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Handelsvertreterrecht in Großbritannien

Der Handelsvertreter (im britischen Englisch: commercial agent) vermittelt dem Auftraggeber Geschäfte, wird aber selber nicht Vertragspartner des Kunden oder schließt den Vertrag mit dem Kunden nur im Namen des Auftraggebers ab. Davon zu unterscheiden ist der Vertriebspartner / Vertragshändler (Distributor), der i.d.R. direkt an den Abnehmer verkauft.
Auch nach dem Ende der Brexit-Übergangsphase (31. Dezember 2020) gilt in Großbritannien weiterhin die europäische Handelsvertreterrichtlinie (6/653/EWG), die durch die Commercial Agents (Council Directive) Regulations 1993 in nationales Recht umgesetzt wurde. Derzeit läuft in Großbritannien jedoch ein Parlamentsverfahren zur Verabschiedung eines Gesetzes, das in nationales Recht übernommene EU-Regeln großenteils abschaffen soll. Dies könnte bedeuten, dass die Commercial Agents Regulations geändert oder aufgehoben werden. Die folgenden Ausführungen sind unter diesem Vorbehalt zu sehen.
Für alle in Großbritannien tätigen Handelsvertreter gelten grundsätzlich die Commercial Agents Regulations, solange im Handelsvertretervertrag nicht die Anwendbarkeit des nationalen Rechts eines anderen EU-Mitgliedstaates vereinbart wurde.
Der Begriff des commercial agent umfasst nur Vertreter, die den Verkauf von Waren vermitteln, nicht aber Dienstleistungsvertreter.
Der Handelsvertretervertrag kann schriftlich, mündlich oder konkludent geschlossen werden. Da der Vertragsinhalt jedoch schriftlich nachgewiesen werden muss, empfiehlt es sich, den Vertrag schriftlich zu schließen.
Im Vertrag genau zu regeln ist, in welchem Gebiet der Handelsvertreter für den Auftraggeber tätig wird. Nach den Commercial Agents Regulations kann einem Vertreter das exklusive Vertretungsrecht für ein bestimmtes Gebiet eingeräumt werden. Es kann aber auch vereinbart werden, dass mehrere Vertreter für dasselbe Gebiet zuständig sind oder dass neben einem einzigen Vertreter auch der Auftraggeber selbst die Ware im Direktverkauf vertreiben darf.
Der Handelsvertreter hat Anspruch auf Vergütung für von ihm vermittelte oder abgeschlossene Geschäfte. Ist die Vergütung im Vertrag nicht geregelt, hat der Vertreter Anspruch auf eine angemessene Vergütung, wie sie Handelsvertretern am Ort seiner Tätigkeit für die vertriebenen Waren üblicherweise bezahlt wird. Wenn keine entsprechenden Vergleichswerte ermittelt werden können, muss eine Vergütung bezahlt werden, die alle Umstände des konkreten Geschäfts angemessen berücksichtigt.
Der Handelsvertretervertrag kann befristet oder unbefristet abgeschlossen werden.
Bei Beendigung des Vertrages unter bestimmten Umständen (z.B. Kündigung durch den Auftraggeber, erzwungene Kündigung durch den Handelsvertreter wegen Nichterfüllung wesentlicher Vertragspflichten des Auftraggebers) hat der Handelsvertreter Anspruch auf eine Ausgleichszahlung (indemnity) oder eine Entschädigung (compensation). Die Ausgleichszahlung beträgt höchstens eine Jahresvergütung, die nach dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre der Vertretertätigkeit berechnet wird. Wurde im Vertrag keine Ausgleichszahlung vereinbart, so hat der Handelsvertreter automatisch Anspruch auf eine Entschädigung. Diese ist – im Gegensatz zur Ausgleichszahlung – der Höhe nach unbegrenzt. Als zu ersetzender Schaden in Betracht kommen sowohl entgangene Provisionen als auch Kosten und Ausgaben im Zusammenhang mit der Vertragserfüllung, die der Vertreter nicht mehr amortisieren kann.