Für lebendige Innenstädte – IHK MRN stellt Leitbild vor

Ludwigshafen, 15. Juli 2021. Die vier Industrie- und Handelskammern der Metropolregion Rhein-Neckar – Pfalz, Rhein-Neckar, Darmstadt Rhein Main Neckar und Rheinhessen (IHK MRN) – haben ein gemeinsames Leitbild zur “Zukunft Innenstadt” (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 1647 KB) veröffentlicht. Da die Corona-Krise den massiven Umbruch der Innenstädte und die damit verbundenen Herausforderungen für dort ansässige Betriebe beschleunigt hat, wollen die IHKs den Strukturwandel der Stadtzentren noch aktiver begleiten und vorantreiben. 
“Bereits vor der Corona-Pandemie hat ein Transformationsprozess eingesetzt, der seit dem Frühjahr 2020 massiv beschleunigt wurde”, erklärt Albrecht Hornbach, Präsident der IHK Pfalz. “Die fundamentalen Veränderungen der Innenstädte sind nicht nur für den Handel eine Herausforderung, sondern betreffen alle Innenstadtakteure. Der Megatrend ‚Stadt als Lebensraum‘ erfordert es, dass die gesamte Gesellschaft an der Erarbeitung von Lösungen und Zukunftsstrategien beteiligt wird.” 
Manfred Schnabel, Präsident der IHK Rhein-Neckar, hebt die Rolle des Unternehmertums hervor: “Unternehmer sind ein zentraler Teil der Stadtgesellschaft und als Arbeitgeber, Investoren oder Sponsoren wichtige Treiber der Stadtentwicklung. Die Mischung lokal verwurzelter Unternehmen und überregionaler Anbieter sichert Vielfalt und sorgt für ein unverwechselbares Innenstadt-Profil.”
Mittlerweile wird die Wettbewerbssituation des Innenstadtgewerbes nicht mehr allein lokal bestimmt, sondern die Unternehmen müssen sich sowohl der regionalen wie der Online-Konkurrenz stellen. Konsequenz: “Die Politik muss auf allen Ebenen diese neue Wettbewerbssituation im Blick haben und durch klare Regeln für ein ‚level playing field‘ sorgen, also faire Wettbewerbsbedingungen für alle”, fordert Schnabel. 
Das Leitbild identifiziert fünf Handlungsfelder, die eine entscheidende Rolle für die Innenstadtentwicklung spielen. Als zentralen Aspekt fordern die IHKs, Innenstädte zu Erlebnisorten umzugestalten. Attraktive Innenstädte erfüllen verschiedene Funktionen – von Handel, Hotellerie und Gastronomie über Dienstleistungen, Arbeit, Wohnen und Kultur bis zu Teilhabe und sozialen Interaktionsmöglichkeiten. 
“Der Umbruch in unseren Stadtzentren hat sich durch die Pandemie beschleunigt – doch unsere Innenstädte waren schon zuvor ständig im Wandel. Wenn wir sie als lebendige Anziehungspunkte erhalten wollen, müssen wir alle Kräfte bündeln. Von den Einzelhändlern sind attraktive Angebote, Servicequalität und Ideen gefragt – sie brauchen aber auch mehr Möglichkeiten, neue Konzepte und kreative Lösungen zu erproben”, stellt Michael Kundel fest, Vizepräsident der IHK für Rheinhessen. “Innenstadtakteure brauchen Spielraum statt Regulierung – mit einem neuen, unbürokratischeren Gestaltungsrahmen und innovativen Plattformen, die Entwicklungen vorantreiben. Das geht nur mit den richtigen gesetzlichen Rahmenbedingungen – und schnellen unbürokratischen Lösungen vor Ort, wie sie einige Kommunen während der Corona Krise zum Beispiel bei der Außengastronomie ermöglicht haben.” 
Ein weiteres Handlungsfeld ist die Digitalisierung. Viele Unternehmen stellt der Digitalisierungsdruck allerdings vor große Herausforderungen. Dadurch erhöht sich der Beratungsbedarf. Neue Vorgaben des Gesetzgebers sollten daher an Fördermöglichkeiten gekoppelt sein, um eine Überlastung der Wirtschaft zu verhindern. 
Durch veränderte Kundenerwartungen und demografische Veränderungen eröffnet sich das Handlungsfeld “Professionelles Citymanagement und Netzwerke etablieren”. “Nicht erst seit Corona wissen wir, dass wir die Aufenthalts- und Erlebnisqualität der Innenstädte und Ortszentren enorm verbessern müssen. Das wird nur über eine gemeinsame Strategie gelingen, an der alle vor Ort beteiligt sind. Also Wirtschaft, Wissenschaft, Kulturschaffende, Politik, Verwaltung und natürlich die Bürgerinnen und Bürger”, sagt Tatjana Steinbrenner, Vizepräsidentin der IHK Darmstadt. “Wir müssen neue Wege gehen, um die Menschen vor Ort wieder für die Innenstädte und Ortszentren zu begeistern”, wünscht sie sich. “Vor allem dürfen wir keine Zeit verlieren, sondern müssen direkt loslegen, ausprobieren und uns ehrlich machen. Wir reden hier von einem Prozess, der nicht in ein paar Monaten erledigt sein wird. Deswegen braucht es auch ein klares Bekenntnis der Rathausspitzen und einen zentralen Kümmerer vor Ort, der sich der Sache kontinuierlich annimmt”, so Steinbrenner. 
Der strukturelle Wandel der Innenstädte muss auch städtebaulich abgebildet werden. Um städtebauliche Missstände abzufangen und Verödungstendenzen entgegen zu wirken, müssen Gesetzgeber und Kommunen Möglichkeit schaffen, schneller und unbürokratischer auf Trends im Stadtumbau und veränderte Nutzungsanforderungen einzugehen. 
Ein weiteres Handlungsfeld konzentriert sich daher auf die Förderung der Quartiersentwicklung. Den Eigentümerinnen und Eigentümern von Innenstadtimmobilien kommt dabei eine zentrale Rolle zu. Es liegt in ihrem eigenen Interesse, an dieser Entwicklung aktiv mitzuwirken, um den Wert ihrer Immobilien zu erhalten oder im besten Fall zu steigern. Gleichzeitig muss der Gesetzgeber konsequent Bauvorschriften streichen, die Innovationen hemmen. Er muss außerdem Anreize für zukunftsfähige, nachhaltige Lösungen schaffen und bewährte Programme der Städtebauförderung implementieren. 
Das fünfte Handlungsfeld sieht die IHK MRN in der Erreichbarkeit der Innenstädte: “Nur wenn die Innenstadt schnell, sicher und auf vielen Wegen erreichbar ist, kommen Menschen in die Stadt. Dazu braucht es ein innenstadtnahes Stellplatzangebot genauso wie gut ausgebaute Radwege und eine sinnvolle Einbindung des lokalen und regionalen ÖPNV”, führt Hornbach aus. Gewährleistet bleiben müssen eine funktionierende City-Logistik und reibungslose Anlieferungen. Multimodale Mobilitätskonzepte bieten Möglichkeiten zur Optimierung der innerstädtischen Erreichbarkeit.