Erste Hilfe im Unternehmen
Unfälle kommen immer unverhofft und ungelegen. Auch im Unternehmen. Gut, wenn bei kleinen und auch großen Notfällen im Kollegenkreis vorgesorgt wurde. Dies ist aber ein sozialversicherungsrechtliches "Muss" für den Arbeitgeber.
Erste Hilfe am betrieblichen Unfallort
Schnell ist es passiert: Verletzt mit dem Schneidemesser, Unachtsamkeit im Treppenhaus oder ein plötzlicher Kreislaufkollaps. Ersthelfer sind im Unternehmen die Ersten, die sich um Verletzte kümmern sollen. Dabei geht es nicht um eine vollumfängliche Versorgung, sondern um – wie der Name es ausdrückt – erste Hilfe für den Verunfallten, bis der Notdienst am Unfallort eintrifft. Nach der Vorgabe der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) “Vorschrift 1” müssen Unternehmen sicherstellen, dass stets ausreichende Versorgung als Erste Hilfe aus dem Kollegenkreis anwesend ist. Je nach Branche sind dies bis zu zehn Prozent der anwesenden Mitarbeiter. Was gilt aber bei Home-Office oder gleitenden Arbeitszeiten? Wie können Unternehmen vorsorgen, dass immer ausreichend Ersthelfer anwesend sind?
- Ersthelfer sollten aus Abteilungen berufen werden, die immer besetzt sind und bei denen Home-Office nicht möglich ist.
- Geeignete Kollegen können sich gegenseitig vertreten – in der Arbeitsorganisation als auch als Ersthelfer: Ist einer im Urlaub, sind Arbeitsfeld und Ersthilfe abgedeckt.
- Benachbarte Unternehmen (beispielsweise in einem Bürogebäude oder die Firmengelände liegen sich gegenüber) können sich gegenseitig mit Ersthelfern "vertreten". Dies sollte aber klar, am besten schriftlich an den einschlägigen Aushängen kommuniziert werden.
- Ersthelfer sollten räumlich über den Betrieb "verteilt" sein, so dass bei Notfällen keine weiten Wege bis zum Unfallort behindern.
Wie viele Mitarbeiter müssen geschult werden?
Hier gilt der Grundsatz "viel hilft viel", denn schon aus den obigen Tipps heraus kann ein Betrieb nie genug Ersthelfer haben. Dabei sollte natürlich auch bedacht werden, dass mit dem Ausscheiden eines Mitarbeiters nicht nur Wissen verloren geht, sondern auch seine Funktion für die Notfallhilfe. Wenn dann Ersatz gleich da ist, kann erstmal nicht viel passieren. Die Anzahl ist grundsätzlich abhängig von der Mitarbeiterzahl und der Art des Unternehmens.
Beispielsweise muss bei zwei bis 20 anwesenden Beschäftigten im IT-Start-up oder im Einzelhandel mindestens ein Ersthelfer anwesend sein. Bei mehr als 20 Beschäftigten müssen mindestens fünf Prozent der Anwesenden geschult sein, in sonstigen Betrieben mindestens zehn Prozent. In Unternehmen mit größerem Gefahrenpotential werden mehr Ersthelfer benötigt.
Bestellung von Ersthelfern
Grundsätzlich kann jeder Mitarbeiter zum Ersthelfer ausgebildet werden, wenn keine körperlichen oder psychischen Beeinträchtigungen vorliegen. Das Basiswissen umfasst die Erste Hilfe allgemein sowie weitere Handlungsstränge bezogen auf die betriebliche Umgebung. Der Wissensstand sollte alle zwei Jahre aufgefrischt werden.
Um den Überblick zu behalten und auch die obigen Hinweise zu berücksichtigen, ist für die Auswahl der Kandidaten die Personalabteilung am geeignetsten. Dann können nämlich auch gleich der gegenseitige Austausch und Treffen dieser wichtigen Funktionsträger organisiert werden. Dabei koordiniert die Personalabteilung die Schulungen und die Information, wer als Ersthelfer in welchen Abteilungen und wo im Einsatz ist und wer wen vertritt: Kommunikation ist hier neben der eigentlichen Funktion sehr wichtig für den Einsatzfall. Selbstverständlich gehört dazu auch eine Vorlage für die sogenannte Alarmierungskette. Hilfestellung gibt die Gefährdungsbeurteilung, in der neben Funktion und Anzahl auch der eigentliche Rettungsweg nach den betrieblichen individuellen Vorgaben beschrieben wird. Also vereinfacht: Wie werden Ersthelfer alarmiert, wo befinden sich Hilfestationen, wo ist der nächste Ersthelfer, wer muss zusätzlich zeitnahe informiert werden und natürlich bei ernsten Situationen das Absetzen des Notrufs 112.
Schulungen bieten die jeweiligen Berufsgenossenschaften an. Ebenso können jedoch bei größeren oder individuellen Bedarfen externe Dienstleistungsanbieter angefragt werden. Achtung: diese müssen durch die jeweiligen Berufsgenossenschaften zugelassen sein – siehe Hinweis am Ende des Artikels.
Diese und weitere Tipps, wie Erste Hilfe im Betrieb organisiert werden kann, stehen in der DGUV-Publikation Fachbereich Aktuell "Erste Hilfe bei flexiblen Arbeitsformen und Arbeitszeiten”.
Übrigens: Jährlich werden etwa zwei Millionen betriebliche Ersthelfer geschult. Daher unterstützt die gesetzliche Unfallversicherung den "Aktionsplan Wiederbelebung" des Deutschen Rats für Wiederbelebung und des Bundesverbands Medizintechnologie in Fragen der Sensibilisierung für die Erste Hilfe und der flächendeckenden Verfügbarkeit von Defibrillatoren an geeigneten Orten.
Erste-Hilfe-Material und Unfallbuch – zwei die zusammengehören
Es muss nicht immer gleich der Ernstfall sein. Ersthelfer begleiten auch präventiv die allgemeine Umsetzung der Ersten Hilfe im Betrieb. Dazu gehören alle planerischen Maßnahmen, Vorkehrungen, Einrichtungen und Sachmittel, die rund um die Ersthilfe für Sicherheit sorgen.
Allem voran gehört dazu ausreichend Erste-Hilfe-Material und zugehörige Verbandskästen oder Verbandseinrichtungen wie beispielsweise Krankentragen. Ersthelfer schauen auch danach, dass Verbandsmaterialien regelmäßig überprüft und bei Bedarf ergänzt und erneuert werden.
Möglicherweise können aufgrund der betrieblichen Situation oder des Umfelds (beispielsweise bei mehreren Unternehmen) besonderes Erste-Hilfe-Equipment sinnvoll sein, medizinische Geräte (Defibrillator) oder Arzneimittel als Gegenmittel zu giftigen Stoffen. Für die Ausstattung mit Verbandsmaterial gelten abhängig von Betriebsart und Beschäftigtenzahl spezifische Vorgaben:
- Klassische Unternehmen mit bis zu 50 Beschäftigten benötigen einen sogenannten "kleinen Verbandskasten nach DIN 13157".
- Bei einer höheren Beschäftigtenzahl braucht es einen oder zwei "große Verbandskästen nach DIN 13169".
- Unternehmen mit besonderen betrieblichen Gefahren – etwa Herstellungs- und Verarbeitungsbetriebe – benötigen mehr Verbandskästen. Es versteht sich quasi von selbst, dass auch hier Ersthelfer danach schauen, dass diese Einrichtungen vorhanden sind und auch gut im Ernstfall gefunden werden.
Das Betriebsbuch/Notfallbuch/Unfallbuch schließlich ist zentrale Dokumentation für Arbeitsunfälle. Es dient dazu, jeden noch so geringen Betriebsunfall, bei dem Erste Hilfe geleistet wird, zu dokumentieren. Das ist deshalb wichtig, weil dies als Nachweis für die Anerkennung eines möglichen Arbeitsunfalls (und daraus resultierender Folgen – schlimmstenfalls Folgekrankheiten oder Versehrtheiten) dient.
Am einfachsten liegt dieses Dokumentationsbuch, in dem der Vorfall, die Erste-Hilfe-Leistung, Datum, Uhrzeit sowie die Namen des Verletzen und des Ersthelfers notiert wird, immer im Verbandskasten dabei. Auch vermeintliche "Bagatellfälle" sollten notiert und wie in der Gefährdungsbeurteilung beschrieben betrieblich gemeldet werden – im Hinblick auf mögliche erst viel später eintretende Folgen.
Vorlagen finden sich im Internet, beispielsweise bei der DGUV mit der Dokumentation der Erste-Hilfe-Leistungen (Meldeblock).
Übrigens: Ein Arbeitsunfall, der zu einer Arbeitsunfähigkeit von mehr als drei Tagen führt, muss der zuständigen Berufsgenossenschaft gemeldet werden – sowohl vom Arbeitgeber als auch vom behandelnden Arzt.
Wir bieten keine Schulungen zur betrieblichen Ersten Hilfe an. In unserem Artikel “Betriebsarzt und Sicherheitsfachkraft” finden Sie im Kapitel "Was gilt in Bezug auf Ersthelfer und Betriebssanitäter?" weitere Detailinformationen sowie die bundesweite Suchoption nach Schulungsstellen für Ersthelfer und Betriebssanitäter.
Links und Downloads
- Gesamtübersicht Erste Hilfe der DGUV (Link: https://www.dguv.de/fb-erstehilfe/themenfelder/index.jsp)
- Fachbereich Erste Hilfe der DGUV (Link: https://www.dguv.de/fb-erstehilfe/index.jsp)
- Erste-Hilfe-Kurse: Hierauf sollten Betriebe achten (Link: https://www.dguv.de/fb-erstehilfe/nachrichten/meldungen-2025/erste-hilfe-kurse/index.jsp)