EU-Entwaldungsverordnung: Pflichten für Unternehmen
Die EU-Entwaldungsverordnung (EU VO 2023/1115) trat am 29. Juni 2023 in Kraft. Mit der Verordnung will die Europäische Union einen Beitrag zur Eindämmung der weltweiten Entwaldung und zur Reduzierung von Waldschädigung leisten.
Voraussetzungen
In der EU ansässige Unternehmen, die in der Verordnung EU VO 2023/1115 genannte Waren auf dem Binnenmarkt in Verkehr bringen, haben umfangreichen Compliance-Pflichten zu erfüllen, die ab dem 30. Dezember 2024 gelten sollen. Kleine und mittelständige Unternehmen sollten ab dem 30. Juni 2025 in die Pflicht genommen werden.
In einer aktuellen Mitteilung schlägt die EU-Kommission die Verschiebung um ein Jahr auf den 30. Dezember 2025 bzw. 30. Juni 2026 vor, damit die Unternehmen genügend Zeit zur ordnungsgemäßen Umsetzung haben. Rat und Parlament müssen dem Vorschlag noch zustimmen. Es wird aber davon ausgegangen, dass dies erfolgt.
Vorgeschlagene neue Fristen
- Für große und für mittlere Unternehmen ist eine Verschiebung vom 30. Dezember 2024 auf den 30. Dezember 2025 geplant.
- Für Kleinst- und kleine Unternehmen ist eine Verschiebung vom 30. Juni 2025 auf den 30. Juni 2026 geplant, wobei diese Sonderregelung schon bisher nicht für Holz und nicht für mittlere Unternehmen gilt.
- Auch in Artikel 29 schlägt die EU-Kommission eine zeitliche Änderung vor: Sie müsste eigentlich bis 30. Dezember 2024 eine Liste der Staaten veröffentlichen, für die nur ein geringes oder aber ein hohes Risiko gilt.
Diese in Arbeit befindliche Liste soll nun bis 30. Juni 2025 vorgelegt werden, was ein Eingeständnis der EU-Kommission darstellt, dass auch sie ihre aktuell geltenden Fristsetzungen nicht einhalten kann. Betroffene Rohstoffe aus Staaten mit künftig geringem Risiko fallen dennoch unter viele Verordnungsbestimmungen (Sorgfaltserklärungen usw.), aber nicht unter die Artikel 10 und 11 (Risikobewertung und Risikominderung).
Klarstellung zu Kartonverpackungen und Betriebsanleitungen
Anfang Oktober 2024 hat die EU-Kommission auch die lang erwarteten neuen Leitlinien veröffentlicht, allerdings vorerst nur in englischer Sprache. Auch die FAQ (in englischer Sprache) wurden erweitert. Eine Übersetzung wird durch die BLE (Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung) erfolgen. In den Leitlinien wurde beispielsweise klargestellt, dass Kartonverpackungen sowie Betriebsanleitungen (z. B. als Beilage zu einer gelieferten Maschinen), nicht unter die Verordnung fallen.
Welche Warengruppen fallen unter die Verordnung
Hierunter fallen gemäß Anhang I der Verordnung (anhand von Warentarifnummern) die folgenden Warengruppen:
- Rinder 0102 21, 0102 29, ex 0201, ex 0202, ex 0206 10, ex 0206 22, ex 0206 29, ex 1602 50, ex 4101, ex 4104, ex 4107
- Kakao 1801 – 1806
- Kaffee 0901
- Ölpalme 1207 10, 1511, 1513 21, 1513 29, 2306 60, ex 2905 45, 2915 70, 2915 90, 3823 11, 3823 12, 3823 19, 2323 70
- Kautschuk 4001, ex 4005 – ex 4008, ex 4010 – ex 4013, ex 4015 – ex 4017
- Soja 1201, 1208 10, 1507, 2304
- Holz 4401 – 4421; Halbstoffe und Papier der Kapitel 47 und 48; ex 49; ex 9401 Sitzmöbel (ausgenommen 9402) 9403 30, 9403 40, 9403 50, 9403 60 und 9403 91 Holzmöbel und Teile davon; 9406 10 Vorgefertigte Gebäude aus Holz
Diese Waren dürfen nur dann in Verkehr gebracht oder auf dem Unionsmarkt bereitgestellt oder ausgeführt werden, wenn folgende Bedingungen kumulativ erfüllt sind:
- Ware ist entwaldungsfrei
- Ware wurde gemäß den einschlägigen Rechtsvorschriften des Erzeugerlandes erzeugt
- Für die Ware liegt eine Sorgfaltserklärung vor
Sorgfaltspflichten
Die Verordnung fordert umfangreiche Sorgfalts- und entsprechende Nachforschungspflichten, deren Umsetzung gänzlich dokumentiert und in einem Sorgfaltsbericht dargelegt werden muss. Diese Pflichten umfassen nachstehende Punkte (die Liste ist aufgrund der Fülle nicht abschließend):
Informationsanforderungen
- Beschreibung des Erzeugnisses inklusive einer Liste der relevanten Rohstoffe, die das Erzeugnis enthält oder unter Verwendung es hergestellt wurde
- Geolokalisierung aller Grundstücke, auf denen die relevanten Rohstoffe, die das Erzeugnis enthält oder unter dessen Verwendung es hergestellt wurde sowie den Zeitpunkt der Herstellung
- Schlüssige und überprüfbare Informationen darüber, dass das Erzeugnis entwaldungsfrei ist
- Schlüssige und überprüfbare Informationen darüber, dass das Erzeugnis im Einklang mit den Rechtsvorschriften des Herstellungslandes erfolgt ist
Risikobewertung
- Risikobewertung eines Erzeugerlandes resp. seiner Landesteile und Landesregionen
- Präsenz von Wäldern und indigenen Völkern im Erzeugerland
- Prüfung von Ansprüchen indigener Völker auf die Nutzung des Herstellungsgebietes oder dessen Eigentumsverhältnisse
- Verbreitung der Entwaldung oder Waldschädigung im Erzeugergebiet
- Ausmaß der Korruption, mangelnde Strafverfolgung, Verstöße gegen Menschenrechte
Maßnahmen zur Risikominimierung
- Sofern die Bewertung nach Artikel 10 kein vernachlässigbares Risiko ergeben hat, sind vom Marktteilnehmer vor dem Inverkehrbringen geeignete Maßnahmen zur Risikominderung zu fordern.
- Anforderung weiterer Informationen, Daten oder Unterlagen
- Durchführung unabhängiger Erhebungen oder Audits
Anforderung an Marktteilnehmer
Zudem müssen Marktteilnehmer angemessene Strategien, Kontrollen und Verfahren implementieren, um das Risiko der Nichtkonformität der relevanten Erzeugnisse zu mindern. Die Anforderungen hierfür sind:
- Modellverfahren für das Risikomanagement,
- Berichterstattung,
- Aufzeichnungen,
- interne Kontrolle und Compliance-Management sowie die Benennung eines Compliance-Beauftragten (nicht für KMU)
- eine unabhängige Prüfstelle zur Überprüfung der vorausgegangenen Punkte
Dieser Prozess muss dokumentiert und mit einer an die – noch zu bestimmende – Behörden zu übermittelnden Sorgfaltserklärung ergänzt werden. Diese Informationen sind laut Verordnung innerhalb der Lieferkette weiterzugeben. Die Dokumentationskette reicht dabei bis zu dem Betrieb, der das Produkt an den Endkunden abgibt.
Anforderung an KMU
Kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die nicht Erst-Inverkehrbringer sind, müssen Aufzeichnungen über Lieferanten und Kunden sammeln und diese Informationen für mindestens fünf Jahre aufbewahren. Sie dürfen Rohstoffe und Erzeugnisse nur bei Erhalt der notwendigen Referenznummer der Sorgfaltserklärung auf dem Markt bringen. Produkte, die den Vorgaben der Verordnung nicht entsprechen, gegebenenfalls öffentlich zurückgerufen, gespendet oder verwertet werden.
Register der Kommission / IT-Informationssystem
Im Rahmen der Umsetzung richtet die Kommission ein Register für die Erfassung von Marktteilnehmern und Händlern sowie ihren Bevollmächtigten ein. Zudem werden in dem neuen IT-Informationssystem zukünftig die Sorgfaltspflichterklärungen digital eingereicht. In dem System erhalten die Marktbeteiligten bei Abgabe einer Sorgfaltserklärung (Due Diligence Statement) eine Referenznummer, die sie für die Einfuhr oder Ausfuhr von relevanten Erzeugnissen brauchen. Diese Referenznummer wird entlang der Lieferkette weitergegeben. Die eingereichten Sorgfaltserklärungen überprüfen die zuständigen Behörden der Mitgliedsstaaten, in Deutschland ist dies die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE).
Laut EU-Kommission beginnt die Registrierung der Unternehmen für die Nutzung des Informationssystems Anfang November 2024 und ab dem 2. Dezember 2024 können Sorgfaltserklärungen eingereicht werden. Marktbeteiligte haben die Möglichkeit, ihre unternehmenseigenen Systeme über eine Programmierschnittstelle (englisch "Application Programming Interface", abgekürzt API) an das Informationssystem anzubinden, um ihre Daten einfacher übertragen zu können.
Weitere Informationen hat auch das Bundesamt für Ernährung und Landwirtschaft veröffentlicht. Zudem gibt es FAQ der EU-Kommission der EUDR.