernisierung unserer Infrastruktur, für eine digitale und gut funktionierende Verwaltung, für eine international wettbewerbsfähige Bildung, ein gutes Gesundheitswesen sowie für die Gewährleistung der inneren- und äußeren Sicherheit. Nach dieser grundsätzlichen Aufgabenkritik gilt es dann hinsichtlich der Ausgaben zu priorisieren.
Die politisch häufig verwendete Formulierung – “Man darf die Interessen des Einen nicht gegen die Anderen ausspielen” – bedeutet in Wahrheit eine Verweigerung der dringend notwendigen Priorisierung und ist ein Plädoyer für ein endloses „sowohl als auch“. Der Blick auf die aktuelle Diskussion in den Kommunalfinanzen zeigt doch, dass spätestens jetzt die Frage nach dem “entweder oder” gestellt werden muss.
Zu den Kernaufgaben des Staats zählt auch die Organisation von sozialer Sicherheit. Jedoch müssen die Bürger aufhören, in erster Linie den Staat für das eigene Wohlergehen verantwortlich zu machen. Unser Sozialstaat muss im Sinne einer sozialen Marktwirtschaft neu justiert werden.
Erst wenn diese Punkte erkannt und umgesetzt sind, ist eine Reform der Schuldenbremse denkbar.
Der Sachverständigenrat hat hierzu Vorschläge unterbreitet, die ich Ihnen sehr verkürzt skizzieren möchte:
- Schaffung eines Verkehrsinfrastrukturfonds zur Verstetigung und Erhöhung der Investitionen im Verkehrsbereich
- Mindestquote zur Erhöhung der Ausgaben in den Bereichen Bildung und Verteidigung
- Flexibilisierung der Schuldenneuaufnahme in Abhängigkeit von der Schuldenquote
Ich halte die grundsätzlichen Überlegungen des Sachverständigenrats für durchaus plausibel und überlegenswert, auch wenn ich die genannten Zahlen zu einer möglichen Neuverschuldung für zu hoch halte.
Damit ich nicht falsch verstanden werde: Für mich und die überwiegende Anzahl meiner Kolleginnen und Kollegen ist zurzeit nicht erkennbar, dass die Politik die von mir genannten notwendigen Voraussetzungen schaffen wird, um eine Reform der Schuldenbremse überhaupt diskutieren zu können. Wir haben wenig Zutrauen, dass die handelnden Politiker den Investitionsbegriff sauber definieren würden. Bis zum Beweis des Gegenteils bleiben wir deshalb bei einem “Nein” zur Änderung des Grundgesetzes.
Meine Prognose: Die neue Regierung wird Mittel und Wege finden, die Schuldenbremse beispielsweise durch neue Sondervermögen, die eigentlich Sonderschulden sind, zu umgehen.
Es liegt auf der Hand, dass uns die bundes- und europapolitischen Herausforderungen zurzeit ganz besonders bewegen, aber lassen Sie mich zum Schluss noch einen kurzen Blick auf die Region werfen.
Auf Landesebene wird derzeit der Bürokratieabbau heiß diskutiert. Erste Ansätze zeigen in die richtige Richtung. Wir müssen jedoch feststellen, dass auf der einen Seite Entlastungen angekündigt werden, nur um sie woanders doppelt und dreifach draufzupacken. Ein Beispiel hierfür ist das drohende Landesmobilitätsgesetz.
Als neu gewählter Vizepräsident des baden-württembergischen Industrie- und Handelskammertages werde ich mich entschieden dafür einsetzen, dass dieses Gesetz in seiner jetzigen Form nicht beschlossen wird.
Innerhalb der Metropolregion bewegt sich einiges. Im neuen Vorstand des “Zukunft Metropolregion Rhein-Neckar” (ZMRN) haben wir die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts fokussiert und viel höher priorisiert und eine entsprechende Strategie verabschiedet. Ein richtiger und wichtiger Schritt.
Unsere IHK Metropolregion Rhein-Neckar (MRN) geht dazu in Vorlage: Wir haben eine Studie zur Zukunftsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts beim Institut der Deutschen Wirtschaft in Auftrag gegeben. Einige von Ihnen haben hieran bereits in Form von Expertengesprächen oder der Beteiligung an unserer Umfrage mitgewirkt. Herzlichen Dank dafür! Besonders danken möchte ich an dieser Stelle Albrecht Hornbach, meinem Präsidenten-Kollegen von der IHK Pfalz, die hierfür die Federführung übernommen hat.
Außerdem arbeitet die Wirtschaft der Region aktuell an einem grenzüberschreitenden Wärmeverbund, mit dem die Dekarbonisierung vorangetrieben werden soll. Wir wollen das vorhandene Fernwärmenetz nutzen und ausbauen, um Abwärme aus Industrieprozessen für andere Unternehmen und private Haushalte nutzbar zu machen.
Getrübt wird das Bild von der Situation bei den Rheinquerungen. Auch wenn der Neubau der Hochstraße-Süd in Ludwigshafen gut vorankommt, bereitet mir der Zustand unserer Rheinbrücken sehr große Sorgen. Wir steuern sehenden Auges in eine Situation hinein, die zum Kollaps der rheinquerenden Verkehre führen kann. Wir brauchen dringend eine energische maximale Kraftanstrengung, um die akuten Probleme zu lösen.
Langfristige Abhilfe schafft nur eine moderne weitere Rheinquerung, die den Verkehr nicht durch die beiden Städte Mannheim und Ludwigshafen führt. Hierzu fordern wir alle auf, die ursprünglich geplante Trasse bei Altrip im Rahmen des rechtlich Möglichen freizuhalten.
Wer die Haushaltsberatungen in unseren Kommunen verfolgt, der sieht, dass die Probleme unseres Standortes längst in den Städten und Gemeinden angekommen sind. Überall wird es finanziell enger. Mancherorts auch zu eng.
So kämpft beispielsweise Mannheim um seine finanzielle Eigenständigkeit. Die Lasten sind so hoch, dass das Einschreiten der Kommunalaufsicht droht. Ein Grund für diese finanziell schwierige Lage liegt in den Belastungen durch das Klinikum. Immerhin gibt es durch die Krankenhausreform des Bundes nun eine Perspektive, die kartellrechtlichen Probleme zu lösen, die der Fusion mit Heidelberg bislang entgegenstehen.
Maßgeblichen Anteil daran, dass es auf kommunaler Ebene enger wird, haben das Land und der Bund. Sie profilieren sich auf Kosten der Kommunen. Und das im wahrsten Sinne des Wortes: Immer wieder schaffen Bund und Land Leistungen und Rechtsansprüche, die die Kommunen erfüllen müssen, ohne dass ihnen dafür ausreichende Mittel zur Verfügung gestellt werden.
Die Liste der Beispiele ist lang und zeigt, dass das Vorgehen System hat: Bundesteilhabegesetz, Ganztagsförderungsgesetz, oder der Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz: Das Alles sind berechtige politische Ziele. Aber durch die Art ihrer Umsetzung werden sie zu Verträgen zulasten Dritter. Zu Lasten der Kommunen.
Wir stehen hier an der Seite der Kommune. Und deshalb freue ich mich, dass mit Landrat Dr. Brötel ein Vertreter aus unserer Region nun an der Spitze des Deutschen Landkreistages steht. Viel Erfolg, lieber Achim Brötel, bei Ihrem Kampf mit dem Bund und den Ländern!
Allerdings: Ganz unschuldig sind viele Kommunen an ihrer Lage auch wieder nicht. Getrieben von sprudelnden Einnahmen haben auch viele Städte und Gemeinden in den zurückliegenden Jahren über ihre Verhältnisse gelebt, und nun können sie nicht mehr schnell genug die Reißleine ziehen, wenn sie Investitionsruinen vermeiden wollen.
Was jetzt nicht passieren darf: Haushaltslücken durch Steuererhöhungen zu schließen! Das würde die Krise des Standortes Deutschland weiter verschärfen. Zum einen kann es Unternehmen dazu veranlassen, insbesondere ertragreiche Unternehmensteile an andere Standorte zu verlagern. Zum andern entzieht dies Mittel, die für Investitionen dringend gebraucht würden. Das gilt sowohl für die Gewerbe-, als auch für die Grundsteuer sowie für die Erfindung neuer kommunalen Steuern und Abgaben.
In Heidelberg beispielsweise wird derzeit über die Einführung einer kommunalen Verpackungssteuer für “To Go-Lebensmittel” nachgedacht. Manch andere Kommunen liebäugeln damit, warten schlauerweise aber zunächst die höchstrichterliche Rechtsprechung hierzu ab.
Es ist ein Gebot der Verhältnismäßigkeit, das jeweils mildeste Mittel zu wählen, um ein Ziel zu erreichen. Im konkreten Fall ist aber sogar das Ziel unklar. Geht es um saubere Straßen und Plätze oder geht es um die Vermeidung von Verpackungsmüll im Allgemeinen oder geht es einfach nur um die Generierung für Einnahmen?
Kommunale Alleingänge führen immer zu einem Flickenteppich von unterschiedlichen Regelungen. Für Unternehmen, die in mehreren Kommunen tätig sind – denken Sie an die vielen Filialbetriebe – multipliziert sich damit der Bürokratieaufwand.
In der Medizin – und da ist Heidelberg nun wirklich spitze – hat sich die minimalinvasive Operation durchgesetzt. Hierzu rate ich auch im Falle der kommunalen Verpackungssteuer. Zunächst sollte geschaut werden, ob das Problem wirklich existiert oder nur behauptet ist. Und falls das Problem besteht, sollte man die Verursacher ins Visier nehmen und nicht pauschal 1.200 Unternehmen mit einer neuen Steuer überziehen.
Neue Bürokratie winkt auch für nur in Heidelberg tätige Unternehmen: Für die Abgabe wäre eine weitere Steuererklärung notwendig. Lieber Eckart Würzner, ich weiß, dass Sie selbst kein Anhänger der Verpackungssteuer sind. Ich wünsche Ihnen daher eine glückliche Hand, diese Diskussion wieder in geordnete Bahnen zu lenken.
Sehr gut aufgestellt ist Heidelberg im Bereich der Existenzgründung. Mit der Technologiepark GmbH und dem Heidelberg Innovation Park (HIP) hat die Stadt ein Ökosystem aufgebaut, um Ausgründungen aus der Universität und den Forschungseinrichtungen zu unterstützen und sich damit zukünftige Wirtschaftszweige zu erschließen.
Im Rhein-Neckar-Kreis ist die Digitalisierung auf einem sehr guten Weg, weil der Kreis mit seinem “Backbone-Netz” sich frühzeitig engagiert hat. Die meisten Gewerbegebiete sind bereits oder werden in Kürze an das Glasfasernetz angeschlossen.
Apropos Gewerbegebiete: Wir haben bekanntermaßen einen Mangel an Gewerbeflächen in der Metropolregion. Aufgrund der guten Verkehrsanbindung kommt dem Rhein-Neckar-Kreis eine besondere Rolle bei der Lösung dieses Problems zu. Das muss im Landesentwicklungsplan, der sich derzeit in Fortschreibung befindet, berücksichtigt werden.
Im Neckar-Odenwald-Kreis ergeben sich neue Chancen durch die Energiewende. Der Kreis hat – wie wir in der IHK-Stromstudie aufgezeigt haben – erhebliches Potenzial für erneuerbare Energien. Außerdem müssen in den nächsten Jahren zahlreiche konventionelle Kraftwerke neu gebaut werden, um die Stromversorgung in Zeiten einer Dunkel-Flaute sicherzustellen. Hierfür bietet sich Obrigheim an. Durch das ehemalige Kernkraftwerk sind Teile der Netz-Infrastruktur dort bereits vorhanden.
Unter dem Namen jobNOK haben wir im und für den Neckar-Odenwald-Kreis eine Fachkräfteoffensive gestartet, die speziell an die Bedürfnisse des ländlichen Raums angepasst ist. Sie wurde vorhin in unserer Vollversammlung vorgestellt. Ich danke Ihnen, lieber Achim Brötel, für Ihre Unterstützung in dieser Sache!
3. Grund zur Zuversicht
Meine Damen und Herren,
Sie merken, es ist viel zu tun! Ich bin dabei zuversichtlich, dass unser Land diese großen Aufgaben und Reformen angehen kann und wird.
Woraus sich meine Zuversicht speist:
Deutschland hat schon viele Male gezeigt, dass mit unterschiedlichsten Herausforderungen umgehen kann. Bestes Beispiel: Wir haben es in den Jahren nach 1989 geschafft, eine komplett marode Volkswirtschaft mit 17 Millionen Einwohnern in einer schmerzhaften Rosskur aufzufangen und zu sanieren. Die ostdeutschen Länder sind heute tatsächlich “blühende Landschaften” und stehen infrastrukturell besser da als der Westen.
Die Agenda 2010 der damaligen rot-grünen Bundesregierung hatte ich schon kurz genannt: Anfang der 2000er Jahre herrschte Massenarbeitslosigkeit. Die Sozialsysteme waren überfordert. Die Agenda 2010 legte mit schmerzhaften, aber notwendigen strukturellen Reformen den Grundstein für den anschließenden, langanhaltenden Wirtschaftsaufschwung.
Worauf wir noch viel stolzer sein sollten, ist unser Mittelstand. Es gibt weltweit ca. 4.000 sogenannte Hidden Champions. Davon befinden sich knapp die Hälfte in Deutschland. Diese sind unser USP in der Welt! Das sind Unternehmen, zumeist aus dem Mittelstand, die vor allem gute Rahmenbedingungen brauchen, um weiter zu wachsen.
Deutschland war und ist ein Land der klugen Köpfe. Unsere Fachkräfte sind bis heute im internationalen Vergleich gut ausgebildet und wir können uns auf unsere vielen Ingenieure verlassen. Knapp 25 Prozent unserer Studenten an Universitäten und Fachhochschulen sind in ingenieurwissenschaftlichen Studiengängen eingeschrieben. Damit sind wir weltweit die Nummer 1!
Die Mannheimer GESIS-Studie zeigt zudem ganz aktuell, dass die Grundkompetenzen der Erwachsenen in Deutschland über dem internationalen Durchschnitt liegen und sich im Zehn-Jahres-Vergleich nicht verschlechtert haben. Beatrice Rammstedt, GESIS-Vizepräsidentin und Professorin an der Universität Mannheim, ist heute unser Gast: Eine wichtige Studie mit für uns sehr erfreulichen Ergebnissen, liebe Beatrice Rammsted!
Das Alles stimmt mich zuversichtlich, dass wir auch in Zukunft immer wieder Lösungen finden werden.
Die aktuelle Krise hat bereits zu einer Wiederentdeckung der Wirtschaft geführt. Das merkt man auch daran, dass sich die Bedeutung der Themen verschoben hat. Wirtschaft hat die Themen Klimaschutz und Migration inzwischen von der Spitze verdrängt. Die, für die alles nur ein Verteilungsproblem ist, sind mit ihrem Latein am Ende.
Jetzt geht es wieder um die Frage der Entstehung, um die Erzeugung von Wachstum, Mehrwert und Einkommen. Und da, meine Damen und Herren Unternehmer, sind wir die Experten. Dementsprechend wird unser Rat jetzt auch wieder gesucht.
Die deutsche Wirtschaft ist – wie Gulliver – ein gefesselter Riese und jedes einzelne Gesetz – egal, wie gut es begründet sein mag – trägt zu dieser Fesselung bei. Lösen wir die Fesseln! Und zwar schnell! Auch für Riesen gilt: Je länger man liegend verharrt, desto schwerer fällt das Aufstehen.
Die neue EU-Kommission hat ihren Kurs wie oben bereits geändert und räumt Wirtschaft und Wachstum jetzt zumindest verbal eine viel höhere Priorität ein.
Jetzt kommt es drauf an, dass wir diesen europäischen Impuls auch in Deutschland aufnehmen, umsetzen und verstärken. Auch in Deutschland muss jetzt Wirtschaft und Wachstum wieder an oberster Stelle stehen, damit unser Land wieder die Rolle der Konjunkturlokomotive übernehmen kann.
Kommenden Montag stellt der Bundeskanzler im Bundestag die Vertrauensfrage. Und damit wird der Weg für Neuwahlen frei gemacht. In neun Wochen ist es schon so weit! Ich meine: Im Vergleich zu einem neunmonatigen “Weiter so” der Ampel ist das eine konkrete, eine greifbare Perspektive.
Die anstehenden Neuwahlen erleichtern es, sich von einer Politik zu verabschieden, deren Geschäftsgrundlage mit dem Ende der Hochkonjunktur, dem russischen Überfall auf die Ukraine und dem Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts schon länger entfallen ist.
Gleichzeitig öffnet sich damit ein Fenster für Veränderungen. Auch im oben beschriebenen Sinne. Durch die anstehenden Neuwahlen haben wir die Chance, wieder ins Handeln zu kommen. Nichts liegt uns Unternehmern mehr, als zu handeln. Liebe Politik: Lassen Sie uns einfach machen – dann können Sie uns beim Wort nehmen.
Bildergalerie
Hier erhalten Sie Einblicke in den IHK-Jahresschlussempfang 2024.
Mannheim 11.12.2024 Rosengarten IHK Jahhresschlussempfang
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