Entlastung von Prüfern

Das Wichtigste in Kürze

  • Einführung von Prüferdelegationen
  • Einführung der Möglichkeit, die Abnahme und abschließende Bewertung von schriftlichen und sonstigen nicht flüchtigen Prüfungsleistungen auf zwei Prüfende zu übertragen
  • Zuerkennung eines korrespondierenden zweijährigen Berufes bei Nichtbestehen eines drei- oder dreieinhalbjährigen Berufes auf Antrag des Prüflings sowie gesetzliche Befreiung vom ersten Teil der gestreckten Abschlussprüfung oder der Zwischenprüfung bei einem drei- oder dreieinhalbjährigen Beruf bei Bestehen der Abschlussprüfung in einem zweijährigen Beruf, auf den der drei- oder dreieinhalbjährige Beruf aufbaut (Einzelheiten siehe Handout „Durchlässigkeit“)
  • Möglichkeit der Errichtung gemeinsamer Prüfungsausschüsse und der Einholung gutachterlicher Stellungnahmen Dritter auch bei Fortbildungsprüfungen
  • Einführung der Möglichkeit einer automatisierten Auswertung von Antwort-Wahlaufgaben
  • Normierung einer Pflicht der zuständigen Stellen, im Rahmen der Besetzung von Prüfungsausschüssen und Prüferdelegationen die Vorschlagsberechtigten (Gewerkschaften und Arbeitnehmervereinigungen) über die Anzahl und Größe der einzurichtenden Prüfungsausschüsse und Prüferdelegationen zu unterrichten und den Vorschlagsberechtigten mitzuteilen, welche der von diesen vorgeschlagenden Beauftragten der Arbeitnehmer berufen wurden

Die wichtigsten Änderungen im Detail

Einführung und Bildung von Prüferdelegationen

Eine wesentliche Änderung im Prüfungsrecht stellt die Einführung von Prüferdelegationen gemäß §§ 39 Abs. 2, 42 Abs. 2 BBiG dar. Die zuständige Stelle entscheidet vor Beginn der Prüfung, ob sie Prüferdelegationen bildet, § 42 Abs. 3 S. 1 BBiG. Es wird empfohlen, insoweit eine einmalige Entscheidung zu Beginn jeder Berufungsperiode für jede Abschluss-, Umschulungs- und Fortbildungsprüfung zu treffen.
Prüferdelegationen werden im Wesentlichen in der gleichen Art und Weise wie Prüfungsausschüsse berufen. Sie bestehen also aus ordentlichen und stellvertretenden Mitgliedern und sind paritätisch besetzt. Prüfende können nun parallel sowohl in einen Prüfungsausschuss als auch in eine Prüferdelegation als ordentliche oder stellvertretende Mitglieder berufen werden.
Es ist erstmals möglich, dass bei einer Prüfung neben dem Prüfungsausschuss zusätzlich auch eine oder mehrere Prüferdelegation(en) für die Abnahme und Bewertung von Prüfungsleistungen zum Einsatz kommen können. Dadurch ist es möglich, Prüfende, die in einem Prüfungsausschuss beispielsweise als stellvertretende Mitglieder berufen sind, zusätzlich zu dieser Funktion in einer Prüferdelegation als ordentliches oder stellvertretendes Mitglied einzusetzen.
In dieser Konstellation prüft das stellvertretende Prüfungsausschussmitglied nicht in seiner Funktion als stellvertretendes Mitglied des Prüfungsausschusses, sondern in seiner Funktion als ordentliches Mitglied in der Prüferdelegation. Anders als bei Prüfungsausschüssen können in Prüferdelegationen allerdings auch Personen berufen werden, die fachlich nicht das gesamte Spektrum der Prüfungsinhalte abdecken, sondern nur für ein oder mehrere Prüf- oder Fachgebiete sachkundig sind.

Einsatz von Prüferdelegationen

Werden eine oder mehrere Prüferdelegationen gebildet, kann die zuständige Stelle im Einvernehmen mit den Mitgliedern des Prüfungsausschusses die Abnahme und abschließende Bewertung einzelner oder auch aller Prüfungsleistungen auf die Delegation/en übertragen, § 42 Abs.2 BBiG. Das Ergebnis der Bewertungen der Prüferdelegation(en) ist vom Prüfungsausschuss zu übernehmen. Der Prüfungsausschuss beschließt über:
  • die Noten zur Bewertung derjenigen Prüfungsleistungen, die er selbst abgenommen hat
  • die Noten zur Bewertung der Prüfung insgesamt sowie
  • das Bestehen oder Nichtbestehen der Prüfung

Abnahme und Bewertung einzelner Prüfungsleistungen durch zwei Prüfende

Sowohl der Prüfungsausschusses als auch die Prüferdelegation können einvernehmlich die Abnahme und abschließende Bewertung von schriftlichen und sonstigen nicht flüchtigen Prüfungsleistungen auf zwei seiner/ihrer Mitglieder delegieren, § 42 Abs. 5 BBiG.
Nicht erlaubt ist die Übertragung auf zwei Prüfende bei mündlichen Prüfungen und bei solchen praktischen Prüfungen, bei denen nicht lediglich das Ergebnis, sondern auch der Prozess bewertet wird. Dies bedeutet, dass mündliche und sonstige flüchtige Prüfungsleistungen (zum Beispiel praktische Prüfungsleistung mit situativem Fachgespräch) nach wie vor durch alle Mitglieder des Prüfungsausschusses oder der Prüferdelegation abgenommen und bewertet werden müssen.
Weichen die Bewertungen der zwei Mitglieder um nicht mehr als 10 Prozent der erreichbaren Punkte voneinander ab, so wird die endgültige Bewertung aus dem Durchschnitt der beiden Bewertungen gebildet. Bei einer größeren Abweichung erfolgt die endgültige Bewertung durch ein vorab bestimmtes weiteres Mitglied des Prüfungsausschusses bzw. der Prüferdelegation. Das Ergebnis dieser abschließenden Bewertung wird vom Prüfungsausschuss ohne weitere Prüfung übernommen, ohne dass es dafür eines Beschlusses i.S.d. § 42 Abs. 1 Nr. 1 BBiG bedarf.
Für diese neuen Prüfungsregelungen zur Abnahme und abschließenden Bewertung gilt, dass sie erst dann zur Anwendung kommen können, wenn die Musterprüfungsordnung samt den daraus resultierenden IHK-Prüfungsordnungen in diesem Punkt an das neue BBiG angepasst wurden.
Im Hinblick auf die Möglichkeit, nicht flüchtige Prüfungsleistungen von zwei Prüfenden nunmehr abschließend abnehmen und bewerten zu lassen, entfällt die bis 31.12.2019 gültige Möglichkeit, zur Vorbereitung der Beschlussfassung des Prüfungsausschusses über die Noten einzelner Prüfungsleistungen, der Prüfung insgesamt sowie über das Bestehen und Nichtbestehen der Abschlussprüfung zwei Mitglieder des Prüfungsausschusses mit der Bewertung einzelner nicht mündlich zu erbringender Prüfungsleistungen zu beauftragen. Das sogenannte Berichterstatterprinzip (§ 42 Abs. 2 und 3 BBiG alt) findet somit seit 01.01.2020 keine Anwendung mehr.

Widerspruchsverfahren

Für die Überprüfung von Bewertungen im Rahmen des Überdenkungsverfahrens sind diejenigen Prüfenden zuständig, die die betreffenden Prüfungsleistungen bewertet haben. Somit sind fünf Fallkonstellationen denkbar:
Abnahme und Bewertung durch:
Überdenkungsverfahren durch:
Aufgabe des Prüfungsausschusses:             
kompletter Prüfungsausschuss
jedes einzelne Mitglied des Prüfungsausschusses
Beschlussfassung des Ergebnisses im Überdenkungsverfahren + Bestehen oder Nichtbestehen der Abschlussprüfung
zwei Mitglieder des Prüfungsausschusses
die selben zwei Mitglieder des Prüfungsausschusses
Beschlussfassung der im Überdenkungsverfahren festgestellten Bewertung der zwei Mitglieder + Bestehen oder Nichtbestehen der Abschlussprüfung
weiteres Mitglied bei Abweichung > 10 %
selbes weiteres Mitglied bei Abweichung > 10 %
Beschlussfassung der im Überdenkungsverfahren festgestellten Bewertung des weiteren Mitgliedes + Bestehen oder Nichtbestehen der Abschlussprüfung
komplette Prüferdelegation
jedes einzelne Mitglied der Prüferdelegation +
Beschlussfassung des Ergebnisses im Überdenkungsverfahren
Beschlussfassung über der im Überdenkungsverfahren festgestellten Bewertung + Bestehen oder Nichtbestehen der Abschlussprüfung
zwei Mitglieder der Prüferdelegation
die selben zwei Mitglieder der Prüferdelegation
Beschlussfassung der im Überdenkungsverfahren festgestellten Bewertung der zwei Mitglieder + Bestehen oder Nichtbestehen der Abschlussprüfung
weiteres Mitglied bei Abweichung > 10 %
selbes weiteres Mitglied bei Abweichung > 10 %
Beschlussfassung der im Überdenkungsverfahren festgestellten Bewertung des weiteren Mitgliedes + Bestehen oder Nichtbestehen der Abschlussprüfung

Automatisierte Auswertung von Antwort-Wahlaufgaben

Das BBiMoG sieht im § 42 Abs. 4 BBiG eine neue Regelung vor, die es unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt, die Bewertung von Prüfungsleistungen, die im Rahmen des Antwort-Wahl-Verfahrens erbracht wurden, nicht durch Prüfende, sondern mittels entsprechender Software automatisch auszuwerten. Der Prüfungsausschuss übernimmt in diesem Fall das Ergebnis.

Errichtung gemeinsamer Prüfungsausschüsse in der Fortbildung

Bei der Durchführung von Prüfungen im Bereich der beruflichen Fortbildung besteht ebenfalls die Möglichkeit, bei Bedarf gemeinsame Prüfungsauschüsse zu errichten. § 56 Abs. 1 BBiG verweist auf § 39 Abs. 1 Satz 2 BBiG.