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Wirtschaft konkret
Nr. 5691524
9 minLesezeit
Titel - Ausgabe November 2022
Prüfstand für Profis
Enthusiasmus ist bei Prüfungen eher selten – aber gelegentlich sind sie auch nach Ausbildungsabschluss unausweichlich für das berufliche Fortkommen: In bestimmten Branchen ist die fachliche Eignung generell Voraussetzung für die Tätigkeit. Das Zentrum für Sach- und Fachkundeprüfungen in Ostbayern der IHK bündelt 14 Sach- und Fachkundeprüfungen sowie Unterrichtungen unter einem Dach. Es bietet für Unternehmen und ihre Mitarbeiter Perspektiven und Vorteile.
Ein Warenkorb, prall gefüllt nicht nur mit Kartoffeln, Fleisch und ein paar Milchprodukten, sondern auch mit exotischerem Gemüse, charakterstarkem Obst aus Fernost oder Fleischersatz: Daraus dann vielversprechende Gaumenfreuden in fünf-gängiger Menüabfolge inklusive zweier Suppen bei optimalem Materialeinsatz zu planen und am folgenden Tag auch zu kochen, ist nicht nur eine unterhaltsame Beschäftigung aus Fernsehshows oder Schritt 2 nach Bestellung einer Foodbox, sondern auch eine Aufgabe aus der staatlichen Küchenmeisterprüfung.
Für Peter Grasmeier ist dieser Teil der Prüfung angehender Gastronomen zentral: Dabei geht es dem Geschäftsführer der ONTRA – Tech Square Gastro GmbH und IHK-Prüfer keineswegs nur um den guten Geschmack oder gar das Probieren. „Wir bewerten auch die Hygiene. Sauberkeit, umweltbewusstes Handeln und allgemein die Arbeitsweise spielen eine große Rolle. Wer zum Beispiel 30 Karotten für fünf Personen verkocht, zeigt, dass er den wirtschaftlichen Aspekt nicht ganz verstanden hat“, sagt der 31-Jährige. Wenn er für die IHK die Prüfungen abnimmt, tut er dies mit Überzeugung: „Es ist wichtig, dass wir auf diesem Weg die Qualität sicherstellen, denn allein die Berufserfahrung, wenn jemand eine Feldküche geführt hat, reicht nicht, um sich Küchenmeister zu nennen.“
Die eigene Belegschaft weiterbringen
Seine Tätigkeit als Prüfer hat Grasmeier aktiv forciert, sich beim Gremium ins Gespräch gebracht. Vorteile sieht er nämlich nicht nur im Hinblick auf persönliche Aspekte, also das gute Gefühl, Jüngere weiter gebracht zu haben, sondern auch für die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Das sind derzeit elf Festangestellte und etwa 20 Aushilfen. „Für die Gesellenprüfung kann ich ihnen mitgeben, was man wie macht – und was man besser lässt“, so Grasmeier.
Die Messer falsch hinlegen zum Beispiel, oder einen Fisch nicht ordentlich zerlegen können, das müsse man nämlich üben. Ihm selbst freilich ist der Standard manchmal nicht genug, in Zukunft könne man bei der Prüfung noch mehr Akzente auf Modernes legen, auf die Tellersprache zum Beispiel. Oder warum nicht mal einen veganen Zwischengang verlangen? Prüfung als Gradmesser, Kandidaten, die die Branche voranbringen, so sieht es jedenfalls der Regensburger Gastronom Grasmeier.
Das Image verbessern
Auch in anderen Branchen haben die IHK-Prüfungen wie beispielsweise in der Sach- und Fachkunde weitaus mehr Funktionen als nur diejenige auf der individuellen Ebene, nämlich Kandidaten einzusortieren und zur Weiterentwicklung zu motivieren. Vielmehr geht es um den Ruf eines ganzen Gewerbes, zumindest bei der Bewachung. Das weiß Christina Fetoshi, Prokuristin der 600 Mitarbeitende zählenden Sicherheitsfirma AF Security Group in Neutraubling.
„Seit mein Mann und ich vor zwölf Jahren angefangen haben, sind die Vorgaben der Kunden kontinuierlich strikter geworden“, sagt Fetoshi. Insbesondere öffentliche Auftraggeber, die einen Großteil der Kundschaft ausmachten, legten großen Wert darauf, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht nur die gesetzlich zwingend vorgeschriebene Unterrichtung, sondern auch die Sachkundeprüfung absolviert hätten.
„Das bedeutet dann freilich noch nicht“, so die Chefin, „dass jemand wirklich besser arbeitet, zeigt aber, dass er sich zumindest sehr ernsthaft mit bestimmten Themen beschäftigt hat.“ Dazu zählen etwa juristische Fragestellungen, viel Psychologie und generell die Bereitschaft, vielleicht wochenlang zu lernen. „So sehen wir, ob jemand wirklich Lust auf den Job hat“, erklärt Fetoshi.
Kompetenzen einbringen
Sie selbst engagiert sich als IHK-Prüferin, weil sie findet, als derjenige Betrieb, der die meisten Prüflinge ins Zentrum schicke, sollte man sich auch beteiligen. „Außerdem habe ich Lehramt studiert und kann so diese Kompetenz einbringen.“ In der Praxis bedeutet dies drei Prüfungstermine pro Jahr, die sie gemeinsam mit zwei Kollegen im neu geschaffenen IHK-Zentrum wahrnimmt. Dieses bringe vor allem auch für die Prüflinge Vorteile: „Wenn alles gleich direkt nach IHK aussieht, ist das viel einfacher zu finden, die Betreffenden können entspannter hier ankommen“, sagt sie.
Eine beträchtliche Ausweitung der – zumindest stillen – Verpflichtung zu immer höheren Prüfungsquoten quer durch ihre Belegschaft sieht sie indes nicht. „Es wird nicht so sein, dass irgendwann nur noch Menschen mit Sachkundeprüfung bei uns arbeiten“, sagt sie. „Das schafften gar nicht alle, und der Branche würde durch einen solchen Anspruch ein viel zu großer Pool an Mitarbeitenden wegbrechen.“ Vorteile und Anreize für Sachkundegeprüfte gibt es in ihrem Betrieb freilich dennoch, eine unbefristete Anstellung zum Beispiel. Ein Drittel der Belegschaft hat die Prüfung daher bereits hinter sich.
Für die wirtschaftliche Resilienz
Kein Pappenstil ist die Prüfung auch in anderen Branchen, etwa dem Speditionsgewerbe, wie der langjährige Prüfer und Betriebswirt Harald Sentner, außerdem Bezirksgeschäftsführer Niederbayern/Oberpfalz beim Landesverband Bayerischer Transport- und Logistikunternehmen (LBT) e.V., findet. Seit zwanzig Jahren begleitet er angehende Transportunternehmer durch eine Prüfung, die Anfang der 2000er Jahre erheblich schwerer geworden sei.
„Natürlich ist es gut, viel kaufmännisches Wissen zu verlangen – denn während ein reiner Techniker vielleicht darauf fixiert ist, kann ich nur sagen, dass ein zu geringes Reifenprofil dem Betrieb nicht die wirtschaftliche Existenz kosten wird“, so Sentner. Auf der anderen Seite sei aber gelegentlich viel zu Spezifisches im Prüfungstopf, etwa die genauen Bürokratieanforderungen bei internationalen Tiertransporten. „Die paar, die das betrifft, werden das sicherlich im Vorfeld klären, für alle anderen ist das obsolet.“
Wer heute die Fachkundeprüfung im Speditionsgewerbe bestehen will, der muss in der Lage sein, eine Fahrzeugkostenkalkulation anzufertigen, muss verstehen, was es bei der GmbH-Gründung mit 25.000 Euro Stammkapital zu beachten gibt. Für den Verbandsfunktionär ist das alles in allem eine gute Entwicklung, „das stärkt die Branche, macht ihre Unternehmen wirtschaftlich resilienter“, sagt er. Seine eigene Rolle als Prüfer sieht er als Signal in Sachen Vorbild: „Wie könnte ich im Verband von den Betrieben Engagement verlangen und dann selbst nichts tun?“
Votum für den Standort
Ohne Engagement vor Ort stünde es auch um die Immobilien- und Versicherungsfachleute anders. „Wir sind dankbar, dass wir die Prüfung nach wie vor in Regensburg durchführen können, da wir in den vergangenen Jahren viele Betriebe nach München haben abwandern sehen“, erklärt Alexander Buchner, langjähriger Ausbildungsleiter bei der Compexx Finanz AG in Regensburg und seit vielen Jahren auch Prüfer für die Fachwirte bei der IHK.
Auch wenn nur noch eine Handvoll Betriebe von ehemals 30 oder 40 ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur Prüfung schickten, sei es wichtig, dass sie dies vor Ort tun könnten. Das signalisiere die Professionalität und Qualität des Standorts ganz allgemein und werde in der Branche sehr wohl wahrgenommen. Persönlich ist es Buchner wichtig, „die Leute immer wieder so fit zu machen, dass sie ein Leben lang in unserer schnelllebigen Branche bestehen können.“
Gewinn für die Branche
Die Immobilien- und Finanzbranche hat in der Tat nicht nur zuletzt starke Veränderungen erfahren, sondern insbesondere durch die EU-Vermittlerrichtlinie: Danach müssen Versicherungsfachleute seit 2008 zwingend die Sachkundeprüfung nachweisen. Ein Gewinn für die Branche, findet Buchner, denn nach wie vor kämpft sein Gewerbe mit einem Imageproblem.
Das weiß auch Holger Kräker von der Fonds Finanz GmbH. „Bis 2012 waren wir im Ranking der vertrauenswürdigsten Berufe konstant Letzter, seitdem hat sich Einiges getan. Inzwischen vertrauen nicht mehr nur acht Prozent ihrem Versicherungsfachmann, sondern 30 Prozent der Befragten. Das ist ein großer Fortschritt“, so Kräker.
Die Kundschaft spränge auf Siegel an, „überall gibt es aktuell Bestrebungen, ein TÜV-Logo zu erhalten“, so der Fachmann. Kräker sieht die Prüfung in ihrer derzeitigen Form „am Puls der Zeit“ und ermutigt bewusst, sich dieser Herausforderung zu stellen – bis hin zum Fachwirt. „Haben ist besser als brauchen, ist meine Devise“, sagt er. Es sei besser, sich bereits zu qualifizieren, ehe das der Gesetzgeber verlange.
Vor Ort unter einem Dach
Die Wege kurz zu halten, ist ein zentrales Anliegen der IHK auch mit Blick auf das neu geschaffene Zentrum für Sachund Fachkundeprüfungen – und dafür zu sorgen, dass der persönliche Kontakt immer an erster Stelle bei allen Anliegen steht. „Wir sind als IHK immer nah dran an den Leuten und auch vor Ort in der ganzen Oberpfalz und im Landkreis Kelheim aktiv. Die damit verbundenen Vorteile wollen wir auch in unserem Prüfungswesen ausspielen, indem wir uns bewusst dazu entschieden haben, das Wissen im Bereich Fach- und Sachkunde nun unter einem Dach zu bündeln“, erklärt Martin Lemmer, Leiter des neuen Prüfungszentrums bei der IHK.
Für Interessierte und Prüflinge solle der Zugang künftig leichter werden – auch wenn sich freilich vieles hinter den Kulissen abspiele und normalerweise weder für Prüflinge noch für Prüfende unmittelbar sichtbar sei. Für jeden Bereich des Zentrums gebe es in Regensburg feste Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner, die fachlich sowie organisatorisch einen der Eckpfeiler des Zentrums bilden. „Uns ist bewusst, wie stark die Qualität des Prüfungswesens in Zusammenhang mit dem Image einer Branche, aber auch mit dem Thema Fachkräftegewinnung steht – für beides engagieren wir uns in ganz besonderer Weise“, betont Lemmer.