Kein Hexenwerk: Von Besen und Bürsten

Ramberg - einst die Metropole der Bürstenbinder

 

Spülmaschinen, Staubsauger und Saugroboter erleichtern heute das Reinemachen, doch noch immer sind Bürsten und Besen im Haushalt wie auch in der Industrie unverzichtbar. Produziert werden sie bis heute in Ramberg. Das kleine Südpfälzer Dorf galt einst sogar als Metropole der Bürstenbinder.
"Kaaft Berschte, gute Berschte" - mit diesem Ruf zogen früher die "Bürstenhausierer" durch die Lande, auf dem Rücken die "Keetze", den Tragkorb mit den Produkten der Ramberger Bürstenbinderindustrie. Bis ins Rheinland, in den bayerischen Wald, ins Elsass und nach Frankreich und Holland reichte ihr Absatzgebiet.
Schon seit dem späten 18. Jahrhundert stellten die Ramberger Bürsten her. Dass sich die Ramberger ausgerechnet dem Bürstenbinderhandwerk verschrieben hatten, ist der Lage des Dorfes inmitten des Pfälzer Waldes und in einem Talkessel geschuldet. Landwirtschaft war nur schwer möglich. Not macht bekanntlich erfinderisch - dieser Spruch galt auch für die findigen Pfälzer, die das Holz der umliegenden Wälder nicht nur zum Heizen, Kochen und Bauen, sondern für die Herstellung der Bürstenrohlinge nutzten und Haaren von Ziegen, Pferden und Hausschweinen, aber auch Seegras und Bast mit Draht einzogen. Es entstanden kleine Betriebe, die Nachfrage stieg stetig, und viele Ramberger begannen in Heimarbeit, Handfeger, Besen und Bürsten zu binden.
Bereits um 1850 zählte das Dorf rund 130 Bürstenmacher, 1862 fand fast die gesamte Bevölkerung in diesem Gewerbe ihr Auskommen. 1891 eröffnete die erste größere Bürstenfabrik mit Dampfbetrieb. Anfang des 20. Jahrhunderts gab es sechs Betriebe mit 300 Arbeitern, hinzu kamen noch die Heimarbeiter. Das 1.300-Seelendorf galt damals als Metropole der Bürstenbinder. Doch diese Blütezeit hatte auch ihre Kehrseiten: In den Betrieben waren lange Arbeitstage mit elf Stunden angesagt, Kinderarbeit war die Regel. 1907 gingen die Ramberger gegen diese Arbeitsbedingungen auf die Barrikaden - und zwar ein ganzes Jahr lang. Am Ende des Streiks stand die Gründung der ersten genossenschaftlich organisierten Bürstenfabrik.
 
 
Brachte der erste Weltkrieg nochmals einen Aufschwung, brach das Geschäft danach allerdings ein. Denn die Ramberger litten unter den fehlenden Absatzmärkten durch die Rheinzollgrenze und dem Wegfall von Lothringen und dem Saarland. "Das Gewerbe ernährt seine Leute nicht mehr. Die Not ist sehr groß", konstatierte ein Zeitungsbericht 1927 und berichtete von einer ungewöhnlich hohen Zahl von Erwerbslosen im Dorf. Viele Betriebe wurden stillgelegt. Von den 14 Betrieben 1914 waren 1930 nur noch sieben übrig. "Kurze Haare und kurze Röcke bedingen weniger Bürsten", machte die IHK in einem Schreiben die neue Mode für den sinkenden Absatz verantwortlich.
In den fünfziger Jahren erlebte die Ramberger Bürstenindustrie nochmals eine kleine kurze Blütezeit, denn schließlich benötigte fast jeder Haushalt wieder eine Grundausstattung an Bürsten und Besen. 1956 beschäftigte die Ramberger Bürstenindustrie rund 250 Mitarbeiter und erwirtschaftete einen Umsatz von drei Millionen Mark im Jahr. Heimarbeit blieb bis in die sechziger Jahre ein wichtiger Faktor.
Mit dem Aufkommen von Kunststoffbesen und -bürsten und der zunehmenden Automatisierung verlor die Ramberger Bürstenbinderindustrie ihre Bedeutung. Heute gibt es noch zwei Unternehmen, die das traditionelle Handwerk im Dorf weiterleben lassen, und ein Museum erzhält von der mühsamen Arbeit der Ramberger.