Fachpraktiker/-in für Bürokommunikation Rechtsvorschrift

Aus dem Inhalt der Ausbildungsregelung für behinderte Menschen gemäß § 66 BBiG, Stand 19. März 2018:
§ 1 Ausbildungsberuf
Die Berufsausbildung zum Fachpraktiker für  Bürokommunikation/zur Fachpraktikerin für Bürokom­munikation erfolgt nach dieser Ausbildungsregelung.
§ 2 Personenkreis
Diese Ausbildungsregelung regelt die Berufsausbildung gemäß § 66 BBiG für Personen im Sinne des § 2 SGB IX.
§ 3 Dauer der Berufsausbildung
Die Ausbildung dauert drei Jahre.
§ 4 Ausbildungsstätten
Die Ausbildung findet in ausbildungsrechtlich geeigneten Ausbildungsbetrieben und Ausbildungsein­richtungen statt.
§ 5 Eignung der Ausbildungsstätte
  1. Behinderte Menschen dürfen nach dieser Ausbildungsregel ung nur in dafür geeigneten Betrieben und Ausbildungsei nrichtungen ausgebildet werden.
  2. Neben den in § 27 BBiG festgelegten Anforderungen muss die Ausbildungsstätte hinsichtlich der Räume, Ausstattung und Einrichtung den besonderen Erfordernissen der Ausbildung von behinderten Menschen gerecht werden.
  3. Es müssen ausreichend Ausbilderinnen/ Ausbilder zur Verfügung stehen. Die Anzahl der Ausbilderinnen/Ausbilder muss in einem angemessenen Verhältnis zur Anzahl der Auszubildenden stehen.
  4. Dabei ist ein Ausbilderschlüssel von in der Regel höchstens eins zu acht anzuwenden.
§ 6 Eignung der Ausbilder/Ausbilderinnen
  1. Ausbilderinnen/Ausbilder die im Rahmen einer Ausbildung nach § 66 BBiG erstmals tätig werden, müssen neben der persönlichen, berufsspezifisch fachlichen und berufspädagogischen Eignung (AEVO u. a.) eine mehrjährige Erfahrung in der Ausbildung sowie zusätzliche behindertenspezifische Qualifikationen nachweisen.
  2. Ausbilderinnen/Ausbilder müssen eine rehabilitationspädagogische Zusatzqualifikation nachwei­sen und dabei folgende Kompetenzfelder abdecken (Anforderungsprofil):
    -    Reflexion der betrieblichen Ausbildungspraxis
    -    Psychologie
    -    Pädagogik, Didaktik
    -    Rehabilitationskunde
    -    Interdisziplinäre Projektarbeit
    -    Arbeitskunde/ Arbeitspädagogik
    -    Recht
    -    Medizin
    Um die besonderen Anforderungen des § 66 BBiG zu erfüllen, soll ein Qualifizierungsumfang von 320 Stunden sichergestellt werden.
  3. Von dem Erfordernis des Nachweises einer rehabilitationspädagogischen Zusatzqualifikation soll bei Betrieben abgesehen werden, wenn die Qualität der Ausbildung auf andere Weise sichergestellt ist. Die Qualität ist in der Regel sichergestellt, wenn eine Unterstützung durch eine geeignete Ausbildungseinrichtung erfolgt.
  4. Ausbilderinnen/Ausbilder die im Rahmen einer Ausbildung nach § 66 BBiG bereits tätig sind, ha­ben innerhalb eines Zeitraumes von höchstens fünf Jahren die notwendigen Qualifikationen gemäß Absatz 2 nachzuweisen. Die Anforderungen an Ausbilderinnen/ Ausbilder gemäß Absatz 2 gelten als erfüllt, wenn die behindertenspezifischen Zusatzqualifikationen auf andere Weise glaubhaft gemacht werden können.
§ 7 Struktur der Berufsausbildung
  1. Findet die Ausbildung in einer Einrichtung statt, sollen mindestens zwölf Wochen außerhalb dieser Einrichtung in einem geeigneten Ausbildungsbetrieb  (z. B. als Praktikum) durchgeführt werden.
  2. Soweit Inhalte der Ausbildung nach dieser Ausbildungsregelung mit Inhalten der Berufsausbildung zum Kaufmann für Bürokommunikation/zur Kauffrau für Bürokommunikation übereinstimmen, für die nach der geltenden Ausbildungsordnung oder aufgrund einer Regelung der IHK Rhein-Neckar eine überbetriebliche  Berufsausbildung vorgesehen ist, soll die Vermittlung der entsprechenden Ausbil­ dungsinhalte ebenfalls überbetrieblich  erfolgen.
  3. Von der Dauer der betrieblichen Ausbildung nach Absatz  1kann nur in besonders begründeten Einzelfällen abgewichen werden, wenn die jeweilige Behinderung oder betriebspraktische Besonder­heiten die Abweichung erfordern. Eine Verkürzung der Dauer durch die Teilnahme an einer überbetrieblicher Ausbildungsmaßnahme erfolgt nicht.
  4. In einem Einsatzgebiet ist die berufliche Handlungskompetenz durch Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten zu erweitern, die im jeweiligen Geschäftsprozess zur ganzheitlichen Durchführung kom­ plexer Aufgaben befähigen.
§ 8 Ausbildungsrahmenplan,  Ausbildungsberufsbild
  1. Gegenstand der Berufsausbildung sind mindestens die im Ausbildungsrahmenplan (Sach­liche Gliederung) aufgeführten Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten(berufliche  Handlungsfähigkeit). Eine von dem Ausbildungsrahmenplan  (Zeitliche Gliederung) abweichende Organisati­on der Ausbildung ist insbesondere zulässig, soweit die jeweilige  Behinderung der Auszubildenden oder betriebspraktische  Besonderheiten die Abweichung erfordern.
  2. Die Berufsausbildung zum Fachpraktiker für Bürokommunikation/zur Fachpraktikerin für Bürokommunikation gliedert sich wie folgt (Ausbildungsberufsbild):
    Abschnitt A
    Berufsprofilgebende Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten:
    1. Bürowirtschaft
    1.1 Organisation des Arbeitsplatzes
    1.2 Arbeits- und Organisationsmittel
    1.3 Bürowirtschaftliche Abläufe
    2. Informationsverarbeitung und Informationssysteme
    2.1 Textverarbeitung
    2.2 Tabellenkalkulation
    2.3 Informations- und Kommunikationssysteme
    3. Kaufmännische Steuerung und Kontrolle
    3.1 Kaufmännisches Rechnen
    3.2 Bereichsbezogenes Rechnungswesen
    4. Personalverwaltung
    4.1 Grundlagen des betrieblichen Personalwesens,  Personalverwaltung
    4.2 Ausgewählte Tätigkeiten des betrieblichen Personalwesens
    5. Assistenz- und Sekretariatsaufgaben
    5.1 Kommunikation und Kooperation im Büro und Bürokoordination
    5.2 Bereichsbezogene Organisationsaufgaben
    6. Materialwirtschaft
    7. Fachaufgaben im Einsatzgebiet
    Abschnitt B
    Integrative Fertigkeiten,Kenntnisse und Fähigkeiten:
    1. Der Ausbildungsbetrieb
    1.1 Stellung des Ausbildungsbetriebes in der Gesamtwirtschaft
    1.2 Berufsbildung
    1.3 Arbeitssicherhei t, Umweltschutz und rationelle Energieverwendung
    2. Betriebliche Organisation  und Funktionszusammenhänge
  3. Das Einsatzgebiet nach Absatz 2 Abschnitt A Nr. 7 wird vom Ausbildungsbetrieb festgelegt. Als ge­ eignetes Einsatzgebiet kommen insbesondere die Bereiche 1. bis 7. in Betracht:
    1. Interne Dienste (z. B. Post, Bürotechnik, Ablage),
    2. Kundenbetreuung,
    3. Telekommunikation,
    4. Assistenz- und Sekretariatsaufgaben,
    5. Materialwirtschaft,
    6. Kaufmännische Steuerung und Kontrolle,
    7. Personalverwaltung.
  4. Andere Einsatzgebiete sind zulässig,wenn in ihnen die Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten nach Absatz 2 Abschnitt A Nr. 7 vermittelt werden können.
§ 9 Zielsetzung und Durchführung der Berufsausbildung
  1. Die in dieser Ausbildungsregelung genannten Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten (berufliche Handlungsfähigkeit) sollen so vermittelt werden, dass die Auszubildenden zur Ausübung einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit im Sinne von § 1Absatz 3 des Berufsbildungsgesetzes befähigt werden, die selbstständiges Planen, Durchführen und Kontrollieren (berufliche Handlungskompetenz)  ein­schließt. Diese Befähigung ist auch in den Prüfungen nach den §§ 10 und 11nachzuweisen.
  2. Die Ausbildenden haben unter Zugrundelegung des Ausbildungsrahmenplanes für die Auszubil­denden einen individuellen Ausbildungsplan zu erstellen.
  3. Die Auszubildenden haben einen schriftlichen Ausbildungsnachweis zu führen. Ihnen ist Gelegen­heit zu geben, den schriftlichen Ausbildungsnachweis während der Ausbildungszeit zu führen. Die Ausbildenden  haben den schriftlichen Ausbildungsnachweis regelmäßig durchzusehen und abzu­zeichnen.
§ 10 Zwischenprüfung
  1. Zur Ermittlung des Ausbildungsstandes  ist eine Zwischenprüfung durchzuführen. Sie soll vor dem Ende des zweiten Ausbildungsjahres  stattfinden.
  2. Die Zwischenprüfung erstreckt sich auf die in der Anlage 2 für das erste Ausbildungsjahr aufge­führten Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten sowie auf den im Berufsschulunterricht entspre­chend dem Rahmenlehrplan zu vermittelnden Lehrstoff, soweit er für die Berufsausbildung wesent­lich ist.
  3. Die Zwischenprüfung findet im Prüfungsbereich Arbeitsprozesse im Büro statt.
  4. Für den Prüfungsbereich Arbeitsprozesse im Büro bestehen folgende Vorgaben:
    1. Der Prüfling soll nachweisen, dass er
    a) nach konkreten Vorgaben bürowirtschaftliche Aufgaben selbstständig bearbeiten,
    b) Arbeits- und Organisationsmittel wirtschaftlich und ökologisch einsetzen und betreuen,
    c) für die eigene Arbeit maßgebende arbeits-, gesundheits-, wirtschafts-, sozial- und umweltbe­ zogene Rahmenbedingungen und bestehende rechtliche Regelungen berücksichtigen,
    d) Grundlagen des kaufmännischen Rechnens anwenden
    kann.
    2. der Prüfling soll praxisbezogene Aufgabenschriftlich bearbeiten;
    3. die Prüfungszeit beträgt 90 Minuten.
§ 11 Abschlussprüfung
  1. Durch die Abschlussprüfung ist festzustellen, ob der Prüfling die berufliche Handlungsfähigkeit erworben hat. In der Abschlussprüfung soll der Prüfling nachweisen, dass er die dafür erforderlichen beruflichen Fertigkeiten beherrscht, die notwendigen beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten besitzt und mit dem im Berufsschulunterricht zu vermittelnden, für die Berufsausbildung wesentlichen Lehr­stoff vertraut ist. Die Ausbildungsregelung ist zugrunde zu legen.
  2. Die Abschlussprüfung besteht aus den Prüfungsbereichen:
    1. Bürowirtschaftliche Geschäfts- und Leistungsprozesse
    2. Wirtschafts- und Sozialkunde
    3. Informationsverarbeitung
    4. Einsatzgebiet
  3. Für den Prüfungsbereich Bürowirtschaftliche Geschäfts- und Leistungsprozesse bestehen folgende Vorgaben:
    1.  Der Prüfling soll nachweisen, dass er Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten aus dem Bereich der Bürowirtschaft  auf die Gebiete Assistenz- und Sekretariatsaufgaben,  Personalverwaltung, kaufmännische  Steuerung und Kontrolle sowie  Materialwirtschaft  anwenden  kann.
    2. Der Prüfling soll Arbeitsaufgaben schriftlich bearbeiten.
    3. Die Prüfungszeit beträgt 90 Minuten.
  4. Für den Prüfungsbereich Wirtschafts- und Sozialkunde bestehen folgende Vorgaben:
    1. Der Prüfling soll nachweisen, dass er
    a) allgemeine wirtschaftliche und gesellschaftliche zusammenhänge der Berufs- und Arbeitswelt darstellen und beurteilen,
    b) die betriebliche Organisation und die Funktionszusammenhänge beschreiben
    kann.
    2. Der Prüfling soll Aufgaben schriftlich bearbeiten.
    3.  Die Prüfungszeit beträgt 60 Minuten.
  5. Für den Prüfungsbereich Informationsbearbeitung bestehen folgende Vorgaben:
    1. Der Prüfling soll nachweisen, dass er Textverarbeitung,Tabellenkalkulation und Informations- und Kommunikationssysteme anwenden kann.
    2. Der Prüfling soll mithilfe der elektronischen Datenverarbeitung (EDV) mindestens zwei praxisbezo­gene Arbeitsaufgaben bearbeiten.
    3. Die Prüfungszeit beträgt 120 Minuten.
  6. Für den Prüfungsbereich Einsatzgebiet bestehen folgende Vorgaben:
    1. Der Prüfling soll nachweisen, dass er typische, praxisbezogene Arbeitsaufgaben aus dem gewählten Einsatzgebiet bearbeiten kann.
    2. Der Prüfling soll hierzu ein fallbezogenes Fachgespräch führen.
    3. Die Prüfungszeit für das fallbezogene Fachgespräch beträgt höchstens 20 Minuten, die Vorbereitungszeit für den  Prüfling höchstens 15 Minuten.
§ 12 Gewichtungsregelung
Die Prüfungsbereiche sind wie folgt zu gewichten:
1.    Prüfungsbereich Bürowirtschaftliche Geschäfts- und Leistungsprozesse  30 Prozent,
2.    Prüfungsbereich Wirtschafts- und Sozialkunde  10 Prozent,
3.    Prüfungsbereich Informationsverarbeitung  30 Prozent,
4.    Prüfungsbereich Einsatzgebiet  30 Prozent.
§ 13 Bestehensregelung
  1. Die Abschlussprüfung ist bestanden, wenn die Leistungen
    1. im Gesamtergebnis mit mindestens „ausreichend",
    2. in drei Prüfungsbereichen mit mindestens „ausreichend",
    3. in keinem Prüfungsbereich mit „ungenügend" bewertet worden sind.
  2. Auf Antrag des Prüflings ist die Prüfung in einem der mit schlechter als „ausreichend" bewerteten Prüfungsbereiche, in denen Prüfungsleistungen mit eigener Anforderung und Gewichtung schriftlich zu erbringen sind, durch eine mündliche Prüfung von etwa 15 Minuten zu ergänzen, wenn dies für das Bestehen der Prüfung den Ausschlag geben kann.
    Bei der Ermittlung des Ergebnisses für diesen Prüfungsbereich sind das bisherige Ergebnis und das Ergebnis der mündlichen Ergänzungsprüfung im Verhältnis von 2 : 1zu gewichten.
§ 14 Übergang
Ein Übergang von einer Berufsausbildung nach dieser Ausbildungsregelung in eine entsprechende Ausbildung nach § 4 BBiG ist von der/dem Auszubildenden  und der/dem Ausbildenden  kontinuierlich zu prüfen.
§ 15 Bestehende Berufsausbildungsverhältnisse
Berufsausbildungsverhältnisse,  die bei Inkrafttreten dieser Ausbildungsregelung  bestehen, können unter Anrechnung der bisher zurückgelegten Ausbildungszeit nach den Vorschriften dieser Regelung fortgesetzt  werden, wenn  die Vertragsparteien  dies vereinbaren.
§ 16 Prüfungsverfahren
Für die Zulassung zur Abschlussprüfung und das Prüfungsverfahren gilt die Prüfungsordnung für die Durchführung von Abschluss- und Umschulungsprüfungen  der IHK Rhein-Neckar entsprechend.
§ 17 Abkürzung und Verlängerung der Ausbildungszeit
Soweit die Dauer der Ausbildung abweichend von dieser Ausbildungsregelung  verkürzt oder verlän­ gert werden soll, ist § 8 Absatz  1und 2 BBiG entsprechend anzuwenden.