Ausbildungsmarkt insgesamt stabil / Große Unterschiede zwischen Regionen und Branchen
Mannheim, 15. September 2025. 3094 junge Menschen haben zum 1. September eine Ausbildung in einem IHK-Beruf gestartet. Das sind 1,8 Prozent weniger als vor einem Jahr. "Wir sind zuversichtlich, dass wir bis Jahresende das Vorjahresniveau noch erreichen oder sogar übertreffen können", sagte Manfred Schnabel, Präsident der Industrie- und Handelskammer (IHK) Rhein-Neckar, bei einer Pressekonferenz zur Lage am Ausbildungsmarkt. Erfreulich sei, dass in diesem Jahr fast exakt so viele neue Ausbildungsverhältnisse abgeschlossen worden sind wie im Vor-Corona-Jahr 2019. Das bestätige auch die Arbeit der IHK. Sie unterstützt die Azubi-Suche mit Instrumenten wie den Ausbildungsbotschaftern, Tagen der Berufsorientierung an Schulen, Azubi-Speed-Datings oder auch der bundesweiten Imagekampagne "Jetzt #könnenlernen. Ausbildung macht mehr aus uns".
Der genauere Blick in die Zahlen zeigt, dass die Entwicklung je nach Branche und Teilregion unterschiedlich ausfällt. So stieg die Zahl der Vertragsabschlüsse in den kaufmännischen Berufen moderat um 2,7 Prozent auf 2.039. Einen merklichen Schwund indes gab es bei den gewerblich-technischen Berufen: Hier gingen die Abschlüsse um 9,8 Prozent auf 1.055 zurück. "Rückgänge um jeweils rund zehn Prozent in den Berufen Metalltechnik, Elektrotechnik und Chemie erklären sich zu großen Teilen mit der nunmehr seit Jahren stagnierenden Produktion. Unsere wirtschaftliche Schwäche schlägt jetzt auf den Ausbildungsmarkt durch", kommentierte Schnabel. Dieser Befund zeige erneut, wie dringend die Politik die Rahmenbedingungen für Unternehmen verbessern müsse. "", mahnte der IHK-Präsident. Dieser Befund wird durch die Ergebnisse einer Umfrage unter 428 Ausbildungsbetrieben der IHK Rhein-Neckar bestätigt. Auf die Frage, ob sie mehr oder weniger Ausbildungsplätze als im Vorjahr anbieten, antworteten 27 Prozent mit "weniger", nur 14 Prozent mit "mehr" (Rest: gleichbleibend).
Bei der Betrachtung nach Teilregionen fällt auf, dass nur in Mannheim sowohl die Abschlüsse in den kaufmännischen (-5,7 Prozent), als auch in den gewerblich-technischen Berufen (-9,6 Prozent) zurückgehen (insgesamt: -7 Prozent). "Mannheim ist das neue Sorgenkind am regionalen Ausbildungsmarkt", stellte Schnabel fest. In Heidelberg und dem Rhein-Neckarkreis lägen die Gesamtzahlen hingegen leicht über Vorjahresniveau (+0,4 Prozent bzw. +0,9 Prozent). Im Neckar-Odenwald-Kreis steht sogar ein kräftiges Plus von 6,1 Prozent. "Aber auch in Heidelberg und den Landkreisen gilt: Die Zahl der gewerblich-technischen Ausbildungsberufe sinkt. Allerdings wächst hier die Zahl junger Menschen in kaufmännischen Berufen. Das fehlt in Mannheim", so der IHK-Präsident.
Die Ergebnisse der IHK-Umfrage zeigen, dass die Probleme der Ausbildungsbetriebe noch größer geworden sind, Bewerber zu finden. 48 Prozent gaben an, nicht alle angebotenen Plätze besetzen zu können bzw. dass sie gar keine Bewerbungen erhalten haben (+4 PP zum Vorjahr). Ein großes Problem bleibt zudem die Qualität der Schulabgänger. 84 Prozent erkennen hier Mängel. Auffallend dabei: Die Defizite werden weniger bei den kognitiven Kompetenzen als bei den sogenannten Soft Skills gesehen: Belastbarkeit (69 Prozent), Disziplin (64 Prozent) und mentale Leistungsfähigkeit (58 Prozent) werden am häufigsten genannt (Mehrfachnennungen möglich).
Entsprechend erkennen die Befragten Veränderungsbedarf im dualen Ausbildungssystem: 85 Prozent fordern mehr Praxisbezug in der Berufsschule, 69 Prozent eine verbesserte personelle und technische Ausstattung der Berufsschulen und 65 Prozent eine bessere Zusammenarbeit zwischen Schule und Betrieb. Mehr als die Hälfte (55 Prozent) erachtet es als sinnvoll, dass im ersten Lehrjahr der Fokus auf berufs- und fachübergreifende Kompetenzen gelegt werden sollte. Eine Spezialisierung stünde dann erst ab dem zweiten Lehrjahr an. "Solch eine Differenzierung würde zumindest teilweise auch dem Problem begegnen, dass die Klassen kleiner werden und daher die Fahrtwege zur Berufsschule oftmals sehr weit sind", erläuterte Schnabel. Seine Forderung an die Berufsschulen: Im Zweifelsfall sollte Unterricht lieber digital stattfinden als, dass Azubis sehr lange Anfahrtswege hätten.
An die Politik gerichtet formulierte er: "Die Landesregierungen müssen es endlich ermöglichen, dass Berufsschulunterricht über Landesgrenzen hinweg möglich ist. Diese Kleinstaaterei ist völlig aus der Zeit gefallen", kritisierte der IHK-Präsident. Nachholbedarf gebe es zudem an den allgemeinbildenden Schulen. "Die Einführung eines Schulfachs Berufs- und Studienorientierung war richtig. Doch bei der konkreten Umsetzung einer besseren Berufsorientierung ist noch viel Luft nach oben. Das betrifft die Lehrpläne genauso wie die konkrete Unterrichtsgestaltung vor Ort", so der IHK-Präsident.