Produkthaftung: Rechte, Pflichten und neue Entwicklungen

Unter Produkthaftung versteht man die Haftung des Herstellers für Personen- und Sachschäden, die aus der Benutzung eines fehlerhaften Produkts resultieren. Die Ansprüche entstehen unabhängig davon, ob zwischen Hersteller und Endkunde ein Vertrag geschlossen wurde.

Was ist Produkthaftung?

Die Produkthaftung ist ein zentrales Element des Verbraucherschutzes. Sie regelt die Verantwortlichkeit von Herstellern und anderen Wirtschaftsakteuren für Schäden, die durch fehlerhafte Produkte entstehen. In Deutschland ist sie im Produkthaftungsgesetz (ProdHaftG) geregelt, das auf der EU-Richtlinie 85/374/EWG basiert. Seit Ende 2024 wird dieses Regelwerk durch eine neue EU-Produkthaftungsrichtlinie sowie die Produktsicherheitsverordnung (General Product Safety Regulation – GPSR) modernisiert.

Rechte bei mangelhaften Produkten – wer ist geschützt?

Verbraucher haben bei mangelhaften Produkten verschiedene Rechte:
  • Gewährleistungsrechte nach dem BGB (z. B. Nachbesserung, Rücktritt, Minderung, Schadensersatz)
  • Produkthaftung nach dem ProdHaftG: verschuldensunabhängiger Schadensersatz bei Körper-, Gesundheits- oder Sachschäden
  • Deliktische Haftung (§ 823 BGB): bei schuldhaftem Verhalten

Besonderheiten bei der Produkthaftung

Die Produkthaftung unterscheidet sich von der Gewährleistung durch folgende Merkmale:
  • Verschuldensunabhängigkeit: Der Hersteller haftet auch ohne eigenes Verschulden
  • Beweislast: Der Geschädigte muss nur nachweisen, dass ein Produktfehler vorlag, ein Schaden entstanden ist und ein Kausalzusammenhang besteht.
  • Haftungshöchstgrenzen: Für Sachschäden gilt (noch!) eine Selbstbeteiligung von 500 Euro (§ 11 ProdHaftG).
Für Ansprüche nach dem Produkthaftungsgesetz (ProdHaftG) gelten Verjährungsfristen. Grundsätzlich verjähren diese Ansprüche innerhalb von drei Jahren ab dem Zeitpunkt, an dem der Geschädigte Kenntnis vom Schaden, vom Produktfehler sowie von der Person des Ersatzpflichtigen erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen. Wird zwischen dem Geschädigten und dem potenziell Ersatzpflichtigen über den Schadensersatz verhandelt, ist die Verjährung für die Dauer der Verhandlungen gehemmt. Unabhängig von einer solchen Kenntnis verjähren Ansprüche jedoch spätestens zehn Jahre nach dem Inverkehrbringen des fehlerhaften Produkts. Ergänzend gelten die allgemeinen Verjährungsvorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB), soweit das Produkthaftungsgesetz keine speziellen Regelungen trifft.

Neue Entwicklungen durch die EU-Produktsicherheitsverordnung (GPSR) und die EU-Produkthaftungsrichtline

Ziel der GPSR ist der Schutz der Verbraucher vor unsicheren Produkten, bevor ein Schaden eintreten kann. Als EU-Verordnung gilt die GPSR unmittelbar in allen Mitgliedstaaten seit dem 13. Dezember 2024, ohne nationale Umsetzung.
Inhalte:
  • Regelt Pflichten von Herstellern, Importeuren, Händlern und Online-Marktplätzen zur Sicherstellung der Produktsicherheit
  • Einführung neuer Sicherheitskriterien, z. B. Cybersicherheit, Interoperabilität, Produktvernetzung
  • Rückrufpflichten und Informationspflichten bei gefährlichen Produkten
  • Gilt auch für digitale Produkte und KI-Systeme
  • Verbraucher erhalten Anspruch auf Abhilfemaßnahmen bei Rückrufen (z. B. Reparatur, Ersatz)
Anwendungsbeispiel:
Ein Händler muss ein Produkt zurückrufen, wenn sich nachträglich herausstellt, dass es ein Sicherheitsrisiko birgt – auch ohne, dass ein Schaden eingetreten ist
Ziel der Produkthaftungsrichtlinie ist die Regelung der Haftung für Schäden, die durch fehlerhafte Produkte entstehen.
Als EU-Richtlinie muss diese bis Dezember 2026 in nationales Recht umgesetzt werden. Das Produkthaftungsgesetz ist entsprechend anzupassen:
Inhalte:
  • Verschuldensunabhängige Haftung für Hersteller und bestimmte Händler
  • Erweiterung des Produktbegriffs auf Software, KI, digitale Dienste
  • Beweiserleichterungen für Verbraucher
  • Haftung auch für Datenverluste und nicht nur für körperliche oder Sachschäden
  • Händler haften, wenn der Hersteller nicht identifizierbar oder außerhalb der EU ist
Anwendungsbeispiel:
Ein Verbraucher kann Schadensersatz verlangen, wenn ein KI-gesteuertes Haushaltsgerät durch einen Softwarefehler einen Brand verursacht – auch ohne Nachweis eines Verschuldens des Herstellers

Gestaltungsspielräume für Hersteller und Händler?

Das Produkthaftungsrecht ist zwingendes Recht. Die Haftung nach dem ProdHaftG kann nicht im Voraus vertraglich ausgeschlossen oder begrenzt werden!
Trotzdem können Sie wirksame Maßnahmen ergreifen, mit denen Sie Haftungsrisiken steuern.

Tipps für Hersteller

  • Sorgfältige Produktentwicklung und -prüfung
  • Dokumentation der Sicherheitsmaßnahmen
  • Rückruf- und Krisenmanagementpläne
  • Produkthaftpflichtversicherung
  • Verträge mit Zulieferern, die Haftungsfragen regeln

Tipps für Händler

  • Sorgfältige Lieferantenauswahl: Händler können durch Auswahl vertrauenswürdiger Hersteller und Importeure das Risiko fehlerhafter Produkte minimieren.
  • Vertragliche Absicherung: Durch Verträge mit Lieferanten können Händler Haftungsfragen, Rückgriffsrechte und Pflichten im Schadensfall regeln.
  • Qualitätskontrollen und Prüfungen: Insbesondere bei Eigenmarken oder Importen können Händler freiwillige Prüfungen oder Zertifizierungen durchführen lassen.
  • Dokumentation und Rückverfolgbarkeit: Händler sollten Informationen über Herkunft, Chargen und Sicherheitsnachweise dokumentieren, um im Schadensfall reagieren zu können.
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