Novelle des Verpackungsgesetzes
Das deutsche Verpackungsgesetz klingt beim ersten Lesen nur mäßig spannend. Für viele Unternehmer ist es aber unabdingbarer Bestandteil ihrer Arbeit – auch wenn manche von ihnen das noch nicht wissen.
- Regelungen der EU-Einwegkunststoffrichtlinie umgesetzt
- Wen betrifft das Verpackungsgesetz?
- Pflichten im “rein gewerblichen Bereich” (§ 15)
- Ausweitung der Einweg-Getränke-Pfandpflichten
- Registrierungspflicht der Nutzer von Serviceverpackungen
- Ausweitung der Registrierungspflicht auf weitere “Hersteller” im Sinne des Gesetzes
- E-Commerce und Fulfillment-Dienstleister
- Weitere Regelungen
Regelungen der EU-Einwegkunststoffrichtlinie umgesetzt
- Verpflichtende Mehrwegverpackungen im “take-away”-Bereich gelten seit 2023.
- Die Pfandpflicht wurde bereits Anfang 2022 auf sämtliche Einwegkunststoffgetränkeflaschen und -dosen ausgeweitet.
- Seit Sommer 2022 müssen sämtliche “Hersteller” eine Registrierung bei der Zentralen Stelle Verpackungsregister vornehmen.
Wen betrifft das Verpackungsgesetz?
Alle Unternehmen und Unternehmer, die erstmals gewerbsmäßig in Deutschland eine mit Ware befüllte Verpackung in Verkehr bringen. Besonders umfangreich sind die Regelungen für Verpackungen, die typischerweise beim privaten Endverbraucher als Abfall anfallen.
Der Gesetzgeber hat im Verpackungsgesetz einige Definitionen getroffen, die erklärungsbedürftig sind und bereits in der Vergangenheit zu Missverständnissen geführt haben.
Wer ist “Hersteller”?
- der Ware herstellt und verpackt
- Handelsunternehmen bei Eigenmarken mit Namen und/oder Marke auf Verpackung
- Importeure
- Versand- und Onlinehändler für Versandverpackung inkl. Füllmaterial
Grundsatz: Wer Ware “einpackt” (oder einpacken lässt) ist “Hersteller” und trägt die Herstellerpflichten für die Verpackung.
Wer ist “privater Endverbraucher”?
- Private Haushalte und
- vergleichbare Anfallstellen
Gaststätten, Kantinen, Hotels, Krankenhäuser, Bildungseinrichtungen, Sportanlagen, Büros und Verwaltungen, Freiberufler, …
handwerkliche oder landwirtschaftliche Betriebe, deren Abfälle in Abfallbehältern bis 1100 l abgeholt werden
Pflichten im “rein gewerblichen Bereich” (§ 15)
Das Gegenteil der “privaten Endverbraucher”, also die sonstigen Endverbraucher wie Produktionsbetriebe oder Handelsunternehmen, werden umgangssprachlich hilfsweise als “echte” gewerbliche Endverbraucher oder “rein gewerblicher Bereich” bezeichnet. Hersteller und alle nachfolgenden Vertreiber in diesem “rein gewerblichen Bereich”, also Verkäufer von Waren für “echte” gewerbliche Endverbraucher, werden im ergänzten § 15 seit dem 1. Januar 2022 zusätzlichen Anforderungen unterworfen.
Bisher konnten sie ihre Verpackungs-Rücknahme-Pflichten in Abstimmung mit ihren Kunden an diese delegieren oder sonstige Vereinbarungen treffen. Dies ist zwar nicht verboten, aber alle Lieferanten in dieser “rein gewerblichen” Lieferkette sind verpflichtet, über die Erfüllung ihrer Rücknahme- und Verwertungsanforderungen “Nachweis zu führen”. (Keine “Nachweise” im Sinne der Abfall-Nachweis-Verordnung für gefährliche Abfälle. Stattdessen wird eine interne Dokumentation erwartet.)
Dies könnte dazu führen, dass Unternehmen häufiger ihre Lieferanten zur Rücknahme gebrauchter Verpackungen auffordern, was jedoch insgesamt für alle Beteiligten zu höheren Kosten und noch mehr Dokumentationsaufwand führen würde.
Außerdem wurde in § 15 eine ausdrückliche Informationspflicht nicht aller Beteiligten, aber der „Letztvertreiber“ (also auf der letzten Handelsstufe) aufgenommen, die sogar schon seit 3.Juli 2021 in Kraft ist: “Letztvertreiber von Verpackungen nach Satz 1 müssen die Endverbraucher durch geeignete Maßnahmen in angemessenem Umfang über die Rückgabemöglichkeit und deren Sinn und Zweck informieren.”
Ausweitung der Einweg-Getränke-Pfandpflichten
Die oben genannten “Nachweis”-Pflichten gelten seit 2022 auch für alle Hersteller und Vertreiber von pfandpflichtigen Einweg-Getränkeverpackungen.
Ebenfalls seit 1. Januar 2022 wurden die bestehenden Pfandpflichten für bestimmte Getränke in definierten Einweggetränke-Verpackungsarten erweitert. Die Pflicht zur Pfanderhebung auf allen Handelsstufen gilt - über die bisherigen Regelungen hinaus - unabhängig vom Inhalt für alle Getränkedosen und Einwegkunststoff-Getränkeflaschen.
Dies bedeutet de facto eine Teilnahmepflicht am bundesdeutschen Einweg-Pfandsystem. Damit verknüpft ist die Kennzeichnung mit dem bekannten Getränke-Einwegpfand-Logo.
Registrierungspflicht der Nutzer von Serviceverpackungen
Als Serviceverpackungen gelten diejenigen Verpackungen, die erst auf der letzten Handelsstufe (vom “Letztvertreiber”) mit Ware befüllt werden zur Übergabe an die Kunden (zum Beispiel Papiertüten in Bäckereien oder auf dem Wochenmarkt). Diese Letztvertreiber müssen sich seit 1. Juli 2022 bei der Zentralen Stelle Verpackungsregister registrieren. Gebühren entstehen dabei nicht.
Einzutragen ist neben den üblichen Kontaktdaten auch eine Steuernummer. Außerdem müssen die besagten Nutzer von Serviceverpackungen bestätigen, dass ihre Lieferanten diese Serviceverpackungen bei einem anerkannten dualen Entsorgungssystem “beteiligen” (also anmelden und abrechnen).
Einzutragen ist neben den üblichen Kontaktdaten auch eine Steuernummer. Außerdem müssen die besagten Nutzer von Serviceverpackungen bestätigen, dass ihre Lieferanten diese Serviceverpackungen bei einem anerkannten dualen Entsorgungssystem “beteiligen” (also anmelden und abrechnen).
Ausweitung der Registrierungspflicht auf weitere “Hersteller” im Sinne des Gesetzes
Seit 1. Juli 2022 ist die Registrierungspflicht für alle Unternehmen Pflicht, die
- entweder Mehrwegverpackungen mit Ware befüllen und so in Verkehr bringen
- oder pfandpflichtige Einweg-Getränkeverpackungen befüllen und in Verkehr bringen
- oder schadstoffhaltige Füllgüter im Sinne des Gesetzes in verpackter Form in Verkehr bringen
- oder Waren für gewerbliche Endverbraucher verpacken und so erstmals in Verkehr bringen.
Die letztgenannten Betroffenen im “rein gewerblichen Bereich“ hatten bisher im Wesentlichen nur den § 15 zu beachten. Nicht von der Registrierungspflicht betroffen sind Unternehmen, die verpackte Ware im Inland einkaufen und unverändert weitergeben (ohne Hinzufügen einer zusätzlichen Verpackung, zum Beispiel einer Versandverpackung). Dies kann beispielsweise auf Getränkehändler zutreffen.
E-Commerce und Fulfillment-Dienstleister
Elektronische Marktplätze und Fulfillment-Dienstleister wurden erstmals in den Adressatenkreis des Verpackungsgesetzes aufgenommen und dazu in § 3 definiert. Sie werden verpflichtet, darauf zu achten, dass ihre Kunden die Vorgaben des Gesetzes einhalten. Konkret genannt werden die Registrierungspflichten sowie im Fall von Waren für private Endverbraucher die Systembeteiligungspflichten. Gemeint sind zum einen diejenigen Kunden, die auf den elektronischen Marktplätzen inserieren und dadurch verpackte Waren in Verkehr bringen. Zum anderen handelt es sich um die Auftraggeber der Fulfillment-Dienstleister. Bei Missachtung bestehen für die neuen Adressaten jeweils ein Vertriebsverbot sowie die Gefahr eines Bußgelds.
Weitere Regelungen
Mehrwegalternative im "to-go"-Bereich
Seit 1. Januar 2023 gilt eine wesentliche Neuerung im gastronomischen Bereich. Wer "to-go"-Getränke oder "take-away-Essen" anbietet und dazu Einwegkunststoff-Lebensmittelverpackungen oder Einweggetränkebecher nutzt, muss zwingend eine Mehrwegalternative anbieten. Diese darf nicht teurer als das gleiche Produkt in der Einwegkunststoffverpackung sein.
Der Mehrweg-Begriff wird im Verpackungsgesetz definiert, wobei betont wird, dass eine tatsächliche Rücknahme und Wiederverwendung durch eine entsprechende Logistik ermöglicht werden muss und dazu Anreize an den Kunden geschaffen werden müssen, in der Regel durch eine Pfand-Erhebung. Hierzu sind zwar deutschlandweit einige (zunächst eher regional ausgerichtete) Systeme im Aufbau; dennoch dürfte die konkrete Umsetzung schwierig werden.
Kleinere Unternehmen mit bis zu fünf Mitarbeitern und einer Verkaufsfläche von nicht mehr als 80 Quadratmetern können anstelle der oben genannten Mehrweg-Variante den Weg wählen, ihren Kunden deren mitgebrachte Behältnisse zu befüllen. Hierbei sind jedoch hygienische Aspekte zu beachten.
Weitere Änderungen absehbar
Die Gesetzesnovelle enthält weitere Neuregelungen, die sich unter anderem an duale Entsorgungssysteme oder an ausländische Unternehmen, die verpackte Waren nach Deutschland liefern, richten.
Sie enthält außerdem Vorgaben an die Hersteller von Einwegkunststoff-Getränkeflaschen, da diese Flaschen ab 2025 und verstärkt ab 2030 zum Teil aus Kunststoff-Recyclat hergestellt werden müssen.