Zoll- und Außenwirtschaftsrecht: Das hat sich 2024 geändert

Verschärfte Bestimmungen bei der Einfuhr von Eisen- und Stahlprodukten, der CO2-Grenzausgleichsmechanismus CBAM oder das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz – das sind nur einige Themen, die Exporteure und Importeure weiterhin beschäftigen. 

Zollrecht: Nach der Reform ist vor der Reform

Atlas Release

Die Versionen des Ausfuhrverfahrens ATLAS-Release AES 3.0 und das ATLAS-Release 9.1 haben die Unternehmen in hohem Maße beschäftigt. Die neuen Pflichtangaben zum Beförderer (Spediteur) und die Kennzeichen des inländischen sowie des grenzüberschreitenden Beförderungsmittels hat der Zoll konkretisiert. 

Digitalisierung der Zollabwicklung

Die EU-Kommission hat die geplante Reform des EU-Zollrechts vorgestellt. Eine konsequente Digitalisierung soll die Zollabwicklung in der EU effizienter und transparenter machen. Durch die bereitgestellten Daten über die gesamte Lieferkette hinweg kann der Zoll Gefahren besser erkennen und ihnen begegnen. 

AEO-Status

Als Weiterentwicklung des Status eines “Zugelassenen Wirtschaftsbeteiligten” (AEO) soll eine neue Partnerschaft mit besonders vertrauenswürdigen Unternehmen entstehen. Der AEO-Status ist ein Nachweis, dass man sich sicher im Außenwirtschafts- und Zollrecht bewegt. Bei voller Transparenz über ihre Lieferkette werden sogenannten “Trust & Check”-Händlern besondere Vereinfachungen bei der Zollabwicklung gewährt
Dazu gehören beispielsweise die Einfuhrabfertigung an ihrem Firmensitz, unabhängig davon, wo die Waren in der EU eintreffen, oder die Einfuhr ohne dass der Zoll aktiv tätig wird. 

Wegfall der 150-Euro-Schwelle

Die 150-Euro-Schwelle unter der keine Zölle erhoben werden, soll entfallen. Im Gegenzug soll im E-Commerce ein stark vereinfachter Zolltarif gelten. Die EU-Kommission schlägt nur noch fünf verschiedene Zollsätze von 0, 5, 8, 12 und 17 Prozent vor.
Welcher im Einzelfall zutrifft, ist abhängig davon, welchem Kapitel des Warenverzeichnisses die importierte Ware zugeordnet wird. Als Zeit-Horizont zur Umsetzung der Reform sind rund zehn Jahre von 2028 bis 2038 veranschlagt. Auf schnelle und dringend benötigte Erleichterungen können die Unternehmen daher nicht hoffen. Dabei wäre beispielsweise ein Entschlacken des Zolltarifs eine kurzfristige Maßnahme, wovon Unternehmen und Verwaltung profitieren würden.

Exportkontrolle 

Nationale Allgemeine Genehmigungen (AGG) überarbeitet und Länderkreis erweitert

Die bestehende nationale Allgemeinen Genehmigungen (AGG) wurden grundlegend überarbeitet sowie fünf neue Allgemeine Genehmigungen (AGG 33, 34, 37, 38 und 39) eingeführt. Die Änderungen betreffen inhaltliche Anpassungen und Erweiterungen, insbesondere zu Rüstungs- und Dual-Use-Güter (Güter mit einem doppelten Verwendungszweck) sowie Sicherheitstechnologie. Außerdem wurde der Länderkreis auf bestimmte NATO- und NATO-gleichgestellte Länder ausgeweitet.
Die Bundesregierung versucht dadurch den unternehmerischen Aufwand beim Export von sensiblen Gütern zu verringern. Erleichterung bringen soll auch die auf zwei Jahre verlängerte Gültigkeit von Nullbescheiden, von Auskünften zur Güterliste und der Erklärung des Ausfuhrverantwortlichen. 

Ausfuhrgenehmigungen des BAFA werden kostenpflichtig

Seit dem 1. Januar 2024 sind diverse Leistungen des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) gebührenpflichtig, darunter Ausfuhrgenehmigungen für Dual-Use-Güter. Für sie fallen künftig Genehmigungsgebühren in Höhe von 159 bis 315 Euro an. Bestimmte Leistungen bleiben allerdings gebührenfrei. Dazu gehören zum Beispiel “Nullbescheide”.

Import von Eisen- und Stahlerzeugnissen 

Die Einfuhr von Eisen- und Stahlerzeugnissen wurde wesentlich strenger geregelt.
Ein Importeur in die EU muss nun nachweisen, dass die verwendeten Vorleistungsgüter nicht aus Russland stammen. Damit muss, wer beispielsweise Schrauben oder ein Fertigprodukt mit Schrauben oder Aluminiumleisten einführt, nun über seinen Lieferanten einen sicheren Nachweis über das Ursprungsland aller damit verarbeitenden Materialien aus Stahl- und Eisen vorlegen können.
Das bringt einen hohen Aufwand für die Unternehmen mit sich. Viele Unternehmen verlangen diesen Nachweis auch beim Bezug der Waren innerhalb der EU von ihren Vorlieferanten. Das ist nach Aussage der EU aber nicht notwendig.

Lieferkettengesetz  

Das erste Jahr Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) liegt hinter uns. Es verpflichtete zunächst in Deutschland ansässige Unternehmen mit mehr als 3.000 Mitarbeitern menschenrechts- und umweltbezogene Sorgfaltspflichten entlang der gesamten Lieferkette einzuhalten und dies zu dokumentieren.
Die Sorgfaltspflichten erstrecken sich vom Definieren interner Prozesse und Durchführen einer Risikoanalyse über das Festlegen von Präventionsmaßnahmen und Einrichten eines Beschwerde-Mechanismus bis hin zur regelmäßigen Veröffentlichung eines Jahresberichts. Dabei müssen sich die vom Gesetz betroffenen Unternehmen von ihren unmittelbaren Zulieferern zusichern lassen, dass sie die verlangten menschenrechtlichen und umweltbezogenen Erwartungen ihres Kunden einhalten und ihrerseits entlang der Lieferkette angemessen adressieren. Gerade zum Jahresanfang haben Unternehmen deshalb eine Flut von Fragebögen und Verhaltenskodexen (Codes of Conducts, CoC) an Lieferanten versandt, die diese beantworten oder unterschreiben mussten. 
Seit dem 1. Januar 2024 sind auch Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeiter vom LkSG betroffen. Darüber hinaus tritt dann das europäische Lieferkettengesetz in Kraft. Im Vergleich zum deutschen LkSG gelten nach EU-Recht niedrigere Schwellenwerte von 500 beziehungsweise 250 Mitarbeitern, welche vermutlich ab 2026 zu beachten sind. 

CBAM – Komplexer CO2-Ausgleich 

CBAM (Carbon Border Adjustment Mechanismus) möchte Wettbewerbsverzerrungen durch international ungleiche CO2-Bepreisung entgegenwirken. Energieintensiv hergestellte (Vor-)Produkte werden bei Einfuhr in die EU mit einem Aufpreis beim Zollverfahren belegt.
Unternehmen müssen über ihre in die EU eingeführten Waren, die unter die CBAM-Verordnung fallen, berichten. Aktuell zählen zu den betroffenen Produktgruppen Zement, Eisen und Stahl, Aluminium, Düngemittel, Strom und Wasserstoff. Berichte sind ab quartalsweise einzureichen. Ab Januar 2026 beginnt die Hauptphase des CBAM, in der umfassender berichtet werden muss. Zusätzlich müssen verpflichtend Zertifikate für die in Drittländern verursachten CO2-Emissionen der importierten Waren erworben werden.
Der CBAM-Bericht bedeutet für die Unternehmen einen erheblichen dokumentarischen und kommunikativen Mehraufwand, da über alle eingeführten (Vor-)Produkte einzeln und gesondert nach Bezugsfirma zu berichten ist und Daten bei den Zulieferern in Drittländern beschafft werden müssen. Hinzu kommt die Berechnung der Emissionen, die bei Herstellung im Drittland verursacht wurden. Darin fließen die Emissionsangaben ihrer Zulieferer und Stückzahlen des bezogenen Gutes ebenso ein wie der aktuell geltende CO2-Preis im EU-Emissionshandel sowie der CO2-Preis im Drittland (falls vorhanden). Pro Warentype und Produktionsstätte müssen entweder “nur” die direkten bei der Herstellung in diesem Werk anfallenden Emissionen ermittelt werden oder auch indirekte (vorgelagerte) Emissionen.
Schließlich muss der notwendige CO2-Preisaufschlag je nach Land mit dem EU-CO2-Preis im Emissionshandel abgeglichen werden.

Was sich sonst noch tut zum Jahreswechsel

Schweiz – Industriezölle abgeschafft

Seit dem 1. Januar 2024 sind die Zölle auf Industriegüter abgeschafft. Damit entfallen mit wenigen Ausnahmen im Bereich der industriell produzierten landwirtschaftlichen Produkte alle Einfuhrzölle (Zolltarifkapitel 25 bis 97). Präferenzerklärungen auf den Rechnungen oder anderen Handelspapieren sowie die Vorlage von Warenverkehrsbescheinigungen EUR-1 für Lieferungen in die Schweiz sind daher nicht mehr erforderlich. Die  Umsatzsteuer wurde jedoch von 7,7 Prozent auf 8,1 Prozent erhöht, das gilt auch für die Einfuhrumsatzsteuer in der Schweiz. 

Großbritannien – CE-Kennzeichnung unbefristet gültig

Aufatmen können Exporteure, die nach Großbritannien liefern. Laut einer Entscheidung der britischen Regierung bleibt die europäische CE-Kennzeichnung unbefristet im Vereinigten Königreich gültig.
Mit der neuen Regelung können Unternehmen künftig zwischen beiden Kennzeichnungen wählen. Dies ist sowohl für Unternehmen in der EU als auch für britische Unternehmen von Vorteil, da sie ihre Produkte nicht doppelt zertifizieren lassen müssen, um sie in den jeweils anderen Wirtschaftsraum zu exportieren.

USA – neuer Handelskonflikt erwartet

Die Verhandlungen zwischen der EU und den USA über die erhoffte dauerhafte Aussetzung der amerikanischen Schutzzölle auf Stahl und Aluminium sind vorerst gescheitert. Es gibt aber Hoffnung, dass die derzeit teilweise ausgesetzten Schutzzölle von 25 Prozent auf Stahl und zehn Prozent auf Aluminium nicht automatisch wieder in Kraft treten. Auch ein Rohstoffabkommen zwischen der EU und den USA scheint bislang nicht Sicht. Dieses ist aber zwingend Voraussetzung, wollen europäische Unternehmen einen breiteren Zugang zu den Milliardensubventionen aus dem US-Förderpaket für grüne Technologien, dem Inflation Reduction Act, bekommen.