Sanktionsumgehungen vermeiden

Die rechtlichen Rahmenbedingungen für Sanktionsumgehungen wurden mit den bisher 16 Sanktionspaketen immer weiter verschärft. Am 24. April 2024 hat das BMWK ein Hinweispapier zu Sanktionsumgehungen von Tochterunternehmen veröffentlicht. Ein Schreiben der Zollbehörde Litauens vom 19. April 2024 teilt die Umsetzung regionaler Sanktionen mit Estland, Lettland, Finnland und Polen mit. Am 24. September 2024 haben die G7-Mitgliedstaaten ein Hinweispapier zu Sanktionsumgehungen veröffentlicht.

Einheitliche Umsetzung regionaler Sanktionen durch Litauen, Estland, Lettland, Finnland und Polen

Die genannten Staaten wollen durch die einheitliche Umsetzung regionaler Sanktionen Umgehungslieferungen nach Russland und Belarus verhindern bzw. die Durchfuhr von Waren nach Länder wie z.B. Türkei, Aserbaidschan oder Georgien sicherstellen. Dies soll mit Hilfe der jeweiligen Zollbehörden durch verstärkte Kontrollen und Maßnahmen umgesetzt werden.
Zusätzliche Informationen müssen den Zollbehörden nun vorgelegt werden, um das Risiko des Verbleibens der Ware in Russland beim Austritt einschätzen zu können. Der Austritt der Sendung wird verweigert, wenn die Dokumente nicht vorgelegt werden oder die geforderten Informationen nicht enthalten:
  • unlogischer bzw. wirtschaftlich ungerechtfertigter Transportweg
  • Durchfuhr von Waren durch Russland und/oder Belarus
  • Herstellererklärung
  • zusätzliche Anforderungen für Anmelder/zuständige Zollstelle für das Ausfuhrverfahren
Ausführliche Informationen enthält der Newsletter vom 30. April 2024 (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 440 KB) des Bundesministerium für Finanzen Österreich.

Compliance von Tochtergesellschaften

Im neu hinzugefügten Artikel 8a der Verordnung (EU) 833/2014 wird die Compliance von Tochtergesellschaften geregelt. Der Artikel besagt, dass Unternehmen, Personen und Organisationen sich bemühen müssen, dass Tochtergesellschaften nicht an Tätigkeiten teilnehmen, mit denen die Sanktionen untergraben werden.

Hinweispapier G7-Mitgliedstaaten

Am 24. September 2024 veröffentlichten die G7-Mitgliedstaaten das gemeinsame Hinweispapier "Preventing Russian Export Control und Sanctions Evasion: Updated Guidance for Industry“. Es enthält Erläuterungen zu besonders kritischen Gütern (CHPL) und Risikoindikatoren (Red Flag Indicators), aber auch ein "Best Practices“ Kapitel. Dieses beinhaltet Vorschläge für unternehmensinterne Compliance-Maßnahmen.

Hinweispapier BMWK

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) hat am 1. Oktober 2024 ein aktualisiertes Hinweispapier zu Sanktionsumgehungen veröffentlicht. Aktuelle Analysen zeigen, dass insbesondere kriegsrelevante Güter (Güter der “Common High Priority List” der Europäischen Kommission) westlicher Unternehmen weiterhin nach Russland gelangen. Ein Großteil dieser Güter stammt aus in Tochterunternehmen hergestellten Produktionsstätten. Die Güter gelangen über Umwege via Drittstaaten oder auf direktem Wege nach Russland. Das Hinweispapier soll das Problembewusstsein deutscher betroffener Unternehmen und zielgerichtete interne Kontroll- und Compliance-Maßnahmen stärken.

Dienstleistungen

Die Allgemeine Genehmigung Nr. 42 des BAFA hebt das Dienstleistungsverbot für deutsche Unternehmen auf. Diese ist bis zum 31. Dezember 2025 befristet. Hierdurch gilt für die Dienstleistungen in den Bereichen IT-Beratung und Wirtschaftsprüfung eine Befreiung von den Verboten für Dienstleistungen, wenn es sich bei den zu beratenden Personen, Organisationen oder Einrichtungen um solche handelt, die Eigentum einer Person, Organisation oder Einrichtung eines EU-Mitgliedstaates, dem EWR angehörenden Landes, der Schweiz oder der in Anhang VIII aufgeführten Landes sind oder unter deren alleinigen oder gemeinsamen Kontrolle sind.
Ab diesem Zeitpunkt gilt Artikel 5n, Abs. 10h der Verordnung (EU) 833/2014. Dieser besagt, dass für die Erbringung von Dienstleistungen eine Genehmigung der jeweiligen Behörde des Mitgliedstaates einzuholen ist.

Rechtsrahmen für Sanktionsumgehungen

Mit dem 11. Sanktionspaket wurde der rechtliche Rahmen geschaffen, um gegen Sanktionsumgehungen vorzugehen. In Artikel 12f Verordnung (EU) 2023/1214 ist die neue Regelung aufgeführt, die besagt, dass die in Anhang XXXIII aufgeführten Güter und Technologien in das im Anhang XXXIII aufgeführte Drittland nicht ausgeführt werden dürfen. Auch die technische Hilfe, Vermittlungsdienste oder andere Dienste sind im Zusammenhang mit diesen Gütern und Technologien verboten. Dies gilt ebenso für Finanzhilfen und Finanzmittel, Rechte des geistigen Eigentums und Lizenzen.
Bei den genannten Gütern und Technologien handelt es sich um solche mit doppeltem Verwendungszweck oder Güter und Technologien, die zur Stärkung der militärischen, technologischen oder industriellen Kapazitäten Russlands bzw. zur Entwicklung des russischen Verteidigungs- und Sicherheitssektors in einer Weise beitragen könnten, die seine Fähigkeit zur Kriegsführung stärkt, und deren Ausfuhr nach Russland im Rahmen dieser Verordnung verboten ist, und bei denen ein hohes und kontinuierliches Risiko besteht, dass sie nach dem Verkauf, der Lieferung, der Verbringung oder der Ausfuhr aus der Union aus Drittländern nach Russland verkauft, geliefert, verbracht oder ausgeführt werden.
Der Artikel ist zurzeit noch ohne Anwendungsbereich. Die Aufnahme von Gütern, Technologien und Drittländern wird als letztes Mittel der handelsbezogenen Beschränkungen gesehen. Die Sanktionsumgehungen sollen möglichst mit Hilfe diplomatischer Verhandlungen minimiert werden.

Leitfaden der Europäischen Kommission

Die Europäische Kommission hat einen Leitfaden veröffentlicht, wie Unternehmen Risiken der Umgehung von Sanktionen erkennen, bewerten und verstehen können und anschließend vermeiden können.
Unternehmen aus der EU sind dazu verpflichtet, beim Handel mit Drittländern eine Sorgfaltsprüfung durchzuführen. Damit soll sichergestellt werden, dass die Geschäftspartner die Sanktionen der EU nicht umgehen. Der Leitfaden soll bei der konkreten Umsetzung Hilfestellung geben.
Im Leitfaden werden folgende Themen behandelt:
  • Schritte, die bei der strategischen Risikobewertung vorgenommen werden müssen
  • Leitlinien für die Umsetzung einer verstärkten Sorgfaltspflicht für Unternehmen, die den Risiken der Sanktionsumgehung am stärksten ausgesetzt sind.
  • Warnzeichen ("Red Flags") für Sanktionsumgehungen, vor allem bei der Aufnahme von Geschäftsbeziehungen mit neuen Handelspartnern.
Der Leitfaden ergänzt die Liste der besonders kritischen Militärgüter und wirtschaftlich wichtigen Waren, die Unternehmen bei ihrer Sorgfaltsprüfung einbeziehen sollten.