"Ein fast aussichtslos erscheinender Kampf gegen Not, Hunger und Zwang"

Die Situation der Pfälzer Wirtschaft nach dem Krieg

 

1948 war bei der IHK Pfalz schon wieder Arbeitsnormalität eingekehrt. Da wurden mündliche und schriftliche Auskünfte in Firmen- und Handelsregisterangelegenheiten erteilt, Bescheinigungen ausgestellt, Schriftwechsel bearbeitet. Und immer wieder Statistiken zur Situation der Wirtschaft nach dem Krieg erstellt. Diese war, wie man sich leicht vorstellen kann, nicht rosig. Der Bombenkrieg hatte die meisten Unternehmen in Schutt und Asche gelegt, Arbeitskräfte waren im Krieg gefallen oder noch in Gefangenschaft. Zudem durften die Unternehmen in der französischen Besatzungszone keine Rohstoffe aus der Bizone oder dem Ausland importieren, sondern konnten nur auf französische Produkte zurückgreifen. Dies erschwerte die Herstellung vieler waren oder machte sie sogar unmöglich.

Mangel überall

 

Wie desolat die Situation war, zeigt ein Bericht der IHK zu Lage der Industrie in Ludwigshafen vom Februar 1946. Detailliert wird für jeden Betrieb aufgelistet, woran es mangelte. Da fehlten Malz und Hopfen, Kohlen und Gas, Holz und Zement und natürlich auch die Arbeitskräfte. Viele Betriebe standen ganz oder teilweise still. Zwar waren schon wieder rund 25.000 Menschen in der Ludwigshafener Industrie beschäftigt, doch waren davon fast 40 Prozent mit Wiederaufbauarbeiten im eigenen Betrieb beschäftigt. "In der eigentlichen Erzeugung ist erst ein Anteil von 45 Prozent des Arbeitseinsatzes im Jahre 1938 erreicht", heißt es in dem Bericht.
Hinzu kam die Demontage vieler Industrieanlagen. Die betroffenen Betriebe wendeten sich im Mai 1946 an die IHK und beklagten die Situation - bedeutete die Beschlagnahme doch häufig eine totale Stilllegung der Unternehmen, zumindest aber einen Produktionsrückgang - und das in einer wirtschaftlich sowieso angespannten Lage. Die Demontage hatte auch Auswirkungen auf die Ernährung. Die Pfalz als "Zuschussgebiet", die ihre Bevölkerung nicht allein ernähren konnte, war auf Importe von Nahrungsmitteln angewiesen. Diese wiederum konnten nur durch Exporte heimischer Produkte bezahlt werden, die nun nicht mehr zur Verfügung standen. Ein Teufelskreis.

"Die Leute können oftmals nicht mehr"

 

Die Missernte des Jahres 1947 verschärfte die Lage noch. "Die Unterernährung der Arbeiterschaft hat sich derart verheerend ausgewirkt, dass die Arbeitsleistung eines willigen Arbeiters vielfach auf ein Drittel der früheren Normalleistung zurückgefallen ist. Die Leute können oftmals nicht mehr!", beklagte IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Zahn am 1. November 1947 in seinem Wirtschaftsbericht für die ersten drei Quartale 1947. "Wenn wir allerdings die ersten Jahre nach dem Weltkrieg 1914/18 mit den Jahren 1945/47 vergleichen, dann dünken uns diese ersten Nachkriegsjahre nach dem Zusammenbruch 1918 fast wie glückliche Kinderspieljahre, gemessen an dem unendlichen Leid, das uns die Zeit seit der bedingungslosen Kapitulation im Jahre 1945 beschert hat."
Es seit ein fast aussichtslos erscheinender Kampf gegen Not, Hunger und Zwang, fasste Zahn die Situation zusammen.