Im Online-Handel mit Asien winken gute Geschäfte

Infolge der Corona-Krise bekam das E-Commerce-Geschäft weltweit immensen Zulauf.
China ist der weltweit größte Markt im Online-Handel. Allerdings lohnt sich ein Blick darüber hinaus. Im Online-Handel mit Konsumenten folgen nach den USA und dem Vereinigten Königreich auf den Plätzen zwei und drei bereits Japan und Südkorea. Laut Statista werden bis 2024 Umsätze von 1,8 Billionen Euro im asiatischen Online-Handel erwartet.
In Südkorea war der Einzelhandelsumsatz 2020 stabil. Der Online-Handel im B2C-Bereich konnte gegenüber 2019 deutlich um 18 Prozent zulegen. Insgesamt wurden online 136,5 Milliarden US-Dollar erwirtschaftet. Damit macht der Online-Handel mehr als ein Drittel des Einzelhandelsumsatzes aus. Besonders nachgefragt waren Produkte aus dem Lebensmittelbereich und Essenslieferungen, Elektronik, Bekleidung, Haushaltswaren sowie Drogerieartikel. Von dem Online-Boom in Südkorea konnten auch Unternehmen in der EU profitieren. Aus der EU sind insbesondere Bekleidung und Modeartikel nachgefragt. Den größten Zuwachs im Online-Handel von EU-Unternehmen mit Südkorea gab es 2020 bei Artikeln für Babys und Kinder mit einem Plus von 61,8 Prozent gegenüber 2019.
Für den Erfolg der Unternehmen ist es wichtig, das Konsumentenverhalten und die Rahmenbedingungen in Asien zu verstehen. Denn was für die Märkte in Asien im Allgemeinen gilt, gilt auch beim E-Commerce: Die Konsumenten sind sehr heterogen. In China sind weit über 80 Prozent der Kunden unter 35 Jahre alt. Die Altersgruppe darüber bis 50 Jahre verfügt über eine hohe Kaufkraft und bietet noch großes Ausbaupotential. Zwischen den verschiedenen Einkommensschichten ist die prozentuale Anzahl der Nutzer gleich verteilt, das heißt der Gebrauch des Online-Handels ist nicht einkommensabhängig. 

Shopping-Verhalten mit regionalen Besonderheiten

Laut Branchenkennern wird der Online-Handel in Asien zukünftig einen deutlich höheren Anteil am Gesamtkonsum haben als beispielsweise in Europa oder in den USA. Ein Grund dafür ist, dass der Online-Handel Konsumenten in abgelegenen Provinzen mit schlecht ausgebauter Infrastruktur und wenig Einzelhandel eine große Produktvielfalt eröffnet. Zudem haben die meisten Länder Asiens eine junge Bevölkerung, die eine große Elektronik-Affinität aufweist. Immer wichtiger wird auch der Online-Einkauf mit mobilen Endgeräten. Die Bevölkerung auf dem Land hat häufig keinen Zugang zu einem Computer, dafür aber ein Smartphone. Deshalb muss die Technologie an lokale Gegebenheiten angepasst werden: Zum Beispiel sollten Verkaufs-Apps und Websites, die die ländliche Bevölkerung ansprechen, möglichst schlank gehalten werden. Internetverbindungen sind in der Fläche nämlich häufig schlecht.
Zunehmender Beliebtheit erfreut sich das Shopping über soziale Medien. In China sind sogenannte “All in one”-Apps wie WeChat oder Alipay von enormer Bedeutung für den Onlinehandel. Sie beinhalten neben vielen anderen Funktionen, mit denen nahezu jeder Aspekt des Alltags geregelt werden kann, auch ein integriertes Onlinebezahlsystem, was den mobilen Kauf erleichtert.
Durch die Corona-Pandemie verbringen chinesische Nutzer deutlich mehr Zeit online, geht aus dem China Internet Report 2020 der South China Morning Post hervor. Um ihre Aufmerksamkeit zu gewinnen, setzen Online-Anbieter auf neue Marketingmethoden, beispielsweise Livestreaming-Events, womit sie 2020 laut dem Bericht 600 Millionen Menschen erreichten. Über diesen Weg wurden hauptsächlich Mode, Kosmetik und Nahrungsmittel beworben und nach Angaben der China Daily Erlöse in Höhe von 140 Milliarden US$ erzielt. Der größte Anbieter von Liveevents ist Taobao Live von Alibaba mit 80 Prozent Marktanteil. Als Moderatoren fungieren häufig Influencer. Sie werden für die Reichweite bezahlt und per Kommission an jedem verkauften Artikel beteiligt. Für deutsche Unternehmen bietet sich mit Liveveranstaltungen die Möglichkeit, junge Kunden anzusprechen. Es ist aber Vorsicht geboten bei der Wahl der durchführenden Firma. Manche Anbieter versuchen, über gefälschte Teilnehmerzahlen eine höhere Entlohnung zu erhalten. Nutzer haben sich außerdem über niedrige Produktqualität oder gefälschte Produkte beschwert.
Wichtig für den Online-Handel in Industrienationen wie Südkorea und Japan ist die Bevölkerungsstruktur: Hier muss das Angebot auf eine alternde Bevölkerung und eine starke Zunahme von Single-Haushalten ausgerichtet werden. Lange Arbeitstage bei wenig Freizeit, wie sie in diesen Ländern Usus sind, sorgen dafür, dass speziell diese Konsumentengruppe verstärkt online einkauft. Durch die Pandemie wurden vermehrt auch ältere Kunden an Online-Einkäufe herangeführt. Insgesamt ist in Südkorea 2020 bei den Einkäufen per Handy eine deutliche Zunahme um 23,1 Prozent auf 92,1 Milliarden US$ zu verzeichnen. Wichtige Online-Handels-Plattformen in Südkorea sind eBay Korea (einschließlich Gmarket und Auction), 11Street, Interpark und Coupang.
In Japan sind wichtige Kaufkriterien, dass stationärer und Online-Handel verknüpft sind, sowie die Lieferung nach Hause.

Auf die Logistik kommt es an

Der Einsatz von Drohnen oder Auslieferungsrobotern soll den Ansprüchen der japanischen Kunden an eine optimale Belieferung Rechnung tragen. Das Land der aufgehenden Sonne besteht aus vielen kleineren, zum Teil schwer erreichbaren Inseln. Hier können Drohnen die Auslieferungen deutlich verbessern. In China ist man hier weiter: Dort werden Drohnen teilweise schon eingesetzt. Die Onlineriesen Alibaba und JD.com gelten als weltweite Vorreiter. Auch bei der Lieferzeit setzen chinesische Städte wie Peking und Schanghai Maßstäbe: Lieferungen erfolgen häufig innerhalb von Minuten.
Dies zeigt: Die Anpassung der Lieferungen an die lokalen Bedingungen ist erfolgsentscheidend. Besonders bei der sogenannten „Last Mile“-Logistik muss große Flexibilität an den Tag gelegt werden, um den Kundenwünschen nach Schnelligkeit und Zuverlässigkeit entgegenzukommen. Damit entlegene Regionen in Südostasien mit mangelhafter Verkehrsinfrastruktur in der erwarteten Lieferzeit bedient werden können, haben große Onlineanbieter wie beispielsweise Alibaba oder Zalora selbst ein Logistiknetzwerk aufgebaut: Für Alibaba liefert Cainiao Network, für Zalora arbeitet Zalora Express.

Knackpunkt Zahlungsbedingungen

Eine weitere große Herausforderung stellt die Zahlungsinfrastruktur dar. In den südostasiatischen Ländern sind die Zahlungssysteme zum Teil wenig ausgereift. In Indonesien beispielsweise hat zwar nahezu zwei Drittel der Bevölkerung einen Internetzugang, allerdings verfügen viele davon nicht über ein Bankkonto und noch weniger über eine Kreditkarte. Für die Kaufentscheidung via Internet oder Smartphone ist also die angebotene Zahlungsart entscheidend. In vielen Regionen auf den Philippinen können die Kunden nur bar zahlen. Wird der sogenannte “Cash on Delivery”-Service (Zahlung bei Lieferung) nicht angeboten, kann der Kauf nicht zustande kommen. Welche Bezahldienste in welchen Ländern oder Regionen den Kunden zur Verfügung stehen, entscheidet maßgeblich über Erfolg oder Misserfolg eines Anbieters.

Vielfalt und günstige Preise locken

Immer wichtiger wird der grenzüberschreitende Online-Handel. In China, Südkorea und Japan beispielsweise kommen auch deutsche Produkte immer besser an. Am chinesischen Singles Day, dem größten Onlinehandelstag der Welt, wurde mehr Umsatz als am Black Friday und Cyber Monday zusammen erwirtschaftet. So meldete Alibaba für den Singles Day 2020 einen Umsatz von 56 Milliarden Dollar.

Markteigenheiten beachten

Asiens Online-Handel wird in den nächsten Jahren weiter ungebremst wachsen. Neben den entwickelten Volkswirtschaften sind auch Schwellenländer für deutsche Produkte interessante Absatzmärkte.
Die Attraktivität der bevölkerungsreichen südostasiatischen Länder beim E-Commerce wächst. Der Trend zum Online-Shopping wird sich weiter durchsetzen. Deutsche Unternehmen, die sich ein Stück von diesem Kuchen abschneiden möchte, sollten jedoch die Risiken genau bewerten. Sprach- und Kulturunterschiede in den Regionen der einzelnen Länder stellen ebenso eine Hürde dar wie Unterschiede bei der Zahlungs- und Logistikinfrastruktur. Es empfiehlt sich daher unbedingt, Kenner der lokalen Gegebenheiten mit ins Boot zu holen. Zwar bietet E-Commerce die Möglichkeit, Produkte auf den asiatischen Märkten zu testen, jedoch können Vertrieb und Marketing auch beim Online-Handel hohe Kosten mit sich bringen. Von Alleingängen ist in jedem Fall abzuraten.
Quelle: GTAI / IHK Rhein-Neckar