Firmengründung Indien: "Wichtig ist eine umfangreiche und frühzeitige Planung"
Für viele Unternehmen stellt sich derzeit die Frage, wie eine Erhöhung des Marktanteils in Indien erfolgreich umgesetzt werden kann. Eine Option ist die Gründung einer eigenen Tochtergesellschaft. Diesen Weg ist vor kurzem auch die HIMA Group aus Brühl gegangen, ein globaler unabhängiger Anbieter sicherheitsgerichteter Automatisierungslösungen für die Prozess- und Bahnindustrie. Wir fragten Dr. Michael Löbig, CFO der HIMA Group, welche Herausforderungen das Unternehmen dabei gemeistert hat.
Herr Dr. Löbig, welches waren die strategischen Überlegungen von HIMA für den Markteintritt in Indien?
Dr. Löbig: Indien ist für HIMA ein strategisch wichtiger Markt, da das Land eine rasante wirtschaftliche Entwicklung durchläuft und sowohl die Digitalisierung und Nachhaltigkeit als auch die Modernisierung bestehender Anlagen stark vorantreibt. Damit steigt die Nachfrage nach funktionaler Sicherheit und „Operational Technology Security“, die den neuesten Sicherheitsstandards entsprechen. Unsere Präsenz vor Ort ermöglicht es uns, Unternehmen gezielt dabei zu unterstützen und maßgeschneiderte Sicherheitslösungen für Schlüsselindustrien wie Bahn, Chemie, Petrochemie sowie Öl & Gas bereitzustellen. Im Rahmen unserer internationalen Wachstumsstrategie war die Eröffnung einer Gesellschaft in Indien ein logischer Schritt.
Firmengründungen in Indien sind zwar nicht in zwei Tagen vollbracht, aber machbar: Was waren für Sie unerwartete Herausforderungen, Besonderheiten?
Dr. Löbig: Wichtig ist eine umfangreiche und frühzeitige Planung. Dazu zählen vor allem Markt- und Standortanalysen, Identifizierung von gesetzlichen Vorschriften sowie ein realistisches Verständnis der eigenen Stärken und Schwächen (SWOT-Analyse). Dafür haben wir ein Kernteam von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen aufgestellt, das von lokalen externen Experten unterstützt wurde. Des Weiteren haben wir frühzeitig Partnerschaften mit lokalen Unternehmen und Bildungseinrichtungen aufgebaut. Eine besondere Herausforderung war die Eröffnung eines Kontos in Indien, da der “Know Your Customer-Prozess” sehr langwierig ist.
Damit nach einer Gründung das Geschäft läuft, ist es sehr wichtig das richtige Kernteam und insbesondere den Geschäftsführer zu finden und zu binden. Wie sind Sie hier vorgegangen?
Dr. Löbig: Wir sind bereits seit zwei Jahren auf dem indischen Markt aktiv, der bisher von unserer Regionaleinheit für Middle-East betreut wurde. Für die Leitung der neuen Gesellschaft in Indien konnten wir unseren langjährigen Business Development Director aus Middle East gewinnen, der selbst Inder ist. Mit seiner landesspezifischen kulturellen und seiner HIMA spezifischen Expertise unserer Produkte und unseres Geschäftsmodells hat er entscheidend am erfolgreichen Eintritt in den indischen Markt mitgewirkt. Parallel zur Gründung haben wir bereits damit begonnen, ein lokales Team aus Experten aufzubauen. Im Rahmen der Standortanalyse war der Zugang zu Fachkräften ein wichtiger Punkt.
Wie werden Sie die weitere Marktbearbeitung nun angehen?
Dr. Löbig: Wir fahren in der Regel einen dreistufigen Ansatz: ESTABLISH, EVALUATE und EXPAND. Die neue Gesellschaft markiert die erste Phase eines mehrjährigen Expansionsplans. Nach der Gründungsphase (Establish), in der wir ein Kernteam, sowie lokale Partnerschaften aufbauen und den Markt erschließen, analysieren wir (Evaluate) nach circa 18 bis 24 Monaten die Marktentwicklung, die Kundenfeedbacks und die finanziellen Kennzahlen. Sind die Annahmen und Ziele des ursprünglichen Businessplans eingetroffen, bauen wir unsere Marktpräsenz weiter aus. In der Wachstumsphase (Expand) erhöhen wir die Marktpräsenz, stärken unsere Partnerschaften und erschließen neue Geschäftsfelder. In Indien könnte dies der Ausbau des Standorts zu einer “Best Cost Location” sein, von wo aus wir Engineering-Dienstleistungen in andere Länder exportieren.
Welche Tipps haben Sie für deutsche Unternehmen, die ihre Präsenz in Indien ausbauen wollen?
Dr. Löbig: Die GO-/NO-GO-Entscheidung sollte bei jedem Schritt, der zusätzliche Investitionen nach sich zieht, ein Muss sein. Wenn dies in regelmäßigen Abständen geschieht, kann der Kurs, wenn nötig angepasst werden, ohne dass es zu erheblichen finanziellen Schäden kommt. Die lokalen Initiativen der indischen Regierung sollten Unternehmen stets im Blick behalten.
Das Interview führte Sabrina Weigold vom Kompetenzzentrum Indien.