Entwicklungen im China-Markt

Negativliste für ausländische Investitionen erneut reduziert

Die sogenannten Negativlisten verbieten oder beschränken ausländische Investitionen in bestimmten Branchen. Die National Development and Reform Commission (NDRC) und das Handelsministerium veröffentlichten am 27. Dezember 2021 die aktualisierten Fassungen der landesweiten Negativliste und der in den Freihandelszonen geltenden Negativliste für ausländische Investitionen, diese neuen, gekürzten Negativlisten sind zum 1. Januar 2022 in Kraft getreten. 
Die Beschränkungen wurden in der landesweit geltenden Liste von 33 auf 31 und in der Negativliste für die Freihandelszonen von 30 auf 27 reduziert. Auch in den Jahren zuvor wurden stetig Kürzungen vorgenommen. Die beiden neuen Negativlisten enthalten damit erneut eine geringere Anzahl von beschränkten Industrien als die Vorjahreseditionen.
Wichtigste Änderungen:
Die Beschränkungen für das verarbeitende Gewerbe und den Dienstleistungssektor werden weiter gelockert, und der Geltungsbereich ist präziser und genauer. Investitionen in Kommunikationsgeräte sollen erleichtert werden. Im Automobilbereich wird die bisherige Beteiligungsgrenze bei der Herstellung von Pkw entfallen. 

Was bringt das neue Investitionsabkommen EU-China?

Nach siebenjährigen Verhandlungen über ein Investitionsabkommen haben sich die EU und China am 30. Dezember 2020 auf das „EU-China Comprehensive Agreement on Investment“ (CAI) geeinigt.  Inzwischen sind mehr Details über die Inhalte bekannt geworden. Am 22. Januar veröffentlichte die EU-Kommission den vorläufigen Text des Abkommens. Der Wortlaut soll über die nächsten Monate finalisiert und juristisch überprüft werden, bevor der Ratifizierungsprozess beginnen kann. Frühestens 2022 könnte das CAI mit der Unterzeichnung in Kraft treten. 
Aus EU-Sicht verfolgt das Abkommen drei zentrale Ziele:
  1. Besserer Marktzugang für europäische Unternehmen in China (Reziprozität)
  2. Gerechtere Wettbewerbsbedingungen (Level-Playing-Field)
  3. Verpflichtung Chinas zur Einhaltung von Umwelt- und Sozialstandards
Das Abkommen soll Abhilfe bei zahlreichen Hürden schaffen, mit denen sich ausländische Unternehmen in China konfrontiert sehen. So enthält es ein Verbot erzwungener Technologietransfers und klarere Regeln für Staatsbetriebe, um Diskriminierung ausländischer Unternehmen zu reduzieren. Durch Garantien sollen EU-Unternehmen Genehmigungen und Verwaltungsverfahren erleichtert werden. EU-Unternehmen bekommen zudem Zugang zu chinesischen Normungsgremien. Mit dem Abkommen verpflichtet sich China nicht zu einer Beendigung seiner staatlichen Subventionierungspraxis, wird diese aber zumindest transparenter machen.
Beim Marktzugang geht China umfassende Verpflichtungen in Bezug auf das verarbeitende Gewerbe ein – der wichtigste Sektor für EU-Investitionen in China. Dies betrifft etwa die Automobilindustrie bei der Produktion von Hybrid- und Elektroautos, aber auch Chemikalien, Telekommunikationsgeräte und medizinische Geräte.  
Erleichterten Marktzugang für EU-Investoren wird es zudem etwa bei Cloud-Diensten, IT-, Bau- und Finanzdienstleistungen, der privaten Gesundheitsversorgung, Umweltdienstleistungen, sowie im internationalen See- und Luftverkehr geben. So können sich EU-Investoren künftig mit bis zu 50 Prozent an Cloud-Diensten beteiligen. In der Finanzdienstleistungsbranche werden Joint-Venture-Auflagen und Obergrenzen für ausländische Beteiligungen für das Bankwesen, den Handel mit Wertpapieren und Versicherungen sowie für die Vermögensverwaltung abgeschafft. Auch in der Gesundheitsversorgung werden Joint-Venture-Auflagen für private Krankenhäuser in bestimmten Städten aufgehoben. Im Gegenzug wird chinesischen Unternehmen der Zugang zum EU-Markt weiter erleichtert, etwa im Bereich erneuerbarer Energien und für chinesische Elektroautos.
Ein weiterer Punkt sind gegenseitige Erleichterungen beim Aufenthalts- und Arbeitsrecht: Mitarbeiter ausländischer Investoren, Manager und Spezialisten von EU- oder chinesischen Unternehmen sollen bis zu drei Jahre lang in ihren Tochtergesellschaften im Land der anderen Vertragspartei arbeiten dürfen.
Das Abkommen umfasst auch ein Nachhaltigkeitskapitel für die Bereiche Arbeit und Umwelt. China wird keine Schutzstandards senken, um Investitionen anzuziehen. Daneben verpflichtet sich China zur wirksamen Umsetzung des Pariser Klimaschutzübereinkommens und zu den von China ratifizierten ILO-Normen.
Ein Bestandteil wurde aus dem Abkommen ausgelagert: die Verhandlungen über einen bilateralen Mechanismus zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten sollen innerhalb von zwei Jahren nach der Unterzeichnung des Abkommens abgeschlossen sein.
Das vorläufige Abkommen und weitere Informationen sind abrufbar auf der  Website der EU-Kommission.

Neues Zivilgesetzbuch bringt Änderungen im Vertragsrecht

Seit dem 1. Januar 2021 ist der Civil Code (Zivilgesetzbuch, ZGB) und damit die erste Kodifikation überhaupt in China in Kraft. Sie befand sich schon seit geraumer Zeit im Entstehungsprozess. Es handelt sich um den mittlerweile fünften Entwurf seit den ersten Versuchen und Überlegungen zur Kodifizierung des Zivilrechts in den 1950er Jahren.
Mit Inkrafttreten des Zivilgesetzbuches wurden neben dem Allgemeinen Teil des Zivilrechts acht bestehende separate Gesetze aufgehoben (Art. 1260 ZGB): die Allgemeinen Grundsätze des Zivilrechts aus dem Jahr 1986 (General Principles of Civil Law), das Vertragsgesetz (Contract Law), das Ehegesetz (Marriage Law), das Erbgesetz (Inheritance Law), das Adoptionsgesetz (Adoption Law), das Sicherheitengesetz (Guarantee Law), das Sachenrechtsgesetz (Property Law) und das Deliktshaftungsgesetz (Tort Liability Law). Das chinesische Zivilrecht wurde basierend auf diesen bestehenden Gesetzen nun in einem einzigen Gesetzeswerk zusammengefügt.
Das neue Zivilgesetzbuch umfasst nun in sieben Teilen und insgesamt 1260 Artikeln neben dem Allgemeinen Teil das Sachenrecht, das Vertragsrecht und die Persönlichkeitsrechte, außerdem einen Teil zu Ehe und Familie, das Erbrecht sowie schließlich das Deliktsrecht.
Für Unternehmen mit China-Geschäft sind vor allem die Änderungen im Vertragsrecht (Teil 3, Art. 463 bis 988 ZGB) relevant. Künftig werden insbesondere weitere Vertragstypen speziell geregelt, so gibt es nun neue Regeln für moderne Vertragstypen wie Factoring- oder Garantieverträge. Zudem wurden die Bestimmungen zu Allgemeinen Geschäftsbedingungen angepasst und Regelungen zu Verträgen im E-Commerce aufgenommen. Ergänzend wurde in Art. 533 ZGB die grundlegende Änderung der objektiven Umstände nach Vertragsschluss kodifiziert. Gemäß Art. 207 ZGB sind künftig Eigentumsrechte des Staates und Privateigentum gleichermaßen gesetzlich geschützt. Die Persönlichkeitsrechte (Art. 1032 bis 1039 ZGB) regeln auch den Schutz personenbezogener Daten.

Chinas Corporate Social Credit System

Mit Abschluss des Jahres 2020 ist laut offiziellen Angaben die Test-Phase des chinesischen Sozialkredit-Systems vorbei und das umfassende Rating-System für Unternehmen in China funktionsfähig. Gespeist wird das sogenannte „Corporate Social Credit System“ durch verschiedene Quellen, unter anderem Steuererklärungen, die Zahlungsmoral des Unternehmens, Umweltprüfungen, Geschäftsberichte, Zolldaten und Big Data der chinesischen Internetkonzerne. Besonders der letzte Punkt ist heikel. Er bedeutet, dass auch die Reputation des Unternehmens in sozialen Netzwerken das eigene Rating beeinflussen kann. Erfahren Sie mehr im PDF “The Digital Hand: How China's Corporate Social Credit System Conditions Market Actors”.
Mit Hilfe eines hierfür speziell entwickelten Algorithmus wird jedes Unternehmen beurteilt und erhält am Ende innerhalb einer gigantischen Datenbank eine Gesamtnote. In der Datenbank „ National Credit Information Sharing Platform“ wird unter anderem die schwarze Liste veröffentlicht, auf der als „vertrauensunwürdig“ eingestufte Unternehmen landen. Die eigene Unternehmensbewertung kann unter dem Namen der Firma oder ihrem „Unified Social Credit Identifier“ (18-stellige Nummer) im „ National Enterprise Credit Information Publicity System“ eingesehen werden – allerdings nur auf Chinesisch. Alle Geschäftsaktivitäten des Unternehmens, seiner Niederlassungen und seiner Zulieferer in China können Einfluss auf das Rating haben. Als Stolperfallen werden vor allem die Erwähnung sensibler Themen bei der Marktkommunikation im Online-Handel (beispielsweise Ein-China-Politik oder die chinesische Geschichte), aber auch das Verhalten der eigenen Mitarbeiter gesehen, falls diese nicht den Vorgaben der kommunistischen Partei entsprechen.
Ein negatives Rating kann dazu führen, dass das Unternehmen für mindestens sechs Monate auf der „heavily distrusted entities list“ landet. Neben der geschädigten Reputation gehen damit Nachteile bei der Vergabe von Produktions-, Export- oder Importlizenzen, Baugenehmigungen, Investitionsabsichten und öffentlichen Aufträgen einher. Mögliche Sanktionsinstrumente sind zudem Strafzahlungen, hohe Inspektionsraten bei der Wareneinfuhr sowie Kontrollen durch chinesische Umweltbehörden oder Wirtschaftsprüfer.
Um ein negatives Ranking auszugleichen, müssen Unternehmen zukünftig selbst aktiv werden. Es wird nicht ausreichen, sich (wieder) an die vorgegebenen Regeln zu halten. In einem ersten Schritt verfasst das Management – möglichst die ranghöchste Person im Unternehmen – ein Schreiben an die zuständige chinesische Behörde (etwa bei Steuervergehen an das Finanzamt), in dem es um Entschuldigung bittet und zusichert, von nun an die Gesetze einzuhalten sowie sich der Aufsicht der chinesischen Behörde zu unterwerfen. Je nach Vergehen könnte das Unternehmen zu weiteren Maßnahmen verpflichtet werden, wie Trainingskurse für das Management oder die Abgabe regelmäßiger Berichte.