EU-Entwaldungsverordnung: Pflichten für Unternehmen

In der EU ansässige Unternehmen, die in der Verordnung EU VO 2023/1115 genannte Waren auf dem Binnenmarkt in Verkehr bringen, haben umfangreichen Compliance-Pflichten zu erfüllen. Das Gesetz wird ab dem 30. Dezember 2025 für Großunternehmen und ab dem 30. Juni 2026 für Kleinst- und Kleinunternehmen gelten und bringt damit genügend Zeit zur Umsetzung der Verordnung.

Länder-Benchmarking veröffentlicht

Am 22. Mai 2025 veröffentlichte die EU-Kommission das Länder-Benchmarking zur EU-Entwaldungsverordnung.
In dem Länder-Benchmarking der EU-Kommission werden alle Staaten in drei Risikokategorien “niedrig“, ”Standard“ oder “hoch“ eingestuft. Dies ist für den Umfang der Compliance Kontrollen relevant: Bei einem “niedrigen Risiko“ ein Prozent, bei ”Standard“ drei Prozent und bei einem ”hohen Risiko“ neun Prozent.

Die Einstufung erfolgte aufgrund von Waldverlust, Ausweitung der Agrarflächen und der Produktionssteigerung von Holz und Rind in den Jahren 2015 - 2020.

In die Kategorie "niedriges Risiko“ wurden 140 Staaten eingestuft, während nur vier Staaten in der Kategorie "hohes Risiko“ verortet wurden.

Neue Leitlinien (April 2025) schaffen Erleichterungen

Am 15. April 2025 veröffentlichte die EU-Kommission aktualisierte Anwendungsleitlinien und FAQs zur EU-Entwaldungsverordnung.
Im Rahmen der angepassten Leitlinien sind folgende Maßnahmen hervorzuheben:
  • Es wird großen Unternehmen analog zu kleineren Unternehmen gestattet, bereits bestehende Sorgfaltserklärungen wiederzuverwenden, wenn Waren, die bereits auf einem EU-Markt waren, erneut importiert werden.
  • Ein bevollmächtigter Vertreter kann eine Sorgfaltserklärung im Namen von Mitgliedern von Unternehmensgruppen einreichen.
  • Unternehmen dürfen Sorgfaltserklärungen jährlich einreichen anstatt für jede Sendung oder Charge, die auf den EU-Markt gebracht wird.
  • Große, nachgelagerte Unternehmen können analog zu kleineren Unternehmen unter bestimmten Voraussetzungen ebenfalls Referenznummern von Sorgfaltserklärungen ihrer Lieferanten sammeln und in ihren eigenen Sorgfaltserklärungen angeben. Es ist nicht notwendig, jede Sorgfaltserklärung der vorgelagerten Lieferkette systematisch zu prüfen.
Die Maßnahmen sollen die Anzahl der einzureichenden Sorgfaltserklärungen bedeutend verringern und ihre Handhabe vereinfachen. Zudem wurde eine Konsultation zu einem delegierten Rechtsakt zur EUDR gestartet, welche insbesondere Anpassungen an der Liste der betroffenen relevanten Produkte beinhaltet. Die Konsultationsfrist endet am 13. Mai 2025. Die Kommission schätzt, dass die vorgestellten Maßnahmen mit einer 30-prozentigen Reduktion an administrativen Kosten für Unternehmen einhergehen. Das Benchmarking zur Einstufung der Länder in Risikoklassen soll bis zum 30. Juni 2025 veröffentlicht werden.

Klarstellung zu Kartonverpackungen und Betriebsanleitungen

Anfang Oktober 2024 hat die EU-Kommission Leitlinien veröffentlicht. Die BLE (Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung) stellt neben den Leitlinien auch FAQ's zur Verfügung. In den Leitlinien wurde beispielsweise klargestellt, dass Kartonverpackungen sowie Betriebsanleitungen (z. B. als Beilage zu einer gelieferten Maschinen), nicht unter die Verordnung fallen.

Welche Warengruppen fallen unter die Verordnung

Hierunter fallen gemäß Anhang I der Verordnung (anhand von Warentarifnummern) die folgenden Warengruppen:
  • Rinder 0102 21, 0102 29, ex 0201, ex 0202, ex 0206 10, ex 0206 22, ex 0206 29, ex 1602 50, ex 4101, ex 4104, ex 4107
  • Kakao 1801 – 1806
  • Kaffee 0901
  • Ölpalme 1207 10, 1511, 1513 21, 1513 29, 2306 60, ex 2905 45, 2915 70, 2915 90, 3823 11, 3823 12, 3823 19, 2323 70
  • Kautschuk 4001, ex 4005 – ex 4008, ex 4010 – ex 4013, ex 4015 – ex 4017
  • Soja 1201, 1208 10, 1507, 2304
  • Holz 4401 – 4421; Halbstoffe und Papier der Kapitel 47 und 48; ex 49; ex 9401 Sitzmöbel (ausgenommen 9402) 9403 30, 9403 40, 9403 50, 9403 60 und 9403 91 Holzmöbel und Teile davon; 9406 10 Vorgefertigte Gebäude aus Holz
Diese Waren dürfen nur dann in Verkehr gebracht oder auf dem Unionsmarkt bereitgestellt oder ausgeführt werden, wenn folgende Bedingungen kumulativ erfüllt sind:
  • Ware ist entwaldungsfrei
  • Ware wurde gemäß den einschlägigen Rechtsvorschriften des Erzeugerlandes erzeugt
  • Für die Ware liegt eine Sorgfaltserklärung vor

Sorgfaltspflichten

Die Verordnung fordert umfangreiche Sorgfalts- und entsprechende Nachforschungspflichten, deren Umsetzung gänzlich dokumentiert und in einem Sorgfaltsbericht dargelegt werden muss. Diese Pflichten umfassen nachstehende Punkte (die Liste ist aufgrund der Fülle nicht abschließend):

Informationsanforderungen

  • Beschreibung des Erzeugnisses inklusive einer Liste der relevanten Rohstoffe, die das Erzeugnis enthält oder unter Verwendung es hergestellt wurde
  • Geolokalisierung aller Grundstücke, auf denen die relevanten Rohstoffe, die das Erzeugnis enthält oder unter dessen Verwendung es hergestellt wurde sowie den Zeitpunkt der Herstellung
  • Schlüssige und überprüfbare Informationen darüber, dass das Erzeugnis entwaldungsfrei ist
  • Schlüssige und überprüfbare Informationen darüber, dass das Erzeugnis im Einklang mit den Rechtsvorschriften des Herstellungslandes erfolgt ist

Risikobewertung

  • Risikobewertung eines Erzeugerlandes resp. seiner Landesteile und Landesregionen
  • Präsenz von Wäldern und indigenen Völkern im Erzeugerland
  • Prüfung von Ansprüchen indigener Völker auf die Nutzung des Herstellungsgebietes oder dessen Eigentumsverhältnisse
  • Verbreitung der Entwaldung oder Waldschädigung im Erzeugergebiet
  • Ausmaß der Korruption, mangelnde Strafverfolgung, Verstöße gegen Menschenrechte

Maßnahmen zur Risikominimierung

  • Sofern die Bewertung nach Artikel 10 kein vernachlässigbares Risiko ergeben hat, sind vom Marktteilnehmer vor dem Inverkehrbringen geeignete Maßnahmen zur Risikominderung zu fordern.
  • Anforderung weiterer Informationen, Daten oder Unterlagen
  • Durchführung unabhängiger Erhebungen oder Audits

Anforderung an Marktteilnehmer

Zudem müssen Marktteilnehmer angemessene Strategien, Kontrollen und Verfahren implementieren, um das Risiko der Nichtkonformität der relevanten Erzeugnisse zu mindern. Die Anforderungen hierfür sind:
  • Modellverfahren für das Risikomanagement,
  • Berichterstattung,
  • Aufzeichnungen,
  • interne Kontrolle und Compliance-Management sowie die Benennung eines Compliance-Beauftragten (nicht für KMU)
  • eine unabhängige Prüfstelle zur Überprüfung der vorausgegangenen Punkte
Dieser Prozess muss dokumentiert und mit einer an die – noch zu bestimmende – Behörden zu übermittelnden Sorgfaltserklärung ergänzt werden. Diese Informationen sind laut Verordnung innerhalb der Lieferkette weiterzugeben. Die Dokumentationskette reicht dabei bis zu dem Betrieb, der das Produkt an den Endkunden abgibt.

Anforderung an KMU

Kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die nicht Erst-Inverkehrbringer sind, müssen Aufzeichnungen über Lieferanten und Kunden sammeln und diese Informationen für mindestens fünf Jahre aufbewahren. Sie dürfen Rohstoffe und Erzeugnisse nur bei Erhalt der notwendigen Referenznummer der Sorgfaltserklärung auf dem Markt bringen. Produkte, die den Vorgaben der Verordnung nicht entsprechen, gegebenenfalls öffentlich zurückgerufen, gespendet oder verwertet werden.

Register der Kommission / IT-Informationssystem

Im Rahmen der Umsetzung richtet die Kommission ein Register für die Erfassung von Marktteilnehmern und Händlern sowie ihren Bevollmächtigten ein. Zudem werden in dem neuen IT-Informationssystem zukünftig die Sorgfaltspflichterklärungen digital eingereicht. In dem System erhalten die Marktbeteiligten bei Abgabe einer Sorgfaltserklärung (Due Diligence Statement) eine Referenznummer, die sie für die Einfuhr oder Ausfuhr von relevanten Erzeugnissen brauchen. Diese Referenznummer wird entlang der Lieferkette weitergegeben. Die eingereichten Sorgfaltserklärungen überprüfen die zuständigen Behörden der Mitgliedsstaaten, in Deutschland ist dies die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE).
Laut EU-Kommission beginnt die Registrierung der Unternehmen für die Nutzung des Informationssystems Anfang November 2024 und ab dem 2. Dezember 2024 können Sorgfaltserklärungen eingereicht werden. Marktbeteiligte haben die Möglichkeit, ihre unternehmenseigenen Systeme über eine Programmierschnittstelle (englisch "Application Programming Interface", abgekürzt API) an das Informationssystem anzubinden, um ihre Daten einfacher übertragen zu können.
Weitere Informationen hat auch das Bundesamt für Ernährung und Landwirtschaft veröffentlicht. Zudem gibt es FAQ der EU-Kommission der EUDR.