Elektromobilität und Umsatzsteuer

Mit Schreiben vom 7. Februar 2022 hat das BMF Hinweise zur umsatzsteuerrechtlichen Bewertung  von E-Fahrzeugen gegeben.

Unterschied zwischen E-Fahrzeug und Fahrrad 

Laut der Finanzverwaltung ist der Begriff “Fahrzeug“ mit dem Begriff Kraftfahrzeug gleichzusetzen. Darunter sind Elektrofahrräder, die einer Kennzeichen-, Versicherungs- oder Führerscheinpflicht unterliegen. Das sind im Wesentlichen E-Bikes, bei denen der Motor unabhängig von der Trittleistung des Fahrers funktioniert.
Elektrofahrräder, die nicht der Kennzeichen-, Versicherungs- oder Führerscheinpflicht unterliegen und verkehrsrechtlich als “Fahrrad“ einzuordnen sind, gelten nicht als “Fahrzeuge“.  Hierunter fallen die sogenannten Pedelecs, bei denen der Elektromotor lediglich unterstützt, der Fahrer aber in jedem Fall selbst treten muss. Spätestens bei einer Geschwindigkeit von 25 Kilometer pro Stunde (km/h) schaltet der Elektromotor ab. Eine selbständige elektrische Anfahrts- oder Schiebehilfe bis sechs km/h ist unschädlich.

Ertragsteuerliche Sonderregelungen nicht anwendbar

Das Schreiben stellt in mehreren Stellen klar, dass für umsatzsteuerliche Zwecke die Sonderregelungen für Elektro- und Hybridelektrofahrzeuge nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 Nr. 1 bis 5 EStG nicht anzuwenden sind. Diese erlauben unter bestimmten Voraussetzungen, den Bruttolistenpreis für ertragsteuerliche Zwecke lediglich zur Hälfte bzw. nur zu einem Viertel anzusetzen. Entsprechend gilt dies auch für die Steuerbefreiung/-ermäßigung für (Elektro-)Fahrräder.

Private Nutzung der Fahrzeuge und Fahrräder ermitteln

Die Ermittlung des Privatanteils anhand eines Fahrtenbuchs ist mangels Tachos ausgeschlossen.
Die Listenpreismethode kann auch bei Fahrrädern angewendet werden. Danach wird ein Prozent des inländischen Bruttolistenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich der Kosten für Sonderausstattungen inklusive Umsatzsteuer für jeden Kalendermonat der Ertragsbesteuerung unterworfen.
Bei der Berechnung der konkreten umsatzsteuerlichen Bemessungsgrundlage muss allerdings unterschieden werden, wer das Fahrzeug bzw. Fahrrad nutzt.

Private Nutzung durch den Unternehmer 

Die Ermittlung erfolgt auf Basis der für Fahrzeuge geltenden Regelungen. Somit muss das Fahrgeräte zu mindestens 50 Prozent betrieblich genutzt werden. Berechnungsgrundlage ist der inländische Bruttolistenpreis (ggf. zzgl. Sonderausstattungen). Zur Abgeltung nicht mit Vorsteuern belasteter Kosten kann ein pauschaler Abschlag von 20 Prozent vorgenommen werden. Der so ermittelte Betrag ist ein Nettowert und bildet die umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage. Die Umsatzsteuer ist mit dem allgemeinen Steuersatz zu berechnen. 

Überlassung auch zur privaten Nutzung an Arbeiternehmer 

Hier sind speziellen Vorgaben für die Ermittlung des privaten Nutzungsanteils zu berücksichtigen. Berechnungsgrundlage ist die auf volle 100 Euro abgerundete unverbindliche Preisempfehlung (UVP) des Herstellers, Importeurs oder Großhändlers im Zeitpunkt der Inbetriebnahme des Fahrrades einschließlich der Umsatzsteuer. Ein Abschlag für nicht vorsteuerbelastete Kosten ist nicht zulässig. Der so ermittelte Betrag ist ein Bruttowert, aus dem die Umsatzsteuer herauszurechnen ist, um zur umsatzsteuerlichen Bemessungsgrundlage zu gelangen. Beträgt der für das Fahrrad anzusetzende Wert weniger als 500 Euro (Brutto-UVP), kann auf die Besteuerung verzichtet werden.

Unentgeltliche Wertabgabe oder entgeltliche Leistung?

Die unternehmensfremde (private) Nutzung eines Fahrzeugs unterliegt als sog. “unentgeltliche Wertabgabe“ nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG der Umsatzsteuer, wenn bei Anschaffung der volle oder teilweise Vorsteuerabzug geltend gemacht wurde. 
Überlässt ein Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer ein Fahrzeug auch zur privaten Nutzung, wird grundsätzlich eine entgeltliche Leistung (Überlassung gegen Arbeitsleistung) angenommen. Für die Frage, mit welchem Wert die Besteuerung zu erfolgen hat, enthielt der Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) bisher Erläuterungen, die sich auf herkömmliche Fahrzeuge bezogen. Mit dem neuen BMF-Schreiben vom 7. Februar 2022 veröffentlicht die Finanzverwaltung erstmals Hinweise zur Besteuerung von Fahrrädern. 
Die Grundsätze des Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden, also ggf. auch auf Sachverhalte der Vergangenheit.