Lohnsteuer auf Dienstreisen einer ausländischen Zweigniederlassung
Betriebsstätten begründen keine Arbeitgebereigenschaft im Sinne von Doppelbesteuerungsabkommen (DBA). Der Bundesfinanzhof hat die Verwaltungsauffassung bestätigt.
Ausländische Betriebstätte
Der BFH hat bekräftigt, dass die ausländische Betriebsstätte einer im Inland ansässigen rechtlich selbständigen Person nicht Arbeitgeber im Sinne des Abkommensrechts sein kann. Für grenzüberschreitend tätige Unternehmen bedeutet dies, das große Sorgfalt bei der lohnsteuerlichen Behandlung von Dienstreisen geboten ist. Kommen Mitarbeiter der ausländischen Zweigniederlassung in unregelmäßigen Abständen für kurzfristige Dienstreisen (z. B. Schulungen, Seminare) nach Deutschland, so ist die deutsche Lohnsteuer, die auf die Vergütungen für den Zeitraum der Inlandsdienstreisen entfällt, einzubehalten und abzuführen.
Zum BFH-Urteil vom 12. Dezember 2024, VI R 25/22
Keine Arbeitgebereigenschaft einer Betriebsstätte nach Abkommensrecht
Die Klägerin, eine in Deutschland ansässige SE, betreibt zahlreiche Zweigniederlassungen im Ausland. Deren Arbeitnehmer reisten regelmäßig für kurzfristige Tätigkeiten (z.B. Schulungen oder Projekte) nach Deutschland. Die Vergütung und Reisekosten wurden vollständig von den jeweiligen Auslandseinheiten getragen. Es war streitig, ob die Klägerin verpflichtet war, Lohnsteuer vom auf die Inlandsdienstreisen entfallenden Arbeitslohn der Arbeitnehmer ihrer ausländischen Betriebsstätten einzubehalten.
Nach Art. 15 Abs. 1 OECD-MA gilt grundsätzlich, dass der Arbeitslohn in dem Ansässigkeitsstaat des Arbeitnehmers besteuert wird. Wird die Tätigkeit im Ausland ausgeübt, steht diesem Staat das Besteuerungsrecht zu. Dies gilt allerdings nach Abs. 2 nur, wenn eine der folgenden Voraussetzungen einschlägig ist:
- Der Arbeitnehmer hält sich mehr als 183 Tage in dem Tätigkeitsstaat auf (lit. a)
- Die Vergütung wird von oder für einen Arbeitgeber gezahlt, der innerhalb des Tätigkeitsstaates ansässig ist (lit. b)
- Die Vergütung wird von einer Betriebsstätte oder festen Einrichtung getragen, die der Arbeitgeber in dem Tätigkeitsstaat hat (lit. c)
Die Arbeitnehmer der Zweigniederlassung der Klägerin hielten sich weniger als 183 Tage in Deutschland auf und die Vergütung wurde von der in der ausländischen Betriebsstätte getragen. Umstritten war lediglich, ob die Vergütung für die in Deutschland ansässige SE als Arbeitgeberin gezahlt wurde oder für die ausländische Betriebsstätte als abkommensrechtlichen Arbeitgeber i. S. d. lit. b).
Der BFH verneint, dass eine ausländische Betriebsstätte Arbeitgeber im Sinne der Doppelbesteuerungsabkommen sein kann: Eine Betriebsstätte sei keine selbständige „Person“ im Sinne der Doppelbesteuerungsabkommen. Sie ist rechtlich unselbständig und kann daher nicht Arbeitgeber im abkommensrechtlichen Sinne sein. Damit besteht trotz der kurzen Aufenthaltsdauer (unter 183 Tagen) und vollständiger Kostenübernahme durch die ausländische Zweigniederlassung ein Besteuerungsrecht in Deutschland. Die Vergütung wird für das Stammhaus in Deutschland als abkommensrechtlichen (inländischen) Arbeitgeber gezahlt. Damit war in Deutschland ein Lohnsteuerabzug für die Tage, die der Arbeitnehmer in Deutschland war, vorzunehmen.