Schwache Inlandsnachfrage ist größtes Geschäftsrisiko

Mannheim, 21. Oktober 2025. “Die Konjunktur zeigt sich im Herbst kraftlos und schwach. Sorgen bereitet vor allem die Industrie: Hier sind Lage und Erwartungen deutlich ins Minus gedreht, ebenso die Auftragsentwicklung. Ein wichtiger Grund sind die Exportgeschäfte, die spürbar nachlassen. Das zieht auch den Großhandel mit runter”, kommentiert Dr. Axel Nitschke, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Rhein-Neckar, die Ergebnisse der aktuellen Konjunkturumfrage, an der sich 344 Unternehmen aus allen Wirtschaftszweigen beteiligt haben. Stabilisierend wirken die Dienstleister, vor allem die unternehmensnahen IT-Dienstleister und die Finanzwirtschaft. “Insgesamt zeichnet sich in der Rhein-Neckar-Region somit keine Trendwende ab, der erhoffte gesamtwirtschaftliche Aufschwung bleibt bislang aus”, so Nitschke.
Über alle Branchen hinweg schätzen die Unternehmen ihre Lage und Erwartungen nicht besser ein als im Frühsommer. Der IHK-Konjunkturklimaindex, Gradmesser für die wirtschaftliche Entwicklung, verharrt weiter bei 100 Punkten. Erst Werte oberhalb der wichtigen 100-Punkte-Marke zeigen tendenziell Wachstum an. “Die Konjunktur kommt somit auch im Herbst 2025 nicht in Schwung. Von den Entlastungen, die die neue Bundesregierung versprochen hatte, kommt bei unseren Mitgliedsbetrieben bisher wenig an”, stellt Nitschke fest.
Die schwache Inlandsnachfrage (59 Prozent, +4 Prozentpunkte) stellt für die Unternehmen weiterhin das größte Risiko dar. Danach folgen die hohen Arbeitskosten, welche die wirtschaftliche Entwicklung von der Hälfte der Unternehmen einbremsen (50 Prozent, +2 PP). Auf dem dritten Platz der größten Hemmnisse liegt der Fachkräftemangel (45 Prozent, -2 PP), gefolgt von den hohen Energiekosten (40 Prozent, -4 PP). Die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen werden wieder häufiger als Risikofaktor genannt als in der Umfrage im Frühsommer (35 Prozent, +4 PP).
Im Durchschnitt aller Branchen melden aktuell acht Prozent der Unternehmen per saldo eine gute Geschäftslage, was im Vergleich zum Mai einen leichten Rückgang um einen Prozentpunkt bedeutet. Dabei bewerten aktuell nur die Dienstleister ihre Geschäftslage im Saldo als positiv. In der Industrie und vor allem im Handel überwiegen die negativen Stimmen deutlich. Die Verbraucherstimmung ist weiterhin sehr zurückhaltend.

So bleiben auch die Geschäftsaussichten im Durchschnitt eingetrübt. Der Saldowert liegt aktuell mit sieben Punkten im negativen Bereich, im Mai lag der Wert bei minus neun Punkten. “Die Verwerfungen im internationalen Handel, der schwache Konsum sowie die strukturellen Probleme auf dem Heimatmarkt lassen für die kommenden Monate keine Zuversicht aufkommen. Zwar sind mit Blick auf das Weihnachtsgeschäft die Erwartungen im Handel saisonüblich etwas angestiegen, unterm Strich bleiben die Aussichten jedoch auch hier deutlich getrübt”, so der Hauptgeschäftsführer.
Mit Blick in die einzelnen Wirtschaftssektoren fällt auf, dass sich die kritische Lage im verarbeitenden Gewerbe wieder verschärft hat. War die Geschäftslage im Frühsommer per saldo noch mit sechs Punkten im positiven Bereich, so fällt der Lageindikator aktuell um sieben Prozentpunkte auf -1 Punkt. Besonders die Auftragseingänge lassen deutlich nach. Per saldo melden 35 Prozent der Industriebetriebe rückläufige Aufträge aus dem In- und Ausland. Diese Entwicklungen wirken sich auch auf die Geschäftserwartungen aus, die sich gegenüber dem Frühjahr nochmals verschlechtert haben (Saldowert im Mai -4, aktuell -13 Punkte).
Hielten sich zu- und abnehmende Exporterwartungen bei den Industriebetrieben im Frühsommer noch die Waage, so ist im Herbst ein deutlicher Rückgang festzustellen. Der Saldo sinkt von +1 Punkt auf aktuell -11 Punkte. Der deutlichste Rückgang zeigt sich bei den Ausfuhrplänen für den nordamerikanischen Markt. Hier sinkt der Exportsaldo um 13 Prozentpunkte (von -13 auf -26 PP). “Die US-Handelspolitik belastet die Geschäftsaussichten unserer Unternehmen”, so Nitschke. Die Ausfuhrpläne nach Asien indes gehen nur leicht zurück und bleiben tendenziell positiv. Der Saldo der Exporterwartungen liegt hier aktuell bei +6 Punkten, im Mai waren es +9 Punkte.
Die Einzelhändler schätzen ihre Lage aktuell etwas besser ein als im Mai. Der Lagesaldo liegt bei -18 Punkten, im Frühsommer lag er bei -23 Punkten. Bei den Erwartungen für die kommenden zwölf Monate zeigt sich ebenfalls eine Verbesserung. Der Saldowert steigt um 18 Prozentpunkte, liegt jedoch mit -14 Punkten weiterhin im negativen Bereich. “Wir sehen, dass steigende Kosten für Energie, Personal und Mieten den Einzelhändlern große Sorgen bereiten. Zudem wirken sich das gestiegene Preisniveau, Arbeitsplatzsorgen und eine allgemeine Verunsicherung dämpfend auf das Verbrauchervertrauen aus, weshalb die Branche unter dem Strich insgesamt pessimistisch auf die kommenden Monate blickt”, erklärt der IHK-Hauptgeschäftsführer.
Die regionalen Großhändler und Handelsvermittler schätzen ihre Geschäftslage aktuell deutlich schlechter ein als im Frühsommer. Der Lagesaldo sinkt seit Mai um 23 Prozentpunkte auf aktuell -21 Punkte. “Der Großhandel ist eng mit der Industrie verknüpft. Schwächelt die Industrie, dann bekommt das auch der Großhandel zu spüren”, so Nitschke. Auch die Aufträge und Umsatzerwartungen sind per saldo klar negativ, sodass die Geschäftserwartungen getrübt bleiben (Saldowert im Mai -20, aktuell -16 Punkte).
Im Vergleich mit den anderen Sektoren beurteilen die Dienstleister ihre Lage weiterhin am günstigsten, der Abstand zu den anderen Wirtschaftsbereichen nimmt wieder zu. Aktuell liegt der Lagesaldo mit +19 Punkten im positiven Bereich, was einem Plus von drei Punkten seit Mai entspricht. Dabei melden insbesondere die Betriebe aus den unternehmensnahen Dienstleistungen und auch aus dem Finanzgewerbe gute Geschäfte. Auch die Geschäftserwartungen legen etwas zu. Der Saldo steigt um zwei Prozentpunkte an, positive und negative Erwartungen halten sich damit aktuell exakt die Waage.
Die Investitionsabsichten der Unternehmen lassen im Vergleich zum Frühsommer in allen Wirtschaftsbereichen nach. Mit Blick in die einzelnen Sektoren zeigt sich, dass der Investitionssaldo aktuell in keinem Wirtschaftsbereich positiv ist. Die Industrie zeigt sich noch zurückhaltender als im Frühsommer, der Saldo sinkt von -3 auf aktuell -10 Punkte. Bei den Händlern zeigt sich ein noch deutlicherer Investitionsrückgang. Der Wert liegt aktuell bei -15 Punkten, im Vergleich zu -2 Punkten im Mai. Und auch bei den Dienstleistern gehen die Investitionspläne zurück. Der Saldo sinkt von +4 Punkten um vier Prozentpunkte und zeigt sich somit ausgeglichen. “Die Unternehmen scheuen nach wie vor große Investitionen. Hier schlagen die geringe Kapazitätsauslastung und die fehlende Nachfrage voll durch”, erklärt Nitschke. Wenn investiert wird, dann bleibt der Ersatzbedarf mit 70 Prozent das vorherrschende Investitionsmotiv (Mehrfachnennungen möglich). Mehr als die Hälfte der Betriebe plant Investitionen in Digitalisierungsprozesse und drei von zehn investierenden Unternehmen möchten ihre Innovationsprojekte ankurbeln.
Die wirtschaftliche Stagnation schlägt immer mehr auf den Arbeitsmarkt durch. So fällt bei der Arbeitslosenquote die Herbstbelebung dieses Jahr deutlich schwächer aus als in den Vorjahren. Mit Blick auf die Region weist Mannheim im September 2025 eine Arbeitslosenquote von 7,9 Prozent (Anstieg um +0,3 Prozentpunkte im Vergleich zum Vorjahresmonat) auf, Heidelberg 4,8 Prozent (+0,4 Pp), der Rhein-Neckar-Kreis 4,7 Prozent (+ 0,4 Pp) und im Neckar-Odenwald-Kreis steigt die Arbeitslosenquote seit September 2024 um +0,4 Prozentpunkte auf aktuell 4,3 Prozent. Auch die Beschäftigungspläne der Betriebe aus der Region sind weiterhin rückläufig. Der Beschäftigungssaldo liegt aktuell bei -12 Punkten (Frühsommerwert: -15). Mit Blick in die einzelnen Sektoren liegt der Wert in der Industrie bei -31 (Frühsommerwert: -24), im Handel bei -19 (Frühsommerwert: -23) und bei den Dienstleistern bei -1 (Frühsommerwert: -7) Punkten. “Diese Entwicklung lässt befürchten, dass die Beschäftigung in der Region weiter zurückgeht”, so Nitschke abschließend.